Wie Sozial ist unsere Soziale Marktwirtschaft?
Sehr geehrter Herr Bartsch,
im Zuge eines Projektes im Seminarfach Wirtschaft über die Soziale Marktwirtschaft befragen wir einige Politiker:innen bezüglich Ihrer Meinung zu den Problemen und Herausforderungen unseres Wirtschaftssystems. Des Weiteren können sie uns gerne Ihre Vorstellung von einer besseren/gerechteren Wirtschaft mitteilen. (bedingungsloses Grundeinkommen; mehr Chancengleichheit)
Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Antwort verwenden und mit den Antworten der anderen Politiker:innen vergleichen werden.
Mit freundlichen Grüßen
R. M.
Sehr geehrter Herr M.,
mit der Antwort auf Ihre fast philosophische Frage ließe sich ein gesamtes Buch füllen. Ich hoffe, Sie haben Verständnis, dass meine Zeit das nicht zulässt.
Ich möchte Ihnen mit Verweis auf ganz aktuelle Zahlen antworten. In Deutschland leben derzeit 13,4 Millionen Menschen in Armut. Unabhängig davon, wie Sie unsere Marktwirtschaft charakterisieren, ist das ein unhaltbarer Zustand - vor allem für die Betroffenen, aber auch für unser gesamtgesellschaftliches Zusammenleben. Aus einer nach dem Krieg hervorgegangenen "nivellierten Mittelstandsgesellschaft" entwickelt sich unser Land zunehmend zu einer Gesellschaft, die das Soziale geringer schätzt, mehr Armut und mehr Milliardäre hervorbringt.
Sie haben gewiss die jüngsten Veröffentlichungen zur Kenntnis genommen, die ausweisen, wie sich in der Krise die Vermögen der ohnehin Vermögenden vermehrt haben. Es ließen sich noch viele weitere Beispiele für ein erodierendes soziales Gleichgewicht unserer "Marktwirtschaft" aufführen. Allerdings nehme ich an, Sie erkennen bereits die Intention meiner Antwort: Selbstverständlich anerkenne ich die Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft. Allerdings ist das Soziale in den letzten Jahrzehnten politisch geschwächt worden, so dass überdeutlich wird, dass wir ein Umdenken brauchen und einen Weg beschreiten müssen, der wieder mehr sozialen Ausgleich bereithält. "Wohlstand für alle" sozusagen. Dafür steht das Programm meiner Partei.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch