Wenn zwei Drittel z.B. eine Reichensteuer wollen, warum wählen sie dann genau das Gegenteil, wenn sie vor der verdammten Urne stehen?

Sehr geehrter Herr R.,

ich kann Ihre Kritik/Empörung gut verstehen. Dieses von Ihnen beschriebene Paradox betrifft leider auch andere Themen.

Real ist es doch so, dass viele Themen eine Wahlentscheidung ausmachen und individuell unterschiedliche Schwerpunktsetzungen existieren. Auch deswegen dürfte es spannend sein, unsere Demokratie durch erweiterte Möglichkeiten direkter demokratischer Entscheidung und Mitwirkung lebendiger zu machen, so z.B. durch Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene. So könnten sich z.B. die von ihnen erwähnten zwei Drittel der Befragten, die eine Reichensteuer befürworten, viel besser für eine gesetzliche Initiative und deren Umsetzung einsetzen - unabhängig von sonstigen Wahlentscheidungen. Die Erfahrungen mit Volksentscheiden in den Bundesländern zeigen, was möglich ist - wie etwa in Berlin, als sich Menschen parteiübergreifend und mehrheitlich in einem Volksentscheid für die Vergesellschaftung von großen Immobilienkonzernen aussprachen.

Es wäre wunderbar, Vergleichbares beim Thema Reichensteuer auf Bundesebene zu erreichen.

Zum Schluss will ich anmerken, dass wir unsere Möglichkeiten, dieses Thema zu einer öffentlichen Auseinandersetzung zu machen, nicht ausschöpfen.

Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch