Frage an Eckart von Klaeden von Horst D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Thema: internationale Anerkennung eines palästinensischen Staates
Sehr geehrter Herr von Klaeden,
wie bekannt, wollen die Palästinenser bei der kommenden UN-Vollversammlung Ende des Monats die Anerkennung ihres Staates auf den von Israel seit 1967 besetzten Gebietes beantragen.
Soweit ich der Presse usw. entnehme, wird dieser Antrag von der überwiegenden Anzahl der in der UN vertretenden Länder unterstützt.
In einer regionalen Tageszeitung (14.09.2011) lese ich nun eine DPA-Meldung, aus der hervorgeht, dass sich die Bundesrepublik Deutschland gegen diesen Antrag aussprechen will.
Meine Fragen:
1) Ist Ihnen bekannt bzw. trifft es zu, dass die Bundesrepublik Deutschland beabsichtigt den Antrag der Palästinenser abzulehnen?
2) Wurde der Bundestag zu diesem Thema befragt? Wann und mit welchem Abstimmungsergebnis?
Sofern bekannt oder zutreffend:
3) Warum sieht sich die Bundesrepublik Deutschland nicht in der Lage den Antrag der Palästinenser zu unterstützen?
4) Woraus ergibt sich für die Bundesrepublik Deutschland die Notwendigkeit den Antrag der Palästinenser abzulehnen bzw. sich dagegen auszusprechen?
Sofern Sie diese Fragen nicht beantworten können:
4) Wie stehen Sie bzw. Ihre Fraktion zu diesem Antrag?
Für die Bearbeitung und Beantwortung bedanke ich mich im voiraus..
Mit freundlichen Grüßen
Horst Dormann
Sehr geehrter Herr Dormann,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und nicht als Staatsminister im Namen der Bundesregierung beantworte:
Die internationalen Bemühungen sind auf eine Verhandlungslösung im Nahost-Konflikt ausgerichtet. Direkte Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern sind ein geeigneter Weg, um das Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung zu realisieren: ein in sicheren Grenzen existierendes Israel und ein eigenständiger, demokratischer und lebensfähiger Staat Palästina. Einseitige Initiativen bei den Vereinten Nationen oder ihren Unterorganisationen dienen diesem Ziel nicht. Die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied in die UNESCO hat verdeutlicht, dass solch voreilige und einseitige Schritte kontraproduktiv auf den Friedensprozess wirken, indem sie das gemeinsame Ziel direkter Verhandlungen unterminieren, bestehende Konflikte verhärten und zu neuer Gewalt in der Region führen.
Neben diesen politischen Gründen, die gegen den von Präsident Abbas eingebrachten Mitgliedschaftsantrag bei den Vereinten Nationen sprechen, bestehen zusätzlich rechtliche Hürden und Bedenken. Die Aufnahme neuer Mitglieder wird durch Artikel 4 der VN-Charta geregelt. Demnach können nur Staaten in die VN aufgenommen werden. Es ist fraglich, ob Palästina ein eigenständiger Staat ist. Im Völkerrecht setzt Staatlichkeit voraus, dass das fragliche Gebiet über ein eigenes Staatsgebiet, ein Staatsvolk und eine unabhängige Staatsgewalt verfügt. Insbesondere das letzte Element, die Staatsgewalt, ist in den palästinensischen Gebieten nicht gegeben: Die Hamas herrscht über Gaza, die Regierung von Präsident Abbas residiert im Westjordanland.
Zudem haben sich die Palästinenser in den Osloer Verträgen verpflichtet, den völkerrechtlichen Status quo der palästinensischen Gebiete nicht einseitig zu verändern.
Daher arbeitet Deutschland im Nahost-Quartett an einer Verhandlungslösung. Das Quartett hat mit seiner Erklärung vom 23. September 2011 den Weg zu neuen Verhandlungen geebnet. Israel und die Palästinenser haben nach einjähriger Verhandlungspause begonnen, gemeinsam mit dem Quartett eine neue Runde von Friedensverhandlungen in Jerusalem vorzubereiten. Dieser Weg ist der einzig gangbare und verdient unsere uneingeschränkte Unterstützung.
Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB