Frage an Dietmar Bartsch von Tom Z. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
in der heutigen Sitzung des Deutschen Bundestages hielten Sie eine Rede. Sie pralten damit, dass in vielen Länder in denen die Partei DIE LINKE mitregierte keine neuen Schulden gemacht wurden. Jedoch kritisierten Sie nur wenige Sätze danach die schwarze Null der großen Koalition.
Gibt es denn einen Unterschied zwischen Schuldenaufnahmen im Bund und auf Länderebene?
Mit freundlichen Grüßen
Tom Zeh
Sehr geehrter Herr Zeh,
danke für Ihr Interesse an meinem Redebeitrag in der Aktuellen Stunde vom 14.1.2015 und für Ihre Meinungsäußerung dazu.
In der Aktuellen Stunde, die die Regierungskoalition beantragt hat, um sich für die sogenannte "schwarze Null" feiern zu können, ist nach der Geschäftsordnung des Bundestages nur wenig Zeit zur Debatte. Das ist kein wirkliches Problem, aber es macht daher Sinn, die dort gehaltenen Redebeiträge, auch meinen und den meines Fraktionskollegen M. Leutert, in die politischen Debatten des Parlaments - speziell auch die Haushaltsdebatten - einzuordnen. Ich habe daher zu Beginn meiner Ausführungen auf die Haushaltsdebatten vom September bis November letzten Jahres im Bundestag verwiesen.
Die LINKE vertritt keineswegs die Position, dass es unwichtig oder gar egal sei, ob der Bund (und ich ergänze Länder und Kommunen) Schulden machen und dass infolge dessen der Kapitaldienst (Zins und Tilgung) die Haushalte belastet. Ich habe auch nicht damit geprahlt, dass „in vielen Ländern, in denen die Partei DIE LINKE mitregierte, keine neue Schulden gemacht wurden“, sondern mit einigem Stolz darauf hingewiesen, dass in Ländern, in denen die LINKE in Regierungsverantwortung steht, also aktuell in Thüringen und Brandenburg, wir entweder seit Jahren keine neuen Schulden machen bzw. wie in Thüringen dies nachprüfbar im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Daran kann man uns messen und das zeigt ebenso wie die Ergebnisse der Haushaltspolitik der LINKEN in Mecklenburg-Vorpommern und in Berlin, wo wir in Regierungsverantwortung die finanz- und haushaltspolitische Wende eingeleitet haben: Wir LINKE wollen das und wir können das auch.
Der Haushaltsabschluss 2014 ist auch das Ergebnis von diversen Sondereffekten des vergangenen Jahres und hat wenig mit der dringend erforderlichen krisenrobusten, nachhaltigen, zukunftsorientierten Haushaltssanierung und -konsolidierung zu tun. Bundesregierung und Bundesfinanzminister beteuern zwar immer wieder, die sagenumwobene „schwarze Null sei kein Selbstzweck, kein Wert an sich - in ihrem (haushalts-)politischen Handeln aber findet dies keine Entsprechung. Ich verweise hierzu auf die nicht nur von den Oppositionsparteien begründete Kritik an Schäubles Haushaltspolitik, sondern auch darauf, dass die völlig indiskutable Investitionspolitik des Bundes und die Plünderung der Sozialkassen zur Verbesserung der Haushaltsbilanz auch von internationalen Organisationen (OECD) und z.B. DIW und Gewerkschaften kritisiert wird.
Schlussendlich muss klar festgestellt werden, dass Haushalt und Haushaltspolitik in den Ländern ganz entscheidend durch bundespolitisch gesetzte Rahmenbedingungen (z.B. Schuldenbremse und Steuerpolitik) bestimmt werden. Die Schlüsselfunktion nimmt die bundespolitische Steuergesetzgebung ein.
Eine bessere, weil auf Gerechtigkeit und Zukunftsgestaltung orientierte Politik ist ohne Schulden möglich. Dafür ist ein Politikwechsel erforderlich. Die öffentlichen Haushalte müssen gestärkt werden. Die Superreichen, die auch in der Krise ihren Reichtum weiter vermehrt haben, sollten mehr belastet werden, damit das Gemeinwesen seine Aufgaben besser erfüllen kann. Wenn man das tun würde, könnte man auch auf einen ausgeglichenen Haushalt stolz sein.
Ganz zum Schluss sei bemerkt, dass es die originäre Aufgabe der Opposition ist, die Politik der Regierung zu kritisieren.
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch