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Frage von Aline W. •

Frage an Detlev Pilger von Aline W. bezüglich Humanitäre Hilfe

Sehr geehrter Herr Pilger,
das Flüchtlingslager in Moria ist abgebrannt und die Menschen dort sind dringend auf Hilfe angewiesen. Trotz Angeboten aus deutschen Kommunen wird nur eine meiner Meinung nach geringe Anzahl an Geflüchteten nach Deutschland gebracht und auf eine europäische Lösung verwiesen, auf die wir seit Jahren vergeblich warten. Warum können wir keine dringend notwendigen Sofortmaßnahmen ergreifen, nur weil die Gesamtsituation nicht geklärt ist?
Meine Frage: Wie stehen Sie zu der Situation und setzen Sie sich aktiv dafür ein, diesen Menschen, von denen jeder einzelne ein politisches Individuum ist, zu helfen anstatt sie als abschreckende Masse zu betrachten?
Was können wir als Bürger tun, um zu helfen?
Ich sende Ihnen viele Grüße aus Koblenz,
A. W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau W.,

vielen Dank für Ihre Frage. Das was auf Lesbos aktuell geschieht, ist eine humanitäre Katastrophe, die mich fassungslos macht. Als politischer Mandatsträger versuche ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der SPD eine Lösung zu finden. Denn in dieser unmittelbaren Not ist schnelles Handeln gefordert. Deshalb ist es gut, dass wir unseren Koalitionspartner nun davon überzeugen konnten, doch mehr zu tun. Das war nicht leicht. So mussten wir auch mit einen Brief an die Bundeskanzlerin zunächst großen Druck aufbauen. Für's Erste konnten wir jedoch Folgendes erreichen:

Deutschland nimmt nun insgesamt ca. 2750 Personen aus Griechenland auf - 981 mit den Zusagen seit März, 150 unbegleitete Minderjährige mit der Entscheidung vom vergangenen Freitag plus nun 1553, hauptsächlich Kinder und ihre Familien. In der europäischen Koalition der Menschlichkeit beteiligen sich elf EU-Länder plus Norwegen und Serbien an der Aufnahme von Geflüchteten. In diesem Rahmen sind bislang 758 Geflüchtete aus Griechenland überstellt worden, 574 nach Deutschland, 184 in sechs weitere Länder. Weitere EU-Mitgliedsländer leisten über das EU-Katastrophenschutzverfahren Sachleistungen vor Ort. Der Prozess läuft leider sehr schleppend. Wir sehen unsere europäischen Partner weiter mit uns in der Verantwortung.

Zu der umfangreichen humanitären Hilfe vor Ort aus Deutschland zählen etwa 1028 Zelte, 7000 Schlafsäcke, 1400 Feldbetten, 22 Sanitärcontainer, Decken und Schlafunterlagen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Es geht hier nicht nur um Zahlen. Sie dürfen sicher sein, dass es mir und meiner Partei um die Menschen geht, die wir nicht im Stich lassen wollen. Wir lassen deshalb nicht nach, bis wir menschenwürdige Bedingungen erreicht haben, die mit europäischem Recht und unseren Werten vereinbar sind. Dazu braucht es jedoch eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, wie wir sie in unserem Fraktionsbeschluss entwickelt haben.

Unsere Position bleibt, dass wir soweit helfen sollten, wie Länder und Kommunen Bereitschaft signalisieren. Dafür brauchen wir umgehend eine ständig zu aktualisierende Aufstellung, in welcher Größenordnung dies geschieht. Freiwillige kommunale Aufnahme sollte durch den Bund ermöglicht und aus europäischen Mitteln gefördert werden. Außerdem arbeiten wir kontinuierlich weiter daran, das europäische Kontingent gemeinsam mit anderen Ländern aufzustocken und dann auch den deutschen Anteil weiter zu erhöhen. Auf diese europäische Lösung darf man nicht warten, man muss für sie arbeiten. Dazu braucht es aus unserer Sicht einen Sonderbeauftragten mit Verhandlungsvollmachten, um sich ausschließlich und mit der nötigen Autorität für gemeinsame Lösungen einzusetzen.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind in Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik bedauerlicherweise weiterhin nicht handlungsfähig. Umso wichtiger ist es, dass wir weiter darauf hinarbeiten, endlich eine umfassende Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu erreichen. Als SPD-Bundestagsfraktion haben wir dazu vor der Sommerpause einen klaren Beschluss mit konkreten Umsetzungsvorschlägen verabschiedet: https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-menschlich-solidarisch-20200616neu.pdf Wir lassen nicht nach, bis in Europa europäisches Recht und europäische Werte auch überall durchgesetzt werden. Jetzt haben wir die Chance, unseren Vorschlag durchzusetzen und auf Lesbos ein erstes Modell-Asylzentrum zu errichten, das Geflüchteten Sicherheit, Versorgung und rechtsstaatliche Verfahren bietet.

Bitte sein Sie sicher, dass wir nicht nachlassen werden, bis wir allen Menschen auf Lesbos helfen konnten.

Mit freundlichen Grüßen
Detlev Pilger