Frage an Dietmar Bartsch von Günther Q. bezüglich Wirtschaft
Sollte der hypothetische Fall eintreten, dass Ihre Partei die absolute Mehrheit erhält, wäre sie dann nicht auch ebenso wie alle anderen Parteien angesichts des für Deutschland existentiell notwendigen Außenhandelsüberschusses gezwungen, nach der Interessenlage der Wirtschaft, insbesondere der international gut aufgestellten Konzerne, zu handeln? Gäbe es überhaupt eine Alternative in dieser globalisierten Welt, so sehr ich sie mir auch wünschte?
Sehr geehrter Herr Quapil,
Ihre Frage, für die ich mich bedanke, ist von grundsätzlicher Natur.
Im Bundestagswahlkampf wirbt die SPD mit dem Slogan: „Unser Land kann mehr“, die FDP mit „Deutschland kann es besser“ und die CDU mit „Wir haben die Kraft“. SPD und CDU/CSU müssen sich schon die Frage gefallen: Wer regierte in den letzten vier Jahren in diesem Land? Warum haben die Regierung und die sie tragenden Parteien es in all den Jahren nicht „besser“ gemacht, mit mehr „Kraft“ für alle Menschen in diesem Land, regiert?
Sieht man sich die Programme und Ankündigungen von SPD, CDU/CSU und FDP an, so ist klar, welche der Parteien auch immer welche Koalition nach dem 27. September bilden, sie wollen entgegen ihren Slogans im Grunde den bisherigen Kurs nicht ändern. Sie wollen mit ein bisschen Kosmetik genau den Politikkurs fortsetzen, der mit in die Krise geführt hat. Sie wollen den Kurs der sozialen Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Krisenlasten eher noch rigoroser fortsetzten.
Es ist das Ergebnis von Politik, dass in der Bundesrepublik wie in kaum einem anderen hochentwickelten Industriestaat Europas die Schere zwischen arm und reich immer größer geworden ist. Die Menschen im Osten trifft es meist schlechter als die in den alten Bundesländern. Mecklenburg - Vorpommern bildet oft das „Schlusslicht“: In unserem Bundesland werden die niedrigsten Löhne gezahlt. In 54 Kreisen der BRD ist der Anteil der Menschen, die auf ALG II angewiesen sind größer als 30 Prozent - 37 dieser Kreise liegen im Osten und allein 15 in M-V.
Die Krise ist auch das Ergebnis von Politik. Nach Rot- Grün hat die Politik der Großen Koalition politische Mitverantwortung für die Krise und ihre Folgen. Finanzmarktspekulationen haben zur Finanzkrise beigetragen. Die Bundespolitik hat für solche Spekulationsgeschäfte den Weg bereitet, an denen sich einige wenige jahrelang „dumm und dämlich“ verdienten.
Die Bundespolitik ist auch verantwortlich, für die Ungerechtigkeiten bei der Verteilung der Krisenlasten. Während Manager, deren Banken oder Unternehmen den Bach herunter gehen, nicht selten mit fetten Abfindungen und Pensionen „gehen müssen“, bleiben Beschäftigte wieder vielfach auf der Strecke. Die Zahl der Arbeitslosen und der Hartz IV Empfänger steigt, ihre Lage verschlechtert sich beständig.
Obwohl mehr als 60% aller Bundesbürger für einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sind, viele grundsätzlich Auslandseinssätze der Bundeswehr ablehnen, stehen heute über 7.000 Soldaten der Bundeswehr in 11 Ländern. Nur DIE LINKE unterstützt im Bundestag geschlossen die Mehrheit der Bundesbürger, die die Rente erst ab 67 ablehnen.
Anders als alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien sagt DIE LINKE, es gibt Alternativen:
§ zur Politik der Umverteilung von unten nach oben,
§ zur Rentenkürzung durch die Rente mit 67,
§ zum Vormarsch der Zweiklassenmedizin im Ergebnis der sog. Gesundheitsreform.
In 21 von 26 europäischen Staaten hat die Politik den gesetzlichen Mindestlohn einführen müssen - das ist auch in Deutschland möglich. Rente erst ab 67 ist für immer mehr Menschen Verlängerung der Arbeitslosigkeit und ist de facto eine Rentenkürzung.
Wenn alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen würden - auch Beamte, Politiker und Selbständige, wenn die Beitragsbemessungsgrenzen angehoben und schließlich aufgehoben würden, wäre im Kontext mit aktiver Arbeitsmarktpolitik und einem ausreichend hohen Mindestlohn eine armutsfeste Altersrente möglich.
Deutschland als eines der reichsten und wirtschaftlich stärksten Länder der Welt könnte sich in der EU und in der UNO auf die Seite all jener Staaten stellen, die für eine neue gerechte Weltwirtschaftsordnung eintreten, statt ambitioniert um einen anerkannten Platz bei den sog. G20 - Treffen oder den G8 Gipfeln zu buhlen.
Eine andere Politik ist nötig und möglich.
DIE LINKE will, dass soziale Gerechtigkeit, Frieden und Zukunftsfähigkeit der Maßstab des politischen Handelns sind. Für eine solche Politik haben wir finanzierbare Konzepte. Eine starke LINKE macht Union, SPD und Grüne sozialer. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden am 27.9. über die Richtung der künftigen Bundespolitik.
Ihr Dietmar Bartsch