Frage an Dietmar Bartsch von Michael P. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr MdB Dr. Bartsch,
sicherlich wird Ihnen die die folgende Tourismus-Parole in MV bekannt sein:
"MV tut gut" - Ernährung: frisch, schmackhaft und von hoher Qualität: Produkte aus Mecklenburg- Vorpommern überzeugen natürlich.
Auf diese öffentlichen und offiziellen Aussagen vertrauend, habe ich diverse Male meinen Urlaub in MV verbracht....um nunmehr aus der Ostsee-Zeitung das Nachstehende erfahren zu dürfen:
(Ostsee-Zeitung vom 30.03.2007)
"Versuche mit Gen-Raps verschwiegen"
Schwerin (dpa) In Mecklenburg-Vorpommern sind nach einem Bericht des Verbandes Bioland bereits zwischen 1997 und 2001 ohne Wissen der Öffentlichkeit genveränderter Raps und Zuckerrüben angebaut worden. Das Bundessortenamt habe jetzt deutschlandweit Versuche mit neun veränderten Rapssorten an jeweils zwölf bis 20 Standorten eingeräumt. Die Flurstücke seien bis heute nicht veröffentlicht, kritisierte Geschäftsführerin Carola Ketelhodt. (...)
Meine Recherche über die Internetseite "Gen-ethisches Netzwerk" offenbarte dann tatsächlich z.B. den folgenden MV-Gen-Versuchs-Großstandort:
19205 Schönfeld, Mühlen Eichsen, Flur 1, Flurstücke: 2,3/1,3/2,3/3,3/4,3/5,3/6,4,5,6,7,8,9,10,48,49,50,51,52,53, 54,56,57,58,59,62,233,235,237,238,239,240; RKI-Meldenummern: 6786-01-0101; 6786-01-0090; Organismus: Raps; Firma: AgrEvo; Zeitraum bis 2008; Phänotyp; Herbizidresistenz und männlich steril; genehmigt in: 1999; 2000; 2001
Werter Herr MdB Dr. Bartsch,
- bekanntlich darf Gen-Raps-Pollen - im Freisetzungsversuch - zu exakt 0,0 Prozent (!) in die tierische und / oder menschliche Nahrungskette gelangen - und nicht, wie sonst bei für den Verkehr zugelassenen Gen-Pflanzen, zu 0,9 Prozent.
Meine Fragen an Sie:
1) Garantieren Sie mir öffentlich, dass der o.g. Gen-Versuchspollen nicht in die Nahrungskette gelangen konnte oder immer noch gelangen kann (z.B. in den Rapshonig) ?
2) Sind Urlauber in MV die faktischen Versuchskaninchen der Gen-Agro-Großkonzerne ?
3) "Tut MV (GEN-FOOD) tatsächlich GUT" ???
MfG
Michael Pfeiffer
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
erst seit 2005 gibt es eine öffentliche Übersicht (Standortregister des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) über Freisetzungsversuche und über den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Damit will dieses Amt eine verbesserte Umweltbobachtung umsetzen und – sicher auch im Ergebnis breiten Drucks aus der Bevölkerung und besonders auch von Umweltverbänden – die Öffentlichkeit besser informieren.
Nach unseren Informationen gibt es in M-V keinen im Freiland angebauten Gen-Raps.
DIE LINKE lehnt diese Rapssorten und von daher die Versuche mit der Sorte sowie die Produktion solchen Rapses als nicht koexistenzfähig ab. Das Risiko, dass sich dieser Raps in andere Rapspflanzen oder verwandte Wildpflanzen einkreuzen könnte, wird von uns als zu hoch bewertet. Da Rapskörner auch nach der Ernte auf dem Feld verbleibend oder beim Transport verloren gehend im kommenden Jahr auskeimen könnten, ist auch von dieser Seite von einem hohen Risiko auszugehen.
Negative Auswirkungen auf Mensch, Tier und Natur sind in dieser Hinsicht nicht belegt. Es handelte sich nur um Versuche - nicht um kommerziellen Anbau. Damit ist dieser Raps auch nicht im Handel erhältlich. Eine indirekte schädliche Auswirkung besteht allerdings schon in der möglichen Kontamination und im negativen Image welches gentechnisch veränderte Pflanzen für eine Urlaubs- oder Anbauregion haben können. Daher lehnen wir weitere Versuche mit genverändertem Raps ab.
Dies ist Bestandteil unserer Position, dass die Agro-Gentechnik eine nicht zu verantwortende Risikotechnologie ist, die zudem nicht geeignet ist, Probleme wie den Klimawandel, die Versalzung der Böden oder die Ausbreitung von Schädlingen zu lösen.
Im Gegenteil: Diese Technologien der Agro-Gentechnik bringen neue Probleme mit sich: Gefahren für die Umwelt, für die Gesundheit von Menschen und Tieren, die Zerstörung des Bodenlebens und eine Bedrohung der gentechnikfreien Landwirtschaft und Imkerei.
Es gibt keine dauerhafte Koexistenz im Sinne einer vollständigen Trennung von gentechnikfreier und Gentech-Produktion.
Das Geschäft mit der Agro-Gentechnik liegt in der Hand von sechs multinationalen Konzernen. Diese wollen ihre Marktmacht weiter ausbauen und Profite maximieren. In den Hochglanzbroschüren von Monsanto, BASF & Co. wird zwar oft von Wohltaten gegen Armut und Hunger geschrieben, die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus. Es dominieren herbizid- und insektenresistente Pflanzen, wie der in Deutschland kommerziell angebaute MON 810.
Die meisten Bäuerinnen und Bauern haben an diesem Mais kein Interesse. Er wird nur auf wenigen tausend Hektar angebaut. Trotzdem macht er viele Probleme, denn er kann benachbarte Felder und später das Erntegut verunreinigen. Diese Verunreinigung führt dazu, dass die eigentlich gentechnikfreie Ernte nicht mehr als gentechnikfrei vermarktet werden kann. Und beim Honig hat es fatale Folgen: Sind dort einmal Genmais-Pollen drin, dann darf er nicht verkauft werden, die Imkerin oder der Imker muss mit den Bienen umziehen, um den Gentechpflanzen auszuweichen. Eine groteske Situation!
Unsere politischen Positionen lassen zusammengefasst wie folgt beschreiben:
§ DIE LINKE tritt für die Stärkung von gentechnikfreien Regionen und Kommunen ein. Sie sollen selbstbestimmt darüber entscheiden können, ob sie die Gentechnik wollen oder nicht. Dazu fordern wir eine rechtliche Absicherung.
§ DIE LINKE fordert eine umfassende Aufklärung über die volkswirtschaftlichen Kosten, welche durch die Agro-Gentechnik verursacht werden. Die gentechnikfreie Produktion von Lebensmitteln wird durch die Gentechpflanzen unnötig verteuert.
§ DIE LINKE steht solidarisch an der Seite derer, die sich gegen die Agro-Gentechnik zur Wehr setzen. Bunte Proteste sind ein starker Ausdruck von einer lebendigen Demokratie.
§ DIE LINKE fordert eine umfassende unabhängige Sicherheitsforschung und ein wirklich transparentes und sicheres Zulassungsverfahren für Gentechpflanzen.
§ DIE LINKE fordert eine transparente und klare Gentechnik-Kennzeichnung. Verunreinigungsgrenzen haben sich an der wissenschaftlich möglichen Nachweisgrenze zu orientieren.
§ DIE LINKE fordert eine Überarbeitung des Gentechnikgesetzes und der entsprechenden EU-Richtlinien und Verordnungen mit dem Ziel eines deutlich besseren Schutzes und der Vielfalt einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Imkerei.
§ DIE LINKE fordert Alternativen jenseits der Agro-Gentechnik. Die konventionelle und die ökologische Forschung müssen gestärkt werden. Regionale Lösungen und nicht internationale Laborpflanzen sind zu suchen.
§ DIE LINKE fordert eine staatlich finanzierte, wirklich unabhängige Sicherheitsforschung über Gentechpflanzen. Was nicht wirklich sicher ist, darf nicht angebaut werden. Auch nicht als Forschungsanbau. Gentechnik muss sicher sein oder sich vom Acker machen!
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
um Ihre Fragen explizit zu beantworten:
Nach meinen Kenntnissen gibt es heute in MV keine Freilandanpflanzungen (auch nicht zu Versuchszwecken) mit den von Ihnen genannten Gen-Produkten.
Die Gefahren derartiger – von uns abgelehnter – Gen-Agrartechniken betreffen in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger meines Bundeslandes MV selbst und natürlich auch Touristen und Urlauber unseres schönen Landes. Auch von daher ist die Landesregierung gut beraten, jegliche Agrartechniken wirkungsvoll zu unterbinden, die die Gesundheit der Menschen und Tiere aber auch die Ergebnisse der aufopferungsvollen Arbeit derer, die in der Landwirtschaft tätig sind, gefährdenden.
Dies schadet letztlich auch dem Image Mecklenburg Vorpommerns als Land des Tourismus, des Urlaubs und der Gesundheit.
Ich stimme Ihnen zu. GEN-FOOD würde nicht wirklich gut tun ist daher zu verbieten.
Freundlich Grüße
Dietmar Bartsch