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Dietmar Bartsch
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Frage von Theo S. •

Frage an Dietmar Bartsch von Theo S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bartsch,

viele Politiker sprechen sich für weitere Kreditaufnahmen des Bundes aus, um die Finanzkrise bewältigen zu können. In dieser Ausnahmesituation müsse die Haushaltskonsolidierung zurücktreten. Es sieht allerdings so aus, als leben wir schon seit 1969 in einer Ausnahmesituation, denn damals wurde zu letzten Mal ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt.

Nun frage ich Sie:
Halten Sie diese Politik für verantwortungsvoll?

Haben wir in diesen Jahren nicht über unsere Verhältnisse gelebt?

Nach der letzten Wahl wurde die Mehrwertsteuer erhöht, die größte Steuererhöhung in der Bundesrepublik. Was für eine Summe! Von allen verkauften Produkten wurden 3% zusätzlich in die öffentlichen Kassen gespült, die florierende Wirtschaft sorgte für erhebliche zusätzliche Einnahmen und trotzdem wurden neue Schulden gemacht. Wann und wie sollen diese wieder zurückgezahlt werden?

Die Wahlen im nächsten Jahr verführen wieder zu weiteren Ausgaben. Ich appelliere daher an die Politiker: Ändern Sie dieses Verhalten und sagen Sie den Wählern die Wahrheit! Leider verhalten sich diese auch nicht verantwortungsvoller und belohnen die Versprechungen mit ihrer Stimme.

Über eine Stellungnahme würde ich mich freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Theo Staars

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Staars,

Wie Sie, so sind viele Menschen in der Bundesrepublik in Sorge, wie die noch immer wachsende Schuldenlast jemals wieder getilgt werden kann.

Die Bundesregierung – allen voran Bundesfinanzminister Steinbrück – hat sich bis zum Ausbruch der Finanzmarktkrise ständig damit gebrüstet, „Weltmeister“ in der Haushaltssanierung zu sein und Steinbrück hatte das ehrgeizige Ziel verkündet, 2011 erstmals wieder seit 1969 einen ausgeglichen Haushalt vorlegen zu wollen. Real hat die Große Koalition in den ersten drei Jahren seit 2005 73 Mrd. zusätzliche Schulden gemacht und das, ob wohl im gleichen Zeitraum
160 Mrd. Euro zusätzliche Steuern eingenommen wurden.
Die Chance, ihr Ziel zu verwirklichen, sah die Bundesregierung in der Fortsetzung ihrer bis dahin praktizierten Politik.
Nun hat der Bundestag den Haushaltsplan 2009 beschlossen. Und obwohl in diesem Haushalt allein rund 42 Mrd. Euro für Zinsen aufgebracht werden sollen, werden entgegen dem Entwurf nicht nur 8 Mrd. €, sondern sogar über 18 Mrd.Euro aufgenommen und niemand glaubt wirklich daran, dass diese Planposition realistisch ist.

Begründet wird die ansteigende Neuverschuldung mit der Finanzmarktkrise und mit der Absicht der Bundesregierung, die negativen Auswirkungen dieser Krise, die längst auch zur Wirtschaftskrise geworden ist, mildern zu wollen.
Zwei Dinge verschweigt die Bundesregierung bis heute konsequent:
Erstens: Es waren es gerade die derzeitige und die Vorgängerregierung aus Rot-Grün, die sich stets vehement in die erste Staatenreihe gestellt haben, wenn es darum ging, dem Finanzkapital alle von ihm geforderten Wege ungehinderten Agierens zu ebnen. Das jetzt konsequent zu verschweigen und quasi „den Blick nur noch vorn“ richten zu wollen, ist nicht nur unredlich, es ist politisch nicht hinnehmbar und wir werden das den Regierenden auch nicht durchgehen lassen.
Nicht nur Bankenmanager stehen hier in der Haftung und Verantwortung, sondern sehr wohl auch Politiker, alle voran Herr Steinbrück und Frau Merkel.
Zweites legen Sie zurecht den Finger in die Wunde, wenn Sie darauf hinweisen, dass die sogenannte Haushaltssanierung und ~ Konsolidierung einseitig zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Rentnerinnen und Rentner, all derer betrieben wird, die von der Erhöhung der Mehrwertsteuer, von der Kürzug der Pendlerpauschale, von der Reduzierung des Kindergeldes und des Sparerfreibetrages, von jahrelangen negativen Lohnentwicklungen und von einer Rentenpolitik, die de facto eine Rentenkürzungspolitik ist, betroffen sind.
Diese Menschen haben hauptsächlich die von Steinbrück gepriesene Haushaltssanierung bezahlt und die millionenschweren Steuergeschenke an Unternehmen und Großkonzerne und Banken gleich mit.

Was Ihre konkrete Frage betrifft, ob die Aufnahme neuer Schulden verantwortbar ist, so ist die Antwort nicht ganz einfach.
Kredite oder wenn man so will Schulden, sind darauf hin zu hinterfragen, wofür sie aufgenommen bzw. ausgegeben werden sollen.
Angesichts einer sich klar abzeichnenden Wirtschaftskrise können weitere Staatskredite dann richtig sein, wenn sie tatsächlich dafür verwendet werden, zielgerichtet solche Investitionen vorzunehmen, die zu einem späteren Zeitpunkt auch Gewinne abwerfen, sprich Renditen erzeugen, oder für die öffentliche Infrastruktur auch in Zukunft notwendig sind. Eine neue Schule muss zwar heute bezahlt werden, hält aber mindestens eine Generation und in dieser Zeit sollten die dafür erforderlichen Kredite getilgt worden sein.

Die Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag hat in den Haushaltsberatungen – wie von der EU-Kommission vorgeschlagen - ein Zukunftsinvestitionsprogramm zur Ankurbelung der Konjunktur in Höhe von 25 Milliarden Euro gefordert. Das hat Steinbrück geringschätzig und selbstgefällig zurückgewiesen.
Die erste Stufe unseres Konjunkturprogramms könnte sehr kurzfristig beschlossen werden und umfasst die Anhebung des ALG II auf 435 Euro im Monat. Dieses Geld flösse direkt in den Konsum. Damit könnten Arbeitsplätze gesichert und – so denn die Arbeit ordentlich bezahlt wird – auch Steuern und Sozialbeitrage eingenommen werden.
Eine ähnliche Wirkung hätte die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns. In einer zweiten und dritten Stufe müssten dann Infrastrukturprogramme folgen.

Auch wenn Politiker aller anderen im Bundestag vertretenen Parteien nicht müde werden mit ihrer falschen Behauptung, die Vorschläge der LINKEN seien nicht finanzierbar, haben wir doch sehr konkrete Vorschläge, wie jene, die von der derzeitigen Steuer – und Finanzpolitik einseitig millionenschwer bevorzugt werden,zur Finanzierung herangezogen werden sollen. Wir fordern u.a.,
§ die Einführung der Börsenumsatzsteuer, wie sie in vielen europäischen Staaten erhoben wird
§ die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf über 50%
§ eine Erbschaftssteuerreform, die den Staat in einem erheblichen Umfang Steuereinnahmen aus den in dem kommen zehn Jahren rund 1,5 Billionen Euro
vererbten Vermögen bringt
§ die Wiedereinführung der Vermögenssteuer.

Freundliche Grüße

Dr. Dietmar Bartsch

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