Frage an Eberhard Brecht von Hanne A. bezüglich Verteidigung
Im Koalittionsvertrag steht, dass über eine mögliche Bewaffnung von Drohnen erst nach "ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung" entschieden wird. Diese Debatte soll nun durch Veranstaltungen im Verteidigungsministerium ersetzt werden (s. Brief des Verteidigungsministeriums vom 06.04.20 an ein SPD-Mitglied im Verteidigungsausschusses). Eine so schwerwiegende Entscheidung bekommt auf diese Art keine angemessene Öffentlichkeit.
Bewaffnete Drohnen versetzen die Bevölkerung am Einsatzort in Angst und Schrecken. Dass über die Monitore zwischen Zivilisten und Militärs, zwischen Kindern und Erwachsenen, genau unterschieden werden kann, ist nicht wahr.
Werden Sie sich dafür einsetzen, alle Pläne, Drohnen für die Bundeswehr zu bewaffnen, bis nach der Beendigung der Coronavirus-Krise zu stornieren, um die „gesellschaftliche Debatte" zu ermöglichen? Wenn ja, auf welche Weise?
Sehr geehrte Frau Adams,
zu Ihrer Anfrage möchte ich gern ein paar Anmerkungen machen:
1. Die Coronakrise wirbelt zur Zeit alle möglichen Beratungsabfolgen durcheinander, so auch die der Frage nach bewaffneten Drohnen.
2. Die Spitzenpolitiker der SPD haben sich in der Vergangenheit eher skeptisch zur Bewaffnung von Drohnen geäußert und sich für eine breite, öffentliche Diskussion ausgesprochen.
3. Unabhäängig von der Coronakrise wird das Thema aber schon jetzt in den Medien diskutiert, u.a. auch mit Abdruck zahlreicher Leserbriefe.
4. Eine gesellschaftliche Debatte in Form einer Anhörung für jeden interessierten Bundesbürger ist technisch zwar grundsätzlich möglich, aber sehr aufwändig. Eine oder mehrere Anhörungen werden vermutlich für die Mitglieder des Deutschen Bundestages unter Beteiligung von Militärexperten. Juristen - insbesondere Völkerrechtler -, Ethikexperten, vermutlich auch Theologen und NGO's organisiert werden.
5. Auf Grundlage der dort vorgebrachten Aspekte wird zwischen aber auch innerhalb der politischen Parteien eine öffentliche Diskussion entstehen, die sich in den jeweiligen Wahlkreisen mit öffentlichen Veranstaltungen fortsetzen wird. Falls zu diesem Zeitpunkt noch Versammlungsbeschränkungen bestehen sollten, kann jeder Abgeordnete für sich entscheiden, ob er in diesem Fall über Videokonferenzen oder andere technische Möglichkeiten eine Debatte in seinem Wohnbereich organisiert.
6. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich meine eigene Position noch nicht gefunden und warte die Möglichkeit einer Anhörung ab.
7. Mit Ihrer Argumentation, dass bewaffnete Drohnenn "die Bevölkerung am Einsatzort in Angst und Schrecken" versetzen und dass "Monitore zwischen Zivilisten und Militärs, zwischen Kindern und Erwachsenen, *nicht* genau
unterschieden werden kann", habe ich ein Verständnisproblem.
8. Zunächst einmal: Jeder Krieg ist grausam und versetzt Menschen in Angst und Schrecken. Deshalb ist es Aufgabe von uns allen, Friedensprozesse zu befördern und gleichzeitig fähig zur eigenen Verteidigung zu sein.
9. Soweit ich weiß, unterscheidet sich die Kriegsführung eines Piloten, der am Monitor sitzt, nicht wesentlich von der eines im Kampfflugzeug sitzenden. In beiden Fällen kann man wohl Zivilisten, Erwachsene wie Kinder, nur schwer von gegnerischen Kräften unterscheiden (um das zu verifizieren, werde ich mich an der angebotenen Anhörung beteiligen). In
beiden Fällen werden Piloten kaum ethische Abwägungen vornehmen können. Das ist sicherlich anders beim Vergleich von Drohnen mit Kampfhubschraubern.
9. Von einem Soldaten, der in Kundus stationiert war, hörte ich das Argument, dass einige seiner Kameraden noch am Leben hätten sein können, wenn man bei einem Angriff des IS oder der Taliban über bewaffnete Drohnen
verfügt hätte. Auch das gilt es zu überprüfen.
10. Bislang lehne ich gezielte Tötungen von Terroristen auf fremden Staatsgebiet ab, eine Praxis, die in den USA offensichtlich Zustimmung findet. Auch hierzu erhoffe ich mir nähere Erläuterungen.
Sehr geehrte Frau Adams, Sie entnehmen meinen Ausführungen hoffentlich, dass eine Bewaffnung von Drohnen im Deutschen Bundestag nicht ohne Debatte durchgepeitscht werden soll.