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Detlef Müller
SPD
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Frage von Lydia W. •

Frage an Detlef Müller von Lydia W. bezüglich Frauen

Sehr geehrter Herr Müller,

ich engagiere mich für Frauen und stehe vielen Gesetzen und Entwicklungen der letzten Jahre kritisch gegenüber. Daher habe ich einige Fragen an Sie, die für mich wahlentscheidend sind.

(1) Das EU-Parlament hat 2014 eine Resolution verabschiedet, die allen Mitgliedsstaaten das sog. Nordischen Modells empfiehlt. Dieses begreift Prostitution als Menschenrechtsverletzung und Form von Gewalt gegen Frauen, wie es u.a. Farley et al. dargelegten. Das Modell beinhaltet die Entkriminalisierung der Prostituierten, Kriminalisierung der Freier und Profiteure, individuelle Ausstiegshilfen, antisexistische Erziehung, Öffentlichkeitsarbeit, etc. Es wurde mittlerweile von mehreren Ländern eingeführt (u.a. Schweden, Island, Frankreich, Kanada) und wird derzeit in Israel verhandelt. Dazu finden Sie hier einen Link zum Umsetzungsstand, in dem zahlreiche Infos zur Situation in Schweden und weiteren Ländern zusammengetragen sind: http://linke-gegen-prostitution.de/wp-content/uploads/2017/02/Brief-laws-and-polices-prostitution-THB-German-GS.-Ekberg-170131.pdf

Für das ProstG 2001, dessen Evaluation Handlungsbedarf offenbarte, als auch für das daraufhin verfasste ProstSchG 2017 wurde der Politikansatz des Nordischen Modells nicht berücksichtigt und ExpertInnen nicht angehört.

Können die VertreterInnen des Nordischen Modells mit Ihrer Unterstützung rechnen? Konkret bedeutet dies Anhörung von Prostitutionsüberlebenden; NGOs, die sich für das Nordische Modell einsetzen; ExpertInnen aus den hier führenden Ländern, wie es einem demokratischen Meinungsfindungsprozess gebührt.

(2) Viele Fraueninitiativen wie z.B. Frauenhäuser sind chronisch unterfinanziert. Werden Sie sich dafür einsetzen, diese zu erhalten/fördern? Wenn ja, wie sieht die Unterstützung aus?

Unabhängig davon würde mich Ihre persönliche Positionierung zu dieser Thematik und Frauenrechten allgemein interessieren.

Vielen Dank im Voraus.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht. Zunächst würde ich mich dafür interessieren, in welcher Weise bzw. im Rahmen welcher Initiative/n Sie sich für Frauen engagieren? Wenn Sie wollen, sprechen Sie mich hierzu am besten über die Kontaktdaten meiner Wahlkreisbüros an: www.spd-mueller.de/kontakt/

1) Zunächst: Die SPD wendet sich deutlich gegen ein Sexkaufverbot in Deutschland. Wir wissen aus Gesprächen mit Prostituierten und Beratungsstellen, dass diese ein solches Verbot für nicht hilfreich, sondern im Gegenteil für kontraproduktiv halten.

Mit einem Verbot schaffen wir den käuflichen Sex nicht ab. Stattdessen verschlechtern wir die Arbeitsbedingungen der Prostituierten. Wir zwingen sie in die Illegalität und ins Dunkelfeld. Das zeigt gerade auch das Beispiel Schweden, wo Freier seit 1999 bestraft werden. Ein Großteil der Sexarbeit hat sich verlagert, hauptsächlich ins Internet oder in private Wohnungen. Damit wird es für die Ermittlungsbehörden immer schwieriger, die Prostitution zu erfassen und zu kontrollieren. Und es wird schwieriger, die Frauen und Männer zu erreichen, die besonders auf Hilfe angewiesen sind. Deswegen sehe ich das von Ihnen angesprochene Nordische Modell äußerst kritisch.

Neben der Zwangsprostitution, die in Deutschland strafrechtlich geahndet wird, gibt es auch (mehr oder weniger) selbstbestimmte Prostitution – im Übrigen auch ausgeübt durch männliche Prostituierte. Gleichwohl muss es Ziel sein, Frauen und Mädchen - sowie Männern und Jungen – in der Prostitution Möglichkeiten zum Ausstieg zu eröffnen und ein Abgleiten in Abhängigkeiten zu verhindern.

In einem Modellprojekt des Bundesfrauenministeriums wurden seit 2009 in mehreren Städten unterschiedliche Konzepte erprobt, wie Frauen und Männer, die eine Alternative zur Prostitution suchen, bei der persönlichen und beruflichen Neuorientierung unterstützt werden können. Die Ergebnisse des Abschlussberichts wurden am 1. Oktober 2015 im Bundesministerium in Berlin vorgestellt (abzurufen unter: www.bmfsfj.de/blob/95446/b1f0b6af91ed2ddf0545d1cf0e68bd5e/unterstuetzung-des-ausstiegs-aus-der-prostitution-langfassung-data.pdf )

2) Zu Ihrer Frage nach der Finanzierung von Frauenhäusern: Zweifellos – Frauenhäuser müssen bedarfsgerecht finanziert werden. Die Finanzierung des Frauenunterstützungssystems ist in erster Linie Aufgabe der Länder und Kommunen. Die lokalen Akteure sind näher an den Menschen und ihren Problemen. Gerade sie können somit eine bedarfsgerechte Infrastruktur vor Ort gewährleisten.

Der Bund ist neben den Kommunen und Ländern in der Verantwortung, wenn es um die Umsetzung individueller Leistungsansprüche der gewaltbetroffenen Frauen nach den bestehenden Sozialgesetzen geht. Schon jetzt sind für einen Großteil der Frauen, die Unterstützung in einem Frauenhaus erfahren, individuelle Leistungsansprüche nach SGB II, SGB XII oder AsylbLG maßgebliche Grundlagen für die Finanzierung der Frauenhausleistung.

Es muss aber weiterhin das Ziel sein, in diesem Rahmen Lücken des Hilfesystems zu schließen und Schwachstellen in den Sozialgesetzen aufzuarbeiten.

Das BMFSFJ trägt unter anderem durch die Förderung der Arbeit der bundesweiten Vernetzungsstellen Frauenhauskoordinierung e.V., des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe bff e.V. und des Koordinierungskreises gegen Menschenhandel KOK e.V. zur Qualitätsentwicklung und zum fachlichen Austausch der Angebote für gewaltbetroffene Frauen bei. Das Ministerium übernimmt zudem mit dem „Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen“ unmittelbar Verantwortung, damit Frauen rund um die Uhr Beratung und Unterstützung und einen niedrigschwelligen Weg in das Hilfesystem vor Ort finden.

Über die Notwendigkeit eines bedarfsgerechten, differenzierten und verlässlich finanzierten Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder besteht in Bund und Ländern grundsätzliche politische Einigkeit. Der von uns geplante individuelle Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe bekräftigt dieses Ziel.

Wie Sie sicher wissen, bin ich Vorsitzender der Chemnitzer SPD-Stadtratsfraktion. Als Mensch, Mann, Familienvater, Sozialdemokrat, Chemnitzer liegen mir die Frauenhäuser außerordentlich am Herzen. In meiner kommunalpolitischen Tätigkeit arbeite ich bei dem Thema eng und vertrauensvoll mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Chemnitz, Frau Pia Hamann, sowie mit allen betroffenen und zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung zusammen.

Ich möchte Ihnen gerne zur Finanzierung des Chemnitzer Frauenhauses genauere Informationen zukommen lassen. Ich bin soeben dabei, mir die entsprechenden Zahlen und Informationen aus der Verwaltung zu beschaffen und würde Ihnen diese noch zuleiten. Ich bitte Sie aber deswegen noch um etwas Geduld, würde Sie aber bitten, mir zu diesem Zweck über o.g. Kontaktdaten auch Ihre E-Mail-Adresse zuzuleiten.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne unter den o.g. Kontaktdaten zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller, MdB (Chemnitz)

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