Frage an Eckart von Klaeden von Axel D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr v. Klaeden,
mich bewegt sein einiger Zeit die Frage, wer welchen Vorteil dabei hat, dass das Deutsche Volk noch immer keinen Friedensvertrag hat.
Bitte beantowrten Sie mir diese Frage als Rechtsanwalt.
Ferner frage ich mich, ob, wenn das Grundgesetz überhaupt legitim sein kann, das selbige nicht längst ungültig geworden ist, da so etwas doch, wenn ich recht orientiert bin, laut Haager Landkriegsverordnung, maximal 60 Jahre gelten kann.
Bitte beantworten Sie mir auch, ob das GG eine vom Volk demokratisch anerkannte Rechtsgültigkeit besitzt und ob es diese braucht.
Zu vorletzt stellt sich mir die Frage, ob es imm GG den Passus gab oder gibt , der darauf hinweist, dass das GG nur so lange Gültigkeit hat, bis das Deutsche Volk wiedervereint ist?
Zu guter letzt: Wenn laut GG eine Wiedervereinigung das GG ablöst, was ist dann unsere heutige vom Volk demokratisch und frei gewählte Verfassung? Ich hoffe doch seh, dass es nicht die des Deutschen Reiches ist!
Liebe Grüße
Axel Dörken
Sehr geehrter Herr Dörken,
Ihr Schreiben habe ich dankend erhalten. Zu den von Ihnen gestellten Fragen nehme ich - entgegen Ihrem Wunsch jedoch nicht als Rechtsanwalt, sondern als Abgeordneter - wie folgt Stellung:
Der Friede Deutschlands ist mit seinen Nachbarn durch zahlreiche bilaterale Verträge sowie durch die Einbindungen Deutschlands u.a. in die Europäische Union und die NATO gesichert. Damit führt die Tatsache, dass Deutschland keinen Friedensvertrag mit den Kriegsgegnern des Deutschen Reiches geschlossen hat, weder zu irgendeinem Vorteil, noch zu irgendeinem Nachteil.
Im übrigen betrachte ich die Feindstaatenklausel seit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen im Jahr 1973, spätestens aber mit der abschließenden Regelung, durch die die Rechte und Verantwortlichkeiten der Vier Mächte in Bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes beendet wurden (sog. Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990), als gegenstandslos. Die Tatsache, dass Deutschland seit seinem Beitritt zu den VN mehrmals dem Sicherheitsrat angehörte und während einer Sitzungsperiode den Präsidenten der Generalversammlung gestellt hat, zeigt deutlich, dass unser Land die vollen Rechte eines gleichberechtigten Staates ausübt.
Die Haager Landkriegsordnung von 1910 regelt die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs durch kriegführende Staaten; Regelungen für eine nachfolgende Friedensordnung enthält sie nicht. Infolgedessen kann sich aus der Haager Landkriegsordnung auch nichts über die Geltungsdauer des Grundgesetzes ergeben.
Das Grundgesetz ist im übrigen durch den Parlamentarischen Rat, der seinerseits demokratische Legitimation besessen hat, in Kraft gesetzt worden. Die nachfolgenden Verfassungsänderungen beruhen auf den entsprechenden Beschlüssen des Bundestages und des Bundesrates, die ebenfalls demokratisch legitimiert sind.
Entgegen Ihrer Vermutung löst die Wiedervereinigung das Grundgesetz nicht ab. Art. 146 GG lautet vielmehr: „Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Eine derartige neue Verfassung, die das GG ablösen könnte, steht aber ernsthaft nicht einmal zur Diskussion.
Mit freundlichen Grüßen
Eckart von Klaeden MdB