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Frage von David S. •

Frage an Daniela Kolbe von David S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Kolbe,

im vergangenen Mai lief im WDR die Dokumentation "Ware Frau - Als Zwangsprostituierte in Deutschland" von Lukas Roegler und Katrin Eckert (Abrufbar auf der Homepage der Sendereihe "Die Story".)

Schockiert hat mich und die vielen Freunde und Bekannte, mit denen ich mich austauschte, die Art, wie die deutsche Gesellschaft ihre Schutzfunktion diesen Frauen gegenüber vernachlässigt - obwohl es deutsche Freier sind, die ihnen einen Großteil ihrer Qualen zufügen. Viele aufgegrffene Zwangsprostituierte werden gegen ihren Willen in ihr Herkunftsland ausgewiesen, und damit in jene Kontexte, die zu Ihrer Verschleppung führten. Dies geschieht mitunter sogar in Fällen, in denen sie als Opferzeuginnen trotz erhbelicher Bedrohung mit Ihrer Aussage zu einer Verurteilung der Zuhälter beitragen. (Wie im Film beispielhaft belegt am Fall Helen belegt.)

Meine beiden Fragen lauten:

1. Inwiefern enpfinden Sie die derzeitige Gesetzeslage und Umsetzungpraxis im Bereich Asylrecht und Menschenhandel/Zwangsprostitution als hinreichend? Konkreter: Wie positionieren Sie sich zu einer konsequenteren Umsetzung des § 25 Abs. 4a, Aufenthaltsgesetz (Aufenthalt aus humanitären Gründen) für Opfer von Menschenhandel/Zwangsprostitution sowie zu einer Erweiterung des § 44 Aufenthaltsgesetz (Berechtigung zur Teilnahme an einem Integrationskurs) auf Opfer von Menschenhandel/Zwangsprostitution, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4a Aufenthaltsgesetz erhalten?

2. Inwiefern denken Sie, dass es ein gesicherter Aufenthaltstitel für Opferzeuginnen über Prozessende hinaus garantiert werden sollte, aus humanitären Gründen und um die Arbeit der Polizei zu erleichtern? In anderen Worten: Inwiefern sollten diejenigen Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, die durch ihre Zeugenaussagen dem deutschen Rechtsstaat im Kampf gegen Organisierte Kriminalität helfen, nach dem Verfahren gegen ihren Willen abgeschoben werden dürfen?

Ich danke Ihnen für Ihre Antwort und Mühe.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schieferdecker,

auf Ihre Frage antworte ich Ihnen gern.

ich stimme Ihnen zu, es ist eine Anpassung des Aufenthaltsrechtes erforderlich. In Bezug auf die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels besteht Handlungsbedarf. Bislang ist sie nur teilweise und nicht ausreichend umgesetzt worden.

Laut dem Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a und b des Übereinkommens, wird dem Opfer von Menschenhandel ein verlängerbarer Aufenthaltstitel erteilt, wenn die zuständige Behörde entweder der Auffassung ist, dass der Aufenthalt des Opfers aufgrund seiner persönlichen Situation (Buchstabe a) oder für die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden bei den Ermittlungen oder beim Strafverfahren erforderlich ist (Buchstabe b).
In Deutschland ist die Rechtslage so, dass § 25 Absatz 4a Nummer 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) einen - in der Regel auf die Dauer des Strafverfahrens befristeten Aufenthaltstitel - in Bezug auf Buchstabe b vorsieht, also bei Aussage im Strafverfahren. Das ist eine ausreichende Umsetzung der Konvention.

Dagegen ist in meinen Augen der Buchstabe a des genannten Artikels aus dem Übereinkommen bisher nur unzureichend umgesetzt. Wie gesagt, diesbezüglich besteht noch immer Anpassungsbedarf im deutschen Recht.

In unseren Augen, also aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion, muss ein Aufenthaltstitel geschaffen werden, der nicht zwingend allen, aber solchen Opfern, bei denen die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass der Aufenthalt des Opfers aufgrund seiner persönlichen Situation erforderlich ist, einen Aufenthaltstitel gewährt.

In der Umsetzung in deutsches Recht würde sich dann die Frage stellen, wie man dies formuliert. Eine bis ins Detail abgeschlossene Fraktionsposition zur redaktionellen Frage der Umsetzung gibt es bislang noch nicht. Wir haben jedoch darüber diskutiert, auf Formulierungen aus demselben Abschnitt des AufenthG zurückzugreifen. Also § 25 Abs. 4 AufenthG etwa stellt auf "dringende humanitäre oder persönliche Gründe (...)" ab. Eine solche Formulierung könnte man in einer eigenen Vorschrift für Opfer von Menschenhandel aufgreifen oder, alternativ, den bislang hierauf nicht anwendbaren § 25 Abs. 4 für diese Fallgruppe öffnen. Im Übrigen weise ich an dieser Stelle auch gern auf unseren SPD Antrag mit der Nummer 17/8156 hin, den sie auf der Seite des Bundestages gern abrufen können hierzu.

Sehr geehrter Herr Schieferdecker, für mich ist noch ein weitere Baustelle, die unter schwarz-gelb leider auch nicht in Angriff genommen wurde, die Frage nach der Öffnung der Integrationskurse. Als SPD, wie sie es auch in unserem Programm nachlesen können, wollen wir sie für Asylbewerber und Geduldete öffnen.

Ich persönlich hielte es daher für folgerichtig und auch richtig ebenso Opfer von Menschenhandel hier mit einzubeziehen, schließlich haben diese einen, wenn auch befristeten, Aufenthaltstitel.

Mit freundlichen Grüßen
Daniela Kolbe