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Eckart von Klaeden
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Frage von Klaus R. •

Frage an Eckart von Klaeden von Klaus R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Klaeden.....,

Wann endlich können wir in freier Entscheidung über unsere Verfassung entscheiden?

Der Artikel 146 des im Jahre 1949 unter westalliierter Oberhoheit für die Bundesrepublik geschaffene Grundgesetzes lautete bis zum Inkrafttreten des Einigungsvertrages am 31.8.1990 wie folgt:

»Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.«

Mit Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt Teil II vom 23.9.1990, Seite 885 ff, wurde dieser Artikel wie folgt geändert:

»Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.«

Da die Einheit und Freiheit Deutschlands aber eben noch nicht vollendet worden ist, wie die aufgezeigten fortgeltenden Souveränitätsbeschränkungen beweisen, ergeben sich a) die staatsrechtliche Frage, ob und ab wann es denn überhaupt gilt und b) die bleibende Aufforderung an das deutsche Volk, in freier Entscheidung eine Verfassung zu beschließen, die allein die letzte, in freier Entscheidung gegebene Reichsverfassung von 1919 ablösen könnte.

Wie lange soll dieser friedensvertraglose und verfassungsrechtlich unbefriedigende Zustand noch andauern?

(Das Grundgesetz wurde nie vom Volk Ratifiziert -- Keine Ratifikation = Kein Recht!)

Rede des Abgeordneten Dr. Carlo Schmid (SPD) im Parlamentarischen Rat am 8. September 1948
Eine Verfassung ist die Gesamtentscheidung eines freien Volkes über die Formen und die Inhalte seiner politischen Existenz.

Sondern was wir machen können, ist ausschließlich das Grundgesetz für ein Staatsfragment. Die eigentliche Verfassung, die wir haben, ist auch heute noch das geschriebene oder ungeschriebene Besatzungsstatut.
usw. siehe die komplette Rede

MfG. Rinderknecht, Jettingen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rinderknecht,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich als Abgeordneter des Deutschen Bundestages und nicht als Staatsminister im Namen der Bundesregierung beantworte:

Artikel 146 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (GG) benennt als Voraussetzung für eine neue Verfassung, dass diese in freier Entscheidung des deutschen Volkes beschlossen wird. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands hat das GG seinen provisorischen Charakter abgelegt, d.h. es erwartet nicht seine eigene Ablösung. Überdies wäre das Ansinnen, eine neue Verfassung beschließen zu wollen, inhaltlich befremdlich, weil die Grundkonstruktion unserer Verfassung von keiner seriösen politischen Strömung hierzulande infrage gestellt wird. Im übrigen wurde das GG durch zahlreiche Änderungen in den vergangenen 60 Jahren an neue Entwicklungen angepasst, so dass auch deshalb nicht erkennbar ist, weshalb es nun einer neuen Verfassung bedürfte.

Sie vertreten zudem die Auffassung, dass die Einheit und Freiheit Deutschlands wegen fortgeltender Souveränitätsbeschränkungen und des noch fehlenden Friedensvertrages noch nicht vollendet sei. Diese Besorgnis ist unbegründet:

Bereits bei Abschluss des „Vertrags über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ vom 12. September 1990 (sog. „Zwei-plus-Vier-Vertrag“) hatte sich die Frage eines förmlichen Friedensvertrags nicht mehr gestellt. Zwar war es nach dem Zweiten Weltkrieg für Deutschland aufgrund des Auseinanderbrechens der Koalition der Siegermächte nicht zu einem umfassenden Friedensvertrag gekommen. In den nachfolgenden Jahrzehnten hatte sich jedoch ein Prozess der schrittweisen Beendigung des Kriegszustandes mit den über 60 ehemaligen Kriegsgegnern entwickelt.

Alle früheren Kriegsgegner Deutschlands haben die Wirkungen des Kriegszustandes aufgehoben und wieder normale freundschaftliche Beziehungen des Friedensvölkerrechts begründet. Mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag und der darauf folgenden Wiederherstellung der Deutschen Einheit hat dieser Prozess seinen Abschluss gefunden. Vertragspartner dieses Vertrages waren die beiden deutschen Staaten und die vier ehemaligen Hauptsiegermächte. Dieser Vertrag hat die äußeren Aspekte der Herstellung der Deutschen Einheit geregelt, gleichzeitig die noch bestehenden Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte beendet sowie alle noch bestehenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.

In Artikel 7 des Zwei-plus-Vier-Vertrages heißt es abschließend: „Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.“ Mit diesem Vertrag hat sich nach Einschätzung der beteiligten Mächte auch die Frage einer weiteren friedensvertraglichen Regelung erledigt.

Die „Feindstaatenklauseln“, die sich auf Deutschland und Japan bezogen, sind zwar bis heute Bestandteil der Charta der Vereinten Nationen (VN). Sie sind jedoch spätestens mit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den VN im Jahr 1973 obsolet geworden. Der Umstand, dass die Bundesrepublik Deutschland mittlerweile mehrfach dem Sicherheitsrat der VN angehörte und einen Präsidenten der Generalversammlung gestellt hatte, zeigt, dass Deutschland in den VN die vollen Rechte eines gleichberechtigten Staates ausübt.
Die 50. Generalversammlung der VN hat am 11. Dezember 1995 im Konsens eine Resolution verabschiedet, die in ihrer Präambel diese Auffassung ausdrücklich bestätigt:
„Recognizing that, having regard to the substantial changes that have taken place in the world, the „enemy State“ clauses in Articles 53, 77 and 107 of the Charter of the United Nations have become obsolete,”

Also: Die Feindstaatenklausel ist obsolet und muss als unwirksam betrachtet werden. Daran anknüpfend wird in Artikel 3 der Resolution die Absicht zum Ausdruck gebracht, die Feindstaatenklauseln zum frühestmöglichen Zeitpunkt abzuschaffen:

„3. Expresses its intention, to initiate the procedure set out in Article 108 of the Charter of the United Nations to amend the Charter, with prospective effect, by the deletion of the “enemy State” clauses from Articles 53, 77 and 107 at its earliest appropriate future session;”

In den VN gibt es Bestrebungen, die Feindstaatenklauseln im Rahmen einer umfassenden Reform zu streichen. Wann diese Bemühungen zum Erfolg kommen, kann angesichts der hohen Hürden, die bei einer Änderung der Charta zu überwinden sind (Ratifizierung von zwei Dritteln der Mitglieder der VN einschließlich aller ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats; Art. 108 der VN-Charta), nicht abgesehen werden.

Unabhängig davon bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik Deutschland ein voll souveräner und im Rahmen der VN gegenüber allen anderen Staaten völlig gleichberechtigter Staat ist.

Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB