Frage an Dieter Janecek von Martin A. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Janecek,
mit dem Flugzeug zum Hanf-Shop nach Denver, in der Business Class der Lufthansa innerdeutsch nach Berlin oder zur Brunneneröffnung nach Ruanda fliegen: Obwohl die Grünen das Reisen mit dem Flugzeug als umweltschädlichstes Verkehrsmittel betrachten, nutzen sie es erstaunlich oft und zwar sowohl beruflich als auch privat. Und dies auch im Vergleich zu anderen Parteien, wie mehrere öffentlich zugängliche Studien belegen.
Wie passt es also zusammen, dass Ihre Partei auf der einen Seite zwar rigoros den Ausbau und die generelle Unterstützung der Luftverkehrsinfrastruktur nicht nur ablehnt, sondern auch massivst behindert, aber auf der anderen Seite zu den besten Kunden der Luftfahrt zählt? Das passt irgendwie nicht zusammen, oder?
Falls Sie geneigt sind, die Frage mit dem Hinweis, dass das in Ihrer „besonderen“ Position eben „unvermeidlich“ sei – Was schätzen Sie, wie viele Reisende eine derartige Einschätzung für sich teilen? Wie definieren Sie den Kreis derjenigen, denen Sie derartige Privilegien zuteilen – muss man „wichtig“ oder „wohlhabend“ sein?
Und: Wie glaubwürdig sehen Sie sich mit ihrem einer der führenden Köpfe im Kampf gegen den Ausbau des Flughafens in München, wenn Sie dessen Angebot selbst so regelmäßig für Ihre Arbeit nutzen?
Mit freundlichen Grüßen,
M.A.
Hallo Herr Ahrendt,
gerne beantworten wir Ihre Frage an Herrn Janecek, auch wenn Ihre Nachricht eher als Vorwurf und weniger als Frage wirkt. Herr Janecek nutzt - wie andere Menschen auch - das Flugzeug als Verkehrsmittel, zum Beispiel um an einem gemeinsamen Treffen von Bundestagsabgeordneten und Abgeordneten des US-Kongresses in Colorado teilzunehmen. Im Rahmen dieser Reise entstand auch das Video, das Sie ansprechen. An einer Brunneneröffnung in Ruanda nahm Herr Janecek nicht teil. Anders als von Ihnen unterstellt ist Herr Janecek kein grundsätzlicher Gegner der Luftfahrt, sondern setzt sich vielmehr seit Jahren für Klimaschutz in der Luftfahrt ein und pflegt den regelmäßigen Austausch mit Branchenvertretern. So war Dieter Janecek erst im April diesen Jahres als Laudator bei der Verleihung des Innovationspreises der Deutschen Luftfahrt für die Kategorie CO2-armes Fliegen ( https://www.bdli.de/meldungen/innovationspreis-der-deutschen-luftfahrt-die-sieger-2018 ), besucht regelmäßig Unternehmen der Branchen (z.B. https://twitter.com/DJanecek/status/937816983906783233 ) oder hat in der letzten Wahlperiode eine Besuchergruppe mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Flughafen München GmbH zum Dialog in den Deutschen Bundestag eingeladen. Im Jahr 2016 war Herr Janecek am Dialog zwischen der Heinrich-Böll-Stiftung und der Airbus Group zu umwelt- und klimaverträglichem Flugverkehr ( https://www.boell.de/de/dossier-fliegen ) beteiligt und lud u.a. im September 2016 gemeinsam mit Vertretern des Bundesverband der Deutschen Luftfahrtindustrie (BDL) in München zu einer öffentlichen - und gut besuchten - Diskussionsveranstaltung über die Vision eines klimaverträglichen Flugverkehrs ein ( https://www.dieterjanecek.de/de/article/274.klimaschutz-und-fliegen-geht-das-zusammen-ein-veranstaltungsbericht.html ).
Dass der Flugverkehr die klimaschädlichste Form von Mobilität ist, ist keine Behauptung der Grünen, sondern eine wissenschaftliche Tatsache. Genauso ist es ein Faktum, dass Menschen fliegen und auch zukünftig fliegen werden. Fliegen ist seit Langem kein Privileg mehr, 88 % Menschen in Deutschland - vom Kleinkind bis zum hochbetagten Rentner - sind schon mit dem Flugzeug verreist, 11 % der Bevölkerung zählen zur Gruppe der Vielflieger, knapp 80 % der Menschen nutzen das Flugzeug aus privaten Gründen und nicht geschäftlich ( https://www.bdl.aero/de/veroffentlichungen/html-version-verbraucher-report-2017/ ). Die Herausforderung ist entsprechend, die Klimaschädlichkeit des Flugverkehrs zu reduzieren und gleichzeitig Alternativen zum Flugverkehr zu stärken. Anderen Ländern ist es durch einen konsequenten Ausbau des Bahnnetzes gelungen, den inländischen Flugverkehr deutlich zu reduzieren. Auch für den Verkehr in unsere europäischen Nachbarländer müsste die Bahninfrastruktur dringend ausgebaut und gestärkt werden.
Eine ganz andere Frage ist es, ob der Münchner Flughafen eine dritte Start- und Landebahn braucht oder nicht. Die Argumente dafür und dagegen sind hinlänglich ausgetauscht und dürften Ihnen bekannt sein. Nur zwei kleine Hinweise möchten wir uns in dem Kontext erlauben. Deutschland hat bereits eine leistungsfähige Luftverkehrsinfrastruktur. Es ist ja nicht so, dass die Menschen wegen mangelnder Flughafenkapazitäten nicht fliegen können. Unter den Top 10 der europäischen Flughäfen (nach Passagierzahlen 2017) sind mit Frankfurt und München zwei deutsche Flughäfen zu finden, unter den Top 30 sind es vier Flughäfen. Und was die Frage der Start- und Landebahn angeht: Bislang verfügen beispielsweise der Flughafen London Heathrow (rund 78 Mio. Fluggästen im Jahr) oder der Flughafen Hongkong mit (ca. 72 Mio. Fluggästen) auch nur über zwei Landebahnen, haben aber deutlich mehr Passagiere als der Münchner Flughafen (ca. 45 Mio. Fluggäste) - es scheint also möglich zu sein, einen Flughafen mit noch deutlich mehr Fluggästen mit zwei Bahnen zu betreiben.
Herr Janecek fordert im Übrigen auch nicht die Schließung des Münchner Flughafens, sondern lehnt lediglich den Bau einer weiteren Landebahn ab. Ein zentraler Konstruktionsfehler des Münchner Flughafens ist sicherlich, dass er ohne Fernverkehrsanschluss geplant und gebaut wurde. Eine hochwertige Bahnanbindung könnte gerade den innerdeutschen Flugverkehr reduzieren und Fluggästen ein bequemes Umsteigen ermöglichen. Flughäfen wie Frankfurt, Schiphol oder Charles de Gaulle sind beispielsweise sehr gut an das jeweilige Bahn- bzw. Fernverkehrsnetz angeschlossen. Eine Debatte um eine bessere Schienenanbindung des Münchner Flughafens wäre auf jeden Fall zukunftsweisender als die Frage nach einer dritten Start- und Landebahn.
Mit freundlichen Grüßen
Team Janecek