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Daniela Kolbe
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Frage von Anna B. •

Frage an Daniela Kolbe von Anna B. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag Frau Kolbe,

am 01.10.15 stimmt der Bundestag über die Abschaffung aller Sanktionen im SGB II und XII ab.

In diesem Zusammenhang habe ich heute ein Interview über Ralph Boes gehört, der gegen und aufgrund von Hartz IV hungert. https://www.youtube.com/watch?v=ni-eyM9K294&feature=youtu.be

Sehr viele Arbeitslose finden keine Arbeit mehr, die ihren Fähigkeiten entspricht. Kinder verarmen und wachsen in Angst auf.
Diese Menschen möchten selbstverantwortlich handeln, um eine für sie geeignete Arbeit zu finden. Sie brauchen dazu all ihre Kraft und die Hilfe des Jobcenters als Ansprechpartner.

Hartz IV Sanktionen, wie sie immer noch in Deutschland praktiziert werden haben schwerwiegende Folgen: Menschen sind ohne Strom und frieren in ihren Wohnungen. Am gesellschaftlichen Leben können viele nicht mehr teilnehmen. Hunger in Deutschland! Das muss man sich mal vorstellen. Essensgutscheine, die eine KANN-Leistung sind und mit denen der Sanktionierte würdelos betteln gehen muss. Wo gibts denn so was! Dass ein Mensch, der kein Selbstwertgefühl mehr hat auch keine Arbeit verrichten kann ist uns allen klar.
Sicherlich gibt es auch sogenannte "Sozialschmarotzer". Diese findet man jedoch in allen sozialen Schichten (Steuerbetrug, Leiharbeitsfirmen, usw. usf.)
NEIN, einem Menschen, der am Existenzminimum lebt auch dieses noch zu kürzen, oder gar ganz zu streichen ist mit meinem Gewissen und mit unserem Grundgesetz auf gar keinen Fall vereinbar. Und zwar egal aus welchen Gründen. Da gibt es nichts zu deuteln.

Wäre es nicht produktiver diejenigen, die sich besonders um Arbeit bemühen zu belohnen? So jedenfalls habe ich es als Mutter bei meinen Kindern mit Erfolg angewandt.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar" Ist dies nicht wichtig für den Frieden und die Ruhe, der wieder in unser Land einkehren soll, auch mit den Flüchtlingen?

Wie ist ihre Haltung zu den Sanktionen in Hartz IV und wie werden Sie am 01.10.15 im Bundestag abstimmen?

Freundliche Grüße

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Becker,

auch wenn ich aufgrund des Mutterschutzes nicht an der Abstimmung am 1. Oktober teilnehmen konnte, will ich Ihnen gerne auf Ihre Nachricht antworten.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat nicht vor alle Sanktionen abzuschaffen und ich unterstütze diese Position. Es gibt zu Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen im SGB II und SGB III eine interessante Studie aus dem Jahre 2013, die vom Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen erstellt wurde. Daraus geht hervor, dass die überwiegende Zahl der Betroffenen weiß warum Sanktionen gegen sie erfolgt sind und dass sie grundsätzlich verstehen warum es diese gibt. Trotzdem sind Verbesserungen notwendig. Eine Bund-Länder-Kommission, die zu diesem Thema eingerichtet wurde, war sich einig: die verschärften Sanktionen für unter 25-Jährige müssen abgeschafft, die Sanktionen vereinheitlicht werden und es darf keine Kürzungen im Bereich der Kosten für die Unterkunft geben. Endgültige Entscheidungen zu diesen Fragen stehen leider noch aus.

Nach meinen Informationen wurde Ralph Boes von Seiten des Jobcenters die nach den gesetzlichen Regelungen bei Sanktionen vorgesehenen Leistungen angeboten und zur Verfügung gestellt. Das Jobcenter ist dabei an die geltenden rechtlichen Bestimmungen gebunden. Die Prüfung des Verwaltungshandelns durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat ergeben, dass das zuständige Jobcenter die Belange von Herrn Boes mit der gebotenen Umsicht und Gründlichkeit führt. Allerdings akzeptiert Herr Boes bekanntlich die Rechtslage nicht und möchte mit seinen Aktionen auf eine Änderung der Rechtslage hinwirken.

Die Frage, ob die Sanktionsbestimmungen des SGB II verfassungswidrig sind, kann allein das Bundesverfassungsgericht bescheiden. Bei bisherigen Verfahren dieser Art hat das Gericht​ regelmäßig festgestellt, dass Sanktionen grundsätzlich verfassungsgemäß sind.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Kolbe