Wie unterstützen Sie das Wechselmodell, die hälftige Kinderbetreuung nach Trennung und Scheidung durch Mutter UND Vater als gesetzlichen Regelfall? - (Regelfall = Ausnahmen sind möglich)
Viele Kinder verlieren nach Trennung und Scheidung innerhalb von 2 Jahren dauerhaft den Kontakt zu einem Elternteil (meist zum Vater) mit oft lebenslangen psychischen Belastungen, wenn ihre Eltern im Streit um das Sorgerecht vor Gericht ziehen. Viele deutsche Familiengerichte lasten die Kinderbetreuung nach alter patriarchaler Sitte den Müttern auf und entlasten bzw. degradieren Trennungsväter zu Wochenendbesuchsvätern im 14-Tage-Takt.
In Nachbarländern wie Belgien ist hingegen die hälftige Betreuung (alias Wechselmodell / Doppelresidenz / alternierende Obhut) durch beide Elternteile als gesetzlicher Regelfall verankert, mit durchweg positiven Folgen: weniger überlastete Allein-Erziehende, weniger behördliche Eltern-Kind-Entfremdung, weniger Gerichtsverfahren, glücklichere Kinder. Ausnahmen von der Regel werden auf Antrag gerichtlich festgelegt.
Andreas Wunderlich

Sehr geehrter Herr W.
es ist wichtig, dass bei einer Trennung und/oder Scheidung das Wohl des Kindes/der Kinder immer im Mittelpunkt steht. Daher lehnen wir Linke das Wechselmodell als einzigen gesetzlichen Regelfall ab.
Familien müssen in ihrer selbstbestimmten Entscheidungsfindung eines geeigneten Umgangsmodells bestmöglich unterstützt und anschließend bei der Umsetzung der Entscheidung von multiprofessionellen Teams begleitet werden. Dazu ist eine bedarfsgerechte personelle und sachliche Ausstattung von Jugendämtern sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für psychologisches Personal sowie Mediatorinnen und Mediatoren. Daneben bedarf es einer entsprechenden Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Jugendämtern, Gerichtspflegerinnen und Gerichtspflegern sowie Richterinnen und Richtern im Hinblick auf eine kindgerechte Gestaltung des Verfahrens, den Umgang mit und die Befragung von Kindern insbesondere in Trennungssituationen.
Damit das Wechselmodell gut funktioniert, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein: So müssen die Eltern in der Lage sein, respektvoll miteinander zu kommunizieren und kooperationsbereit sein, die Wohnverhältnisse müssen stabil sein, die Eltern müssen verfügbar und auch flexibel sein und das Kindeswohl muss im Fokus stehen. Bei jüngeren Kindern ist es wichtig, dass beim Wechselmodell auch beide Eltern vor der Trennung Bezugspersonen für das Kind gewesen sind.
Eine gerichtliche Anordnung des Wechselmodells gegen den Willen oder das Wohl des Kindes insbesondere im Falle häuslicher Gewalt und im Falle von Kindesmissbrauch wollen wir ausschließen.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch