Was halten Sie vom "9 für 90"-Ticket? Ist es eine sinnvolle Investition und verfassungsrechtlich zulässig?
Sehr geehrte Frau Martin,
Sie sind Vorsitzende der Arbeitsgruppe Verkehr in der SPD-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung plant angesichts der Energiekrise ein "9 für 90-Ticket", die Länder wollen hingegen nach Medienberichten den ÖPNV lieber kostenfrei machen.
Was halten Sie von beiden Vorschlägen? Ist es nicht angesichts des ÖPNV-Investitionsdefizits eine Farce ein solches Ticket einzuführen? Wird damit nicht der städtische Ballungsraum zulasten des ländlichen Raumes querfinanziert, da auf dem Land trotz der Mehrausgaben kein zusätzlicher Bus fährt und man weiterhin auf das Auto angewiesen sein wird? Wäre nicht ein Sofortprogramm, mit dem die Anbindung jeder Ortschaft alle halbe Stunde sichergestellt wird, eine bessere Investition? In wie weit ist es verfassungsrechtlich zulässig über die Regionalisierungsmittel den Ländern Vorgaben hinsichtlich der Preisgestaltung einer ihrer Kernaufgaben - des ÖPNV - zu machen?
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Lukas S.
Sehr geehrter Herr S.,
im Rahmen des Entlastungspaketes zur Abfederung der steigenden Energiekosten im Zuge des Ukrainekrieges haben sich die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP auch auf eine Förderung von ÖPNV Tickets geeinigt.
Klar ist bereits, dass die Tickets für 9 Euro pro Monat drei Monate lang erhältlich sein sollen. Aber was gilt darüber hinaus und wie soll das umgesetzt werden? Darüber verhandeln gerade Bund und Länder. Einiges steht bereits fest:
- Das 9 Euro Ticket soll es nach derzeitigem Planungsstand ab dem 1.6.2022 geben und jeweils für Juni, Juli und August gelten.
- Der Geltungsbereich wird sich auf den Nahverkehr des gesamten Bundesgebietes beziehen und es wird nicht nur für Neu- sondern auch für Bestandskunden gelten. Niemand ist also gezwungen, sein bereits bestehendes Abo vorzeitig zu kündigen.
- Generell gilt, dass das „9 für 90 Ticket” eine große Chance für den ÖPNV ist, neue Fahrgäste zu gewinnen, für die derzeit der Ticketpreis die Hemmschwelle für die Nutzung des öffentlichen Verkehrs war. Gleichzeitig ist es eine Entlastung für diejenigen, die schon eine Dauerkarte haben.
Die Länder und Verkehrsverbünde müssen jetzt schnell pragmatische Lösungen finden, damit das 9€-Ticket zügig kommt und ein Erfolg wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dorothee Martin