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Eckart von Klaeden
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Frage von Hans-Jürgen B. •

Frage an Eckart von Klaeden von Hans-Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr von Klaeden!

Die letzten Tage habe ich zu dem Thema ESM in verschiedenen Meldungen vernommen, dass für die Verabschiedung des so genannten Fiskalpaktes eine Zweidrittel Mehrheit notwendig sei.
(Quellen: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/bundestagesm102.html und http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,824458,00.html )
Nun ist mir bekannt, dass die Notwendigkeit einer Zweidrittel Mehrheit ausschließlich bei Verfassungsänderungen gegeben ist. Leider ist nirgends ersichtlich, so auch nicht auf Ihren Internet Seiten, für was diese Verfassungsänderung stattfinden und wie sie ausfällen soll.

Meine Fragen:

- Können Sie mir erläutern, was hier an Änderungen geplant ist?
- Welche Auswirkungen werden diese Änderungen auf die Souveränität des Volkes, des Einzelnen und des Bundestages als Institution haben?
- Welches Gremium wird dann über die Finanzen bestimmen und wie steht es um die demokratische Legitimation dieser Institution?
- Warum ist nirgends eine mediale Aufklärung zu bekommen?

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Jürgen Bletz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Bletz,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und nicht als Staatsminister im Namen der Bundesregierung beantworte.

Ihren Fragen entnehme ich, dass Sie dem ESM-Vertrag kritisch oder ablehnend gegenüberstehen. Deshalb möchte ich zunächst erklären, weshalb ich den ESM-Vertrag für notwendig halte:

Die Staatsschuldenkrise ist die größte Belastungsprobe in der Geschichte der europäischen Integration. Für diese Situation gibt es keine einfachen und schnellen Lösungen. Europa muss diese Bewährungsprobe annehmen und bestehen. Auch Deutschland selbst hat ein sehr großes politisches und wirtschaftliches Interesse am Erhalt der Währungsunion. Der Euro ist neben dem Binnenmarkt ein Eckpfeiler der europäischen Integration und ein wesentlicher Faktor des wirtschaftlichen Erfolges Deutschlands der letzten Jahre. Unter anderem schafft unsere gemeinsame stabile Währung mehr Transparenz bei den Preisen und senkt die Transaktionskosten; Umtauschprobleme und Wechselkursschwankungen gehören in der Euro-Zone der Vergangenheit an. Davon profitieren Bürger und Unternehmen gleichermaßen.

Deshalb halte ich es für richtig, dass Deutschland zusammen mit anderen Mitgliedern des Euro-Währungsgebiets finanzielle Hilfen für Euroländer gewährt, die in die Krise geraten sind. Die Hilfen für Griechenland, Portugal und Irland werden geleistet, um die Eurozone insgesamt und die Weltwirtschaft vor den gravierenden ökonomischen Auswirkungen zu schützen, die mit einer ungeordneten Insolvenz dieser Länder verbunden wären. Ein solches Ereignis würde auch in Deutschland zu erheblichen Arbeitsplatz- und Wohlstandsverlusten führen. Diese Einschätzung wurde bei jedem der drei Programme von der Troika aus IWF, EZB und Europäischer Kommission ausdrücklich bestätigt. Aber diese Hilfen sind auch an Bedingungen geknüpft. Die betreffenden Länder müssen sich verpflichten, umfangreiche Reformen durchzuführen und die Fehlentwicklungen der letzten Jahre zu korrigieren. Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird strikt überwacht und die einzelnen Tranchen der Hilfen können nur ausgezahlt werden, wenn die notwendigen Reformschritte festgestellt werden können.

Nun zu Ihren konkreten Fragen:

Änderungen und Ergänzungen des Grundgesetzes erfolgen gemäß Artikel 79 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Grundgesetzes (GG) durch Bundesgesetz, das der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates bedarf. Gemäß Artikel 23 Absatz 1 GG gilt dies auch für die Begründung der Europäischen Union sowie für Änderungen ihrer vertraglichen Grundlagen und vergleichbare Regelungen, durch die das GG seinem Inhalt nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen ermöglicht werden.

Der Vertrag vom 2. März 2012 über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion („Fiskalpakt“) bindet die Bundesrepublik Deutschland, keine Änderungen oder Ergänzungen des GG vorzunehmen, die dem Fiskalpakt zuwiderlaufen. Diese Verpflichtung bezieht sich insbesondere auf die Artikel 109 und 115 GG (Haushaltswirtschaft in Bund und Ländern einschließlich der Schuldenbremse) und Artikel 143d GG, der die Übergangsvorschriften bis zur vollen Wirksamkeit der Schuldenbremse enthält. Dieser Fiskalpakt soll durch Bundesgesetz für Deutschland verbindlich gemacht werden, wozu – siehe oben! – Zwei-Drittel-Mehrheiten des Bundestages und des Bundesrates erforderlich sind.

Der Fiskalpakt, der zunächst in der gesamten Euro-Zone und in den meisten darüber hinausgehenden EU-Mitgliedsstatten gelten soll, folgt inhaltlich der von Deutschland bereits eingeführten Schuldenbremse. Der Vertrag sieht jedoch vor, dass Mitgliedsstaaten, die sich wegen Überschreitung der Verschuldungsgrenze in einem Defizitverfahren nach den bestehenden Verträgen der EU befinden, konkrete Strukturreformen umzusetzen haben (Artikel 5 des Vertrages). Hierzu legen sie ein Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm auf, das von Rat und Kommission der Europäischen Union genehmigt und überwacht wird.

Eine Beeinträchtigung der Souveränität Deutschlands durch diese Bestimmungen sehe ich nicht, denn schon die Schuldenbremse des Grundgesetzes bindet auch den Deutschen Bundestag. Kommt es dennoch zu einem Defizit, ist dessen schnellstmöglicher Abbau sowohl nach unserer Verfassung als auch nach dem Fiskalpakt geboten.

In der Berichterstattung zum Fiskalpakt konnte ich insgesamt keine inhaltliche Verkürzung feststellen. Allerdings folgt die Berichterstattung bekanntlich auch primär der politischen Debatte.

Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB