Dennis Rohde, MdB (SPD)
Dennis Rohde
SPD
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Frage von Birgit D. •

Frage an Dennis Rohde von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrter Herr Rohde,

mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!

Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.

Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.

Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.

Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
B. D.

Dennis Rohde, MdB (SPD)
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 22. Dezember 2018 hier auf Abgeordnetenwatch und die Mühe, die Sie sich gemacht haben, mir zu schreiben. Als direkt gewählter Abgeordneter für Oldenburg und das Ammerland antworte ich Ihnen sehr gerne.

Zunächst ist mir eines besonders wichtig: Auch für mich ist es eine furchtbare Vorstellung, dass Ferkel in Deutschland überhaupt ohne Betäubung kastriert werden. Eine Entscheidung zu treffen, die dieses grausame Vorgehen weiter verlängert, ist mir überaus schwer gefallen. Warum musste es überhaupt diese Fristverlängerung geben?
Letztlich habe ich hinnehmen müssen, dass es sich bei der Fristverlängerung um einen Kompromiss handelt, der aufgrund des Nichtstuns des Bundeslandwirtschaftsministeriums notwendig wurde. Dieses hat seit dem Beschluss des Verbots der betäubungslosen Kastration im Jahr 2013 nichts unternommen, um Betäubungsmethoden, die einfach durchführbar sind und gleichzeitig effektiv betäuben, anwendungsreif zu machen. Als Resultat das zu einer unsicheren Situation für die Ferkelzüchter geführt. Die Frist nicht zu verlängern hätte zudem bedeutet, dass im Ausland gezüchtete Ferkel nach Deutschland importiert worden wären, die mit Methoden kastriert sind, die dem deutschen Tierschutzgesetz in keiner Weise entsprechen. Insofern war die Entscheidung eine Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten, die ich beide als nur schwer erträglich empfinde.

Die SPD-Fraktion hat intensiv diskutiert und dann entschieden, einer Verlängerung der Übergangsfrist für die betäubungslose Kastration zuzustimmen, um nicht die Existenz vor allem kleiner und mittlerer Aufzuchtbetriebe in Deutschland zu gefährden. Viel wichtiger jedoch: Wir haben durchgesetzt, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) mit einer zum 30. Mai 2019 vorzulegenden Rechtsverordnung endlich zum Handeln verpflichtet wird! Konkret bedeutet dies, dass zukünftig der hohe Tierschutz-Standard von NEULAND (Betäubung mittels Masken) bundesweit als praxistaugliche Alternative zur Verfügung stehen wird und dass Ferkelzüchter durch Informationskampagnen und Förderungen alternativer Methoden unterstützt werden.

Trotz meiner Zustimmung für die Fristverlängerung haben meine Fraktion und ich unmissverständlich klargemacht, dass spätestens (!) zum 31. Dezember 2020 endgültig Schluss ist mit betäubungsloser Kastration. Ich verstehe das als eine einmalige, leider durch Untätigkeit des BMEL notwendig gewordene Gewährung einer Fristverlängerung, die man so nennen muss, was sie ist: Schadensbegrenzung! Damit dies nicht noch einmal passiert, werden wir das Landwirtschaftsministerium weiter unter Druck setzen und zum Handeln zwingen.

Tierschutz ist für mich kein bloßes Lippenbekenntnis. Umso schwerer ist mir diese Entscheidung gefallen. Mir war es zudem wichtig, noch weitere Verbesserungen des Tierwohles aufzugreifen. Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der SPD habe ich deshalb gegen den Willen der Union weitere Maßnahmen in einem Entschließungsantrag festgeschrieben, nämlich einen TÜV für Heimtierhaltungssysteme zu schaffen, eine Verordnung zur Durchführung von Tierbörsen zu erlassen und den Internethandel mit lebenden Tieren zu reglementieren.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen die Hintergründe und Umstände dieser sehr schwierigen Entscheidung erläutern und versichere Ihnen, dass ich mich weiterhin für eine Verbesserung der Tierwohls starkmachen werde. Das Ende der betäubungslosen Kastration von Ferkeln ist nur ein Aspekt einer langen Liste, die endlich umgesetzt werden muss!

Mit freundlichen Grüßen

Dennis Rohde, MdB

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