Frage an Detlef Müller von Nicolle P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Müller,
ich möchte Sie doch auch noch einmal bitten, Ihre Stellungnahme zur Anfrage von Herrn Linke hier, zu konkretisieren.
Ich kann in dem Gesetzentwurf, dem Sie am geschichtsträchtigen 9. November zugestimmt haben, nun tatsächlich keine "Einschränkung des ...Überwachungsrechts" erkennen, sondern begreife ihn als eine drastische Ausweitung.
Auch die "strengen richterlichen Auflagen" sehe ich nicht, denn nur die mit "Grundrechtseingriffen von einigem Gewicht [! was bitte ist das?] einhergehenden verdeckten Ermittlungsmaßnahmen [stehen] unter dem Vorbehalt gerichtlicher Anordnung" (A.II Gesetzentwurf 9.11.)
Außerdem frage ich mich, wie "b) Abgeordnetenbestechung" in dem Gesetz als schwere Straftat bezeichnet werden kann, Abgeordnete selbst aber von der Regelung ausgenommen bleiben (mit Verlaub, das erinnert mich doch sehr an die DDR, wo auch immer nur die Bürger schuld waren...). Es werden also lieber 80 Mio Leute überwacht als 500. Halten Sie das für effizient?
Und mal ganz global gefragt: Wie erklären Sie sich denn solche Aktionen der von Ihnen nun noch mit breiteren Rechten ausgestatteten Justiz: http://www.tagesschau.de/inland/abhoeraktion2.html, mal ganz zu schweigen von der Aktion gegen den Berliner Wissenschaftler Dr. Andrej Holm, die seine ganze Familie terrorisiert (für Einblick: http://annalist.noblogs.org /)?
Herzliche Grüße und vielen Dank für Ihre Antwort
Sehr geehrte Frau Pfaff,
vielen Dank für Ihre Anfrage bei „Abgeordnetenwatch.de“.
Zu Ihrem ersten Punkt: Ich habe diesem Gesetzentwurf trotz einiger Bedenken zugestimmt, weil es letztendlich Rechtspolitikern unserer Fraktion noch gelungen ist, hohe Hürden für die Umsetzung dieser problematischen Restriktionen einzuziehen. Ein generell geltender Richtervorbehalt z.B. für den Zugriff auf bei den Telekommunikationsunternehmen gespeicherte Verbindungsdaten, das ausdrückliche Verbot des Rückgriffs auf Informationen, die zum Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gehören, die Beschränkung des Zugriffs und der Verwertung auf „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ legen hohe Hürden fest. Auch die erfolgreichen Bemühungen der Bundesregierung, Veränderungen bei der EU-Richtlinie 2006/24/EG herbeizuführen (so war dort für die Vorratsdatenspeicherung ein Zeitraum von 36 Monaten vorgesehen), zu erreichen, ist positiv zu bewerten. Ich habe auch deshalb mit „Ja“ gestimmt, weil davon auszugehen ist, dass in absehbarer Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts möglicherweise verfassungswidrige Bestandteile für unwirksam erklären wird.
Zum zweiten Punkt: Hier werden Sie leider unsachlich: Ich glaube schon, dass Sie genau wissen, was mit Abgeordnetenbestechung gemeint ist. Diese muss strafbar sein. Dass Abgeordnete von der nicht von derÜberwachung erfasst werden können, hängt damit zusammen, dass sie mit persönlichen Problemen und Anliegen ihre Wähler befasst sind und/oder durch ihre Arbeit in bestimmten Ausschüssen auch über sensible Informationen/Daten verfügen können.
Macht sich allerdings ein Abgeordneter strafbar (z.B. auch Bestechung), so wird natürlich seine Immunität aufgehoben und er strafrechtlich verfolgt.
Zur dritten Frage: Soweit ich mich an Presseberichte erinnern kann, hält die Bundesanwaltschaft Andrej H. für den intellektuellen Kopf der militanten Gruppe „mg“. Ob die Vorwürfe berechtigt sind, kann und will ich nicht entscheiden, und das ist auch gut so, da wir in Deutschland zwischen Politik und Justiz eine strikte Trennung haben.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Müller, MdB