Frage an Eckart von Klaeden von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr von Klaeden
1)die Forderung von Angela Merkel nach einer Europaarmee ist überfällig und man dachte schon die ESVP sei völlig eingeschlafen.
Andererseits sind 30 Jahre als Perspektive zu lange.In dieser Zeit kann zuviel passieren.Wäre es nicht besser, wenn Deutschland und Frankreich hier vorangehen inklusive Force de frappe (vgl.die Forderung von F.J.Strauß nach einer europäischen Atommacht) und eine Art Coalition of the willing herstellen ohne dabei jedoch aus der NATO auszutreten. Würde eine eigene europäische Abschreckungsoption das Verhandlungsgewicht in den transatlantischen Beziehungen nicht erhöhen?
2)Raketenabwehr
a)Ist es nicht gefährlich seine Strategien auf die Wunderwaffenhoffnungen einer Raketenabwehr zu setzen,bei deren Funktionsfähigkeit erhebliche Zweifel angebracht sind?
Schließlich wäre der Ernstfall der einzig verläßliche Testfall.
Wäre es nicht besser auf eine klare Abschreckung zu setzen?
b) Soweit ich de Hoop Scheffer und andere Politiker verstanden habe, möchte man eine Arbeitsteilung: Die USA Raketenabwehr für Langstrecken, die Europäer ein eigenes Raketenabwehrsystem für Kurzstrecken für den Südosten.Wie weit ist eigentlich die technologische Entwicklung europäischer Systeme gediehen?Ich kann mich noch an die Europäische Verteidigungsinitiative EVI von Helmut Kohl/ Manfred Wörner erinnern, die ein taktisches Raketenabwehrsystem vorsah. MBB hatte auf dem Reißbrett einen Hochenergielaser, der auf einen Panzer montiert werden sollte.Das Projekt wurde scheinbar nie verwirklicht und außer MEADS, dem auch die Grünen zustimmten,scheint es ja noch keine anderen fertigungsreifen Projekte zu geben.
MfG
Ralf Ostner
Sehr geehrter Herr Ostner,
ich teile Ihre Meinung, dass die EU im Rahmen der ESVP ihre militärischen Fähigkeiten ausbauen muss. Ich bin auch mit Ihnen der Ansicht, dass dieses zügig geschehen sollte.
Den ersten Anstoß zu dieser Diskussion gab bereits zu Beginn der Fünfziger Jahre der damalige französische Ministerpräsident René Pleven. Man erhofft sich von der Vereinigung der Streitkräfte der EU-Staaten eine deutliche Erhöhung der Effizienz.
Mit der Vereinbarung des sogenannten „Europäischen Streitkräfteziels“ hat der Europäische Rat in Helsinki im Dezember 1999 ein gemeinsames Ziel für den Aufbau schnell verlegbarer militärischer Einsatzkräfte formuliert.
Im Ergebnis haben sich die Mitgliedsstaaten damit einverstanden erklärt, innerhalb von 60 Tagen bis zu 60.000 Soldaten der Landstreitkräfte sowie lageabhängig See- und Luftstreitkräfte in einem Einsatzgebiet verfügbar zu machen. Deutschland stellt hierzu ein Kontingent mit max. 18.000 Soldaten.
Auf Ihre zweite Frage möchte ich Ihnen antworten, dass der Aufbau einer Raketenabwehr trotz einer (noch) bestehenden Unsicherheit hinsichtlich ihrer Funktionsfähigkeit, andere Staaten davon abhalten könnte, die enormen Entwicklungskosten ballistischer Raketen auf sich zu nehmen, wenn das Risiko bestünde, dass diese durch ein Raketenabwehrsystem neutralisiert werden könnten.
Des Weiteren möchte ich auf meine ausführlichen Artikel zur Raketenabwehr in der Welt am Sonntag vom 15.04.2007 und im (European) Wall Street Journal vom 02.04.2007 hinweisen, die ich Ihnen auch gerne auf Wunsch übersende.
Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB