Frage an Dennis Rohde von Arne O.
Sehr geehrter Herr Rohde,
schämen Sie sich eigentlich nicht als Sozialdemokrat für CETA gestimmt zu haben? Einem transnationalen Abkommen, welches nur Arbeitgebern nützt? Wissen Sie wofür die SPD einst stand? Angesichts solchen Wahlverhaltens darf man sich nicht wundern, wieso die SPD Bundesweit unter 20% fallen wird.
Meine Stimme haben Sie verloren.
Verachtungsvolle Grüße
Arne Oltmanns
Sehr geehrter Herr Oltmanns,
vielen Dank für Ihre Nachricht an mich hier bei Abgeordnetenwatch zum Thema CETA. Bitte erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Ich finde es ausgesprochen schade, dass Sie sich für eine solch unfreundliche und abwertende Wortwahl entschieden haben. Selbst, wenn man unterschiedlicher Meinung ist - und in einer Demokratie kommt das gottlob öfter vor - kann man vernünftig miteinander reden. Schade!
Nun aber direkt zur Sache und noch einmal ganz deutlich: In seiner jetzigen Form kann und werde ich dem Freihandelsabkommen CETA nicht zustimmen.
Zusätzlich noch einige grundlegende Informationen zum Beschluss des Parteikonventes der SPD vom 19.09.2016 in Wolfsburg:
Die Delegierten (zu denen ich im Übrigen nicht gehörte) haben an diesem Tag NICHT darüber abgestimmt, ob die SPD CETA zustimmen soll!
Sie haben über einen Antrag abgestimmt, der klar umreißt, welche Anforderungen wir in der SPD für den kommenden Ratifizierungsprozess und die Inhalte des Abkommens haben. Dazu gehört auch ein breiter Anhörungsprozess mit Beteiligung der Zivilgesellschaft, des Europäischen Parlamentes und den nationalen Parlamenten.
Die richterliche Unabhängigkeit des Investitionsgerichtshofes gehört genauso dazu wie Sanktionen bei Verstößen gegen Arbeits-, Umwelt- oder Sozialstandards. Außerdem ist Bedingung, dass Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge vom Vertrag ausgenommen werden.
Darüber hinaus gibt es einige Punkte, die wir bereits durchgesetzt haben: mit uns wird es keine privaten Schiedsgerichte geben. Bezüglich der Schutzstandards für Arbeit und Umwelt haben wir erreicht, dass Kanada alle Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation ILO ratifizieren wird. Generell müssen Entscheidungshoheiten der nationalen Parlamente bei all diesen Themen immer gesichert sein.
Am 22. September 2016 hat der Deutsche Bundestag außerdem einen Antrag der Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD dazu angenommen, in dem zusätzliche rechtsverbindliche Nachschärfungen und die Klärung unbestimmter Rechtsbegriffe gefordert werden. Auch bei diesem Beschluss handelt es sich nicht um eine Zustimmung zum CETA-Abkommen als Ganzem, sondern um die Entscheidung, das Verfahren weiter voran zu treiben und Verbesserungen für ein mögliches Abkommen zu erwirken.
Wie geht es jetzt also weiter? In den kommenden Wochen wird nun der EU-Ministerrat entscheiden, ob CETA von der EU und den Mitgliedsstaaten generell unterzeichnet werden sollte und wenn ja: welche Teile des Abkommens ggf. vorläufig in Kraft treten können. Wir in der SPD haben dabei durchgesetzt, dass CETA ohne Zustimmung des Europäischen Parlamentes auch nicht vorläufig in Kraft treten darf. Diese eventuelle vorläufige Anwendung gilt übrigens nur für Bereiche, die ohnehin in die Zuständigkeit der EU fallen. Wir haben uns klar festgelegt: Der viel diskutierte Investorenschutz gehört nicht dazu! Das bedeutet, dass dieser nach unserer Einschätzung in nationales Recht fällt. Somit kann er nicht vorläufig in Kraft treten. Heute hat die Europäische Union zudem die endgültige Entscheidung über den Abschluss des umstrittenen Freihandelsabkommens mit Kanada (Ceta) vertagt.
Sollte das Abkommen demnächst formal unterzeichnet werden, bedeutet das allerdings nur, dass Anfang 2017 ggf. die bereits genannten Änderungen in EU-Zuständigkeitsbereichen in Kraft treten könnten. Bei dieser Gelegenheit werden weitere Verbesserungen und Präzisierungen des Abkommens besprochen werden können.
Entscheidend wird es, wenn die jeweiligen nationalen Parlamente, also auch der Deutsche Bundestag, ausführlich über das Abkommen beraten werden. Nach einer Weiterleitung an das Europäische Parlament wird dieses dann eine Entscheidung über ggf. vorläufig in Kraft tretende Bereiche treffen.
Was an dieser Stelle ganz wichtig ist: Bevor CETA vollständig in Kraft treten kann, müssen alle 28 EU-Mitgliedsstaaten das Abkommen ratifizieren. Das heißt, dass in Deutschland Voraussetzung ist, dass sowohl der Deutsche Bundestag als auch der Bundesrat zustimmen. Umgekehrt bedeutet dies auch: Sobald ein beteiligtes nationales Parlament CETA ablehnt, wird das Abkommen nicht in Kraft treten. Für den gesamten Ratifizierungsprozess werden in etwa zwei bis vier Jahre benötigt werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass es bis zum endgültigen Abschluss des Abkommens noch ein langer Weg ist. Dass wir diesen Weg gehen wollen: Darüber ist auf dem SPD-Parteikonvent abgestimmt worden. Und das ist auch deshalb gut, weil alle Bestandteile von CETA sorgsam geprüft werden müssen und unsere roten Linien nicht überschritten werden dürfen. In der jetzigen Form würde ich dem Handelsabkommen wie eingangs bereits erwähnt auch nicht zustimmen.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit CETA im anstehenden Beratungsprozess so angepasst werden kann, dass es ein faires Handelsabkommen mit fortschrittlichen Regeln ist. Dafür werden wir uns in der SPD auch weiterhin einsetzen und – wenn nötig – auch darüber streiten.
Ich hoffe, ich konnte in dieser schwierigen und oftmals recht diffusen Debatte um CETA mit meiner Antwort für etwas mehr Klarheit sorgen.
Mit freundlichen Grüßen
Dennis Rohde