Sind Sie für eine Abschaffung oder Herabsetzung (bsw. auf 3%) der 5%-Hürde?
Moin,
Laut aktuellen Wahlumfragen würden über 10% der Wähler nicht im neuen Bundestag repräsentieren, da sie eine Kleinpartei gewählt haben. Finden Sie das demokratisch? Was spricht gegen mehr Parteien im Bundestag, eine neue Partei könnte möglicherweise sogar neue Koalitionsmöglichkeiten bieten...
Sehr geehrter Herr T.,
ich danke Ihnen für Ihre Frage vom 21. September zur Fünf-Prozent-Hürde.
Für mich ist klar: Ich bin für die Fünf-Prozent-Hürde. In unserer Demokratie muss der Bundestag den Willen der Wählerinnen und Wähler in der Sitzverteilung abbilden. Aber er muss diesen Willen auch tatsächlich umsetzen können. Je mehr Parteien im Parlament vertreten sind, desto komplizierter wird das. Denn dann wird es schwieriger, stabile Mehrheiten zu bilden und handlungsfähig zu bleiben. Deswegen finde ich es richtig, die Zersplitterung des Parlaments durch eine Sperrklausel zu begrenzen.
Schon seit vielen Jahren erleben wir die Tendenz, dass immer mehr Parteien in den Bundestag einziehen - sechs Fraktionen aus sieben Parteien sind es derzeit - und der Stimmenanteil der größten Parteien sinkt. Das Ergebnis: Seit 2005 war erst einmal eine Regierungskoalition aus nur zwei Parteien des gleichen politischen Lagers möglich, die schwarz-gelbe Koalition der Jahre 2009 bis 2013. Ansonsten blieb als Zweierkonstellation nur die große Koalition, ein Bündnis, in dem es schwer ist, politische Auseinandersetzungen klar zu kommunizieren und herauszuarbeiten, wo die Unterschiede liegen. Ich finde: Das ist nicht gut! Demokratie braucht klare Kanten. Der Eindruck, dass SPD und CDU sich angenähert hätten, ist in meiner Erfahrung nicht nur falsch, sondern auch gefährlich, denn er nährt Demokratieverdrossenheit. Auch deshalb bin ich gegen eine weitere große Koalition.
Es kommt übrigens selten vor, dass Parteien tatsächlich an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern, die nicht auch unterhalb einer niedrigeren Schwelle wie etwa einer Drei-Prozent-Hürde geblieben wären: In den letzten zwanzig Jahren sind das nur die PDS 2002 sowie die FDP und die AfD im Jahr 2013, die jeweils sehr knapp den Einzug in den Bundestag verpassten. Die meisten kleineren Parteien erzielen Ergebnisse deutlich unter einem Prozent. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie ohne Einfluss auf politische Debatten bleiben: Auch Kleinparteien haben oft Sitze in kommunalen oder einzelnen Landesparlamenten oder schaffen es, mit ihrem Engagement auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Es ist also nicht so, dass die Sperrklausel kleinere Parteien grundsätzlich von der demokratischen Willensbildung ausschließt.
Ich hoffe, ich habe Ihnen mit meiner Antwort erst einmal weiterhelfen können. Bei Fragen zu diesem oder weiteren Themen stehe ich Ihnen natürlich auch in Zukunft gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Rohde