Frage an Detlef Müller von Peter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Müller,
als Sprecher der Bürgervereinigung Markersdorf-Süd bewegen mich folgende Probleme.
Demokratie lebt von bürgerschaftliches Engagement, vom sich einmischen, sich einbringen, vom streben nach Veränderung, genauso wie vom bewahren von Bewährten und Vertrauten. Dazu ist von Staat und Politik der Handlungsrahmen zu schaffen.
Wie wollen Sie das leider häufig gestörte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und seine Institutionen, sowie der Politik und ihren gewählten Vertreterinnen und Vertretern überwinden?
Was für Vorstellungen haben Sie die Menschen besser zu informieren, in sie interessierenden Fragen einzubeziehen und bei sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen?
Wie wollen Sie den Menschen bei juristische Spitzfindigkeiten oder bürokratischen Hürden helfen?
Oft sind die Probleme von Sachzwänge und Interessengegensätze geprägt.
Was sind ihre Vorstellungen zur Schaffung von Möglichkeiten, damit die Bürgerinnen und Bürger sich entsprechend ihren Vorstellungen, Zeit- und Kraftressourcen einbringen können und dabei Freude und Genugtuung an gesellschaftlicher Arbeit erleben.
Die Menschen müssen wieder erkennen es lohnt sich, nur Demokratie und Freiheit und nicht der „starke Mann“, der Führer oder wie er sich sonst nennen mag egal ob politisch oder religiös, kann die Probleme lösen. Mitmenschlichkeit, Humanismus und Solidarität sollten in der Gesellschaft wirklich bestimmend sein.
Was wollen Sie also gerade als Bundestagsabgeordneter konkret tun, um unsere Gesellschaft ein Stück bürgerfreundlicher zu gestalten? Wie stehen sie zu einer Entwicklung der demokratischen Strukturen und welchen eigenen Beitrag wollen sie dabei leisten? Wie sehen sie gerade im Prozeß der Wahrheitsfindung ihre Rolle? Wie stehen sie überhaupt zur direkten Demokratie oder sollten die bestehenden Einrichtungen nur etwas transparenter also kosmetisch überarbeitet werden?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Pitsch
Sehr geehrter Herr Pitsch,
vielen Dank für ihre Anfrage hier über Abgeordnetenwatch.
Ihre Fragen zur Zukunft und Ausgestaltung unserer Demokratie, zur Mitwirkung der Bürgerschaft und zur besseren transparenten Ausgestaltung bewegen auch mich.
Vertrauen schafft man durch Vertrauen, Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit. Viele Bürgerinnen und Bürger haben ihr Vertrauen in die Politik bzw. in die „Politiker“ verloren – weil Versprechen nicht gehalten, Ankündigungen nicht umgesetzt, sie nicht ernst genommen wurden. Hier müssen wir ansetzen – jeder für sich selbst! – und eben keine haltlosen Versprechungen abgeben, die sich nicht umsetzen lassen. Eine klare Sprache gehört genauso dazu – ohne Worthülsen und wolkige „Null“- Aussagen. Zur Frage der Information. Hier bin ich der Meinung, dass das ein gegenseitiger Prozess ist. Es stehen über die vielfältigsten Kanäle und Medien eigentlich alle relevanten Informationen zur Verfügung – „man“ muss sie aber auch abrufen, sich auch selbst informieren wollen. Hier ist leider in den letzten Jahren zu beobachten, dass teilweise gefordert wird, Informationen sozusagen „mundgerecht“ serviert bzw. geliefert zu bekommen. Das mag im Einzelfall so berechtigt sein – wird aber auch Dauer zu einer Überforderung führen. Selbstverständlich sind ausreichend Informationen, transparent und verständlich bereitzustellen.
Bei den Beteiligungsprozessen gab es in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen: Stadtteilrunden, Quartiersmanagement, Ortschaftsräte, Bürgernetzwerke sind als Ideengeber gefragt, werden vor Entscheidungen miteinbezogen und geben ihre Stellungnahmen zu Stadtratsentscheidungen ab. Diese Möglichkeiten sollten ausgebaut werden und einen verbindlichen Charakter erhalten. Generell halte ich Bürgerbeteiligung (wenn sie mehr ist als eine Alibiveranstaltung) für sehr wichtig. Nur wenn Bürgermeinungen gefragt sind und respektiert werden, kann sich das gewollte „bürgerschaftliche Engagement“ wirklich entfalten und zu einer Stärkung demokratischer Prozesse führen wird. In diesem Sinne befürworte ich auch Volksabstimmungen und Volksentscheide auf Bundesebene – nicht in jedem Einzelfall, jedoch bei wichtigen, allgemein interessierenden Fragen.
Sie sollen jedoch nicht unsere bewährte parlamentarische Demokratie ersetzen, sondern ergänzen. Denn sichtbar ist, dass sich Engagement und Interesse zunehmend an klaren Einzelfragen, meist sogar örtlich begrenzt, feststellen lässt. Die gewählten Volksvertreter (kommunal, Land, Bund) hingegen müssen und sollen die „Draufsicht“ auf viele, auf alle Interessenebenen haben und entsprechend in ihren Entscheidungen abwägen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Detlef Müller