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Dietmar Bartsch
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Frage von Manfred R. •

Frage an Dietmar Bartsch von Manfred R. bezüglich Wirtschaft

Der Kapitalismus (heute sprich soziale Marktwirtschaft) hat durch die letzte Finanz- und Wirtschaftskrise die Weltwirtschaft wieder einmal an den Abgrund gefahren.

Falls die negativen Marktkräfte nicht gezügelt werden können, weil das System es gar nicht zulässt, müssen wir dann nicht die Schriften von Marx und Engels wieder herausholen und mit einem neuen Blickwinkel studieren?

Ist der Kapitalismus wirklich in der Lage die Probleme der Menschheit und unseres Planeten zu lösen?

Mit freundlichen Grüssen,
M. Rook

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Manfred Rook,

vielen Dank für diese interessante Frage.

Ich könnte es mir sehr leicht machen und auf Ihre drei Fragen/Feststellungen antworten:
Zu erstens: JA
Zu zweitens: Ja, aber nicht nur Marx und Engels.
Zu drittens: Ganz sicher nicht.

DIE LINKE hat in ihrem Gründungsdokument festgestellt:

„ Der Neoliberalismus tritt im Namen von mehr Freiheit an, doch werden alle Lebensbereiche der Kapitalverwertung und insbesondere der Steigerung der Aktienkurse auf den Finanzmärkten unterworfen. Neoliberale Kräfte fordern weniger Staat und bauen den Sozialstaat zugunsten eines repressiven Wettbewerbsstaats ab. Sie berufen sich auf die Demokratie und versuchen, Gewerkschaften und andere demokratische Organisationen und Bewegungen zu schwächen. Sie verfolgen eine unsolidarische Politik der Privatisierung, Deregulierung und Unterordnung aller Lebenssphären unter die Märkte. Sie lösen neue imperiale Kriege aus und verschärfen die Terrorgefahren. Statt Chancengleichheit zu fördern, vergrößern sie die Kluft zwischen oben und unten. Niedriglohnsektoren breiten sich aus. Steigende Gewinne gehen einher mit anhaltender Massenarbeitslosigkeit. Große Teile der Bevölkerung wenden sich von der Teilnahme an der demokratischen Willensbildung ab.

Ein Widerspruch wird immer stärker: Auf der einen Seite sind Produktivität, Bildungsstand, wirtschaftliche und technologische Leistungsfähigkeit, internationale Arbeitsteilung, Möglichkeiten von Emanzipation und Individualitätsentwicklung fortgeschrittener denn je. Armut, Hunger, Durst, ein Leben in Slums, Analphabetismus und viele Krankheiten können überwunden werden. Die überkommene Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern und die tief sitzenden patriarchalen Verhaltensmuster sind historisch überholt. Mit kürzerer Arbeitszeit unter humanen Bedingungen und ökologisch verträglich kann eine bessere Befriedigung menschlicher Bedürfnisse erreicht werden. Ein grundlegend neues Verhältnis zur Natur ist unbedingt erforderlich und auch möglich. Eine globale solidarische Entwicklung aller Völker und Regionen in Frieden, eine Weltgesellschaft der Freien und Gleichen kann das 21. Jahrhundert prägen.

Auf der anderen Seite stehen diesen Möglichkeiten die Herrschafts- und Eigentumsstrukturen des modernen Kapitalismus entgegen. Durch die globalen Finanzmärkte wirken die Renditeansprüche des Kapitals schrankenlos und weltweit. Arbeitsplatzverlust, Realeinkommenssenkung und unsichere Beschäftigungsverhältnisse sind für viele Menschen Alltag. Die an den Kapitalbedürfnissen ausgerichtete Flexibilisierung der Produktion und des Arbeitsmarktes zerstört das Familien- und Gemeinschaftsleben. Öffentliches Eigentum wird privatisiert und politischer Gestaltung entzogen. Immer schneller wird die Aushöhlung sozialer Sicherheit vorangetrieben. Mögliche Wege zur Zurückdrängung von Arbeitslosigkeit und Armut werden in Deutschland nicht beschritten. …

Neoliberaler Kapitalismus bedeutet Entdemokratisierung. Bei den internationalen Finanzfonds, transnationalen Konzernen und in den supranationalen Organisationen des globalen Kapitalismus - Welthandelsorganisation, Internationaler Währungsfonds, Weltbank usw. - ist eine ungeheure Machtfülle konzentriert. Sie sind jeder demokratischen Kontrolle entzogen. Die Substanz der Demokratie wird ausgehöhlt. Mit dem proklamierten "Krieg gegen den Terrorismus" wird eine massive Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten gerechtfertigt. Es wird immer ungehemmter auch zu barbarischen Methoden der Herrschaft gegriffen.“ (Programmatische Eckpunkte. http://die-linke.de/partei/dokumente/programm_der_partei_die_linke_programma
tische_eckpunkte/ )

Eine andere Welt ist nötig. Widerstand auf den Straßen und Plätzen und in den Parlamenten ist angesagt. Mehrheiten für eine andere Politik müssen geschaffen werden.

DIE LINKE entwickelt konkrete politische Alternativen zur Politik der Großen Koalition. In politischer Verantwortung vor Ort, in den Kommunen und Ländern und im Bundestag beweisen das die Abgeordneten der LINKEN eindrucksvoll. Die Wahlergebnisse vom 30.8., besonders in Thüringen und im Saarland sind uns neuerlicher Impuls und Motivation.

„DIE LINKE wird gesellschaftlichen Protest, den Einsatz für soziale Verbesserungen und die Entwicklung von Reformalternativen unter den gegebenen kapitalistischen Verhältnissen und die Gestaltung von Entwicklungswegen, die über die gegenwärtige Gesellschaft hinausweisen, zusammenführen.“ Diese Aussage aus den programmatischen Grundsätzen unserer Partei schließt die weitere und fortdauernde Ausarbeitung eines Gesellschaftskonzepts, welches Ziele, Inhalte und die Wege in eine Gesellschaft jenseits der kapitalistischen ein.
Die wahrhaftige Aneignung nicht nur des geistigen Reichtums von Marx und Engels sondern all derer, die aus welchem Zugang auch immer dazu beitragen können, Antworten zu finden, wie es gelingen kann, eine Welt schaffen, in der die Würde jeder und jedes Einzelnen wirklich unantastbar ist, in der soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Selbstbestimmung, Demokratie und Frieden vereint sind, in der die Menschen im Gleichklang mit der Natur leben, gilt es zu realisieren.
Das zu leisten und um neue breite demokratische Mehrheiten für neue gesellschaftliche Visionen zu kämpfen , wird dazu beitragen, dass der Kapitalismus nicht das letzte Wort der Geschichte ist.

Freundliche Grüße

Dr.Dietmar Bartsch, MdB

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