Frage an Detlef Müller von Ruben H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Müller,
Ich bin kein „besorgter Bürger“ aber ich mache mir trotzdem Sorgen über ein, wie ich finde sehr wichtiges Thema. Eigentlich das Wichtigste. Bildung.
Deutschland ist ein Land von unglaublichem Potenzial, vor allem durch die Eingliederung anderer Kulturen, finde ich, wird Deutschland zunehmend bereichert. Wie haben Industrie, Service, Natur, Kultur – alles. Jetzt auch noch einen ausgeglichenen Haushalt. Ob das in Zeiten der negativen Zinsen wirklich Priorität haben muss, sei dahingestellt, allerdings bin ich damit einverstanden, solange nicht an den falschen Stellen gespart wird.
Warum gibt es zu wenig Lehrer? Warum wird seit Jahren über eine Bildungsreform geredet, aber nie angepackt? Warum werden immer mehr Lehrkräfte als Dozenten eingestellt? Warum werden Lehrkräfte eingestellt, die nicht mal eine Ausbildung zum Lehrer absolviert haben (in meinem Freundeskreis allein 3 Personen). Bildung ist der Schlüssel zu ALLEM, Integration, Wachstum, Frieden, niedrige Kriminalität, hohe Steuereinnahmen. Es ist mir ein ABSOLUTES Rätsel warum dieses Thema so in den Hintergrund gedrängt wird. Immer wieder kleine, kurzfristige Hilfen und Programme hier und da reichen nicht. Das Bildungssystem, die Investition und Aufstellung in dieses gehören modernisiert. Klassengrößen von max. 20 Schülern, Integrationsunterricht, moderner Unterricht, top ausgebildete, verbeamtete Lehrkräfte mit guter Bezahlung, moderne Schulen, gemeinsamer Unterricht bis zu 10. Klasse, Abschaffung der Hauptschulen, Förderung von Sonderschulen für tatsächlich Förderungsnotwendige Kinder. Schauen Sie nach Finnland. Lehrer sind dort, wie Doktoren und Richter, die Spitze der Gesellschaft. Ich selbst bin nicht einmal Lehrer aber ich will, dass wir unser Potenzial und die Mittel nutzen. Und ich werde nächstes Jahr die Partei unterstützen, die sich nicht scheut, diese Thema groß auf die Flaggen zu schreiben. Wen werde ich wählen?
mit respektvollem Gruß
Ruben Heinrich
Sehr geehrter Herr Heinrich,
vielen Dank für Ihre Frage auf http://abgeordnetenwatch.de .
Eigentlich kann ich auf Ihre Nachricht nur antworten: Ja, ja, ja, Sie haben Recht. Bildung ist eigentlich der Schlüssel zu fast allen Problemen, die uns derzeit beschäftigen. Und ich habe Ihren Ausführungen im Grunde wenig hinzuzufügen.
Wie Sie bereits erwähnen, sind kleinere Klassen und pädagogisch und fachlich umfassend ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer das A und O für einen guten Schulunterricht. Gleichzeitig müssen individuelle Stärken und Schwächen von Schülerinnen und Schülern erkannt und gefördert werden. Das in einigen sozialdemokratisch geführten Ländern bereits eingeführte Konzept der Gesamtschule hat sich dabei als erfolgreich erwiesen. Es muss jetzt darum gehen, dass es weiter ausgebaut wird, damit sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrern eine gute Lern- und Arbeitsatmosphäre ermöglicht wird.
Bildung bedeutet heute aber nicht nur, die Schulbildung weiterzuentwickeln, sondern auch die Weiterbildungsmöglichkeiten und Fachqualifizierungen für Auszubildende und Arbeitende zu fördern. Für alle individuellen Ausbildungs- und Arbeitssituationen, sei es innerhalb oder außerhalb der Schule, gilt es Angebote zu finden, die jeder und jedem in der Gesellschaft Weiterqualifizierung und Teilhabe ermöglichen.
Zusammengebunden wird das Ganze dann von der sozialdemokratischen Vorstellung des „lebenslangen Lernens“, denn Lernen und Bildung bedeuten ja auch im Alter nicht nur Vorteile, sondern eben auch Lebensqualität.
Und wenn Sie mir die Bemerkung erlauben: Wir sind uns sicher einig, wie wichtig der deutsche Föderalismus ist. Und die Kulturhoheit liegt schließlich am Kern dieses Prinzips. Allerdings muss man sich sehr wohl fragen, ob es im Bereich der Bildung, nämlich wenn es um gemeinsame, und zwar hohe Standards geht, nicht etwas weniger Föderalismus sein darf. Das heißt: strenge Vorgaben an Lernstandards, gut aufeinander abgestimmte Lehrpläne (die aber natürlich die Kulturhoheit immer berücksichtigen), gemeinsame Vorgaben für das Abitur.
Und wenn Sie mir noch die weitere Bemerkung erlauben: Studieren ist nicht das Ziel allen Lernens. Nicht jeder Schüler, jede Schülerin muss studieren, das Abitur darf nicht allein seligmachend sein. Wir gehen noch viel zu sehr von einer hierarchischen Schulstruktur aus, aber die horizontale muss das Ziel sein: Ein Mensch mit einer guten (betone: einer guten) Handwerksausbildung ist genauso viel wert wie ein Akademiker. Denn wir brauchen eben nicht nur Ärzte, Juristen, Romanisten und Literaturwissenschaftler, sondern auch Ingenieure, Bäckermeister, Maurer und Tourismusfachangestellte. Und da müssen wir hin: Hohe Qualität auf jeder Stufe.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Detlef Müller, MdB (Chemnitz)