Frage an Daniela Kolbe von Rolf Dr. B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Kolbe,
nach Auskunft meiner gesetzlichen Krankenkasse ist gesetzlich festgelegt, dass freiwillig versicherte Rentner KV-Beiträge in der Höhe zahlen müssen, wie sie auch für freiwillig versicherte Arbeitnehmer mit Anspruch auf Krankengeld gilt, obwohl ja dieser Anspruch auf Krankengeld für Rentner faktisch nicht mehr realisiert werden kann. Andererseits gibt es aber ganz explizit Beiträge ohne Anspruch auf Krankengeld, die nach meinem Verständnis dann auch in diesem Fall "Rentner" gelten müssten!
Ist diese Auskunft korrekt und wenn ja, was hat sich "der Gesetzgeber" dabei gedacht?
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Becker
Sehr geehrter Herr Dr. Becker,
gern beantworte ich Ihre Frage und entschuldige mich vielmals für meine verspätete Antwort.
Nun aber zu dem von Ihnen angesprochenen Punkt der Solidarität im Gesundheitswesen.
Seit dem Start des Gesundheitsfonds zum 1. Januar 2009 gilt für alle gesetzlich Versicherten und damit auch für alle Rentnerinnen und Rentner der gleiche einheitliche Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens. Leider wird dieser - dank der schwarz-gelben Bundesregierung - jetzt auf über 15 % erhöht werden.
Es ist richtig, dass Rentnerinnen und Rentner bisher den allgemeinen Beitragssatz ihrer Krankenkasse gezahlt haben. Damit sind aber auch umfassende Leistungsansprüche für sie verbunden. Im Übrigen umfasste der einheitliche Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung bisher auch schon den Anspruch auf Krankengeld, insofern haben Rentnerinnen und Rentner bereits auch in der Vergangenheit mit ihren Beiträgen - zumindest fiktiv - zur Finanzierung dieser Leistung beigetragen, ohne einen eigenen Leistungsanspruch auf die Zahlung von Krankengeld zu besitzen.
Dies ist nicht neu sondern entspricht dem Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung. Und wir als SPD standen und stehen zu dem Punkt auch weiterhin: Der Solidargedanke in der gesetzlichen Krankenversicherung muss erhalten bleiben.
Der Grundgedanke der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung beinhaltet für uns, dass es einen einheitlichen Leistungskatalog gibt, aus dem jedes Mitglied umfassende Leistungsansprüche gegen seine Krankenkasse ableiten kann, ohne jegliche Differenzierung nach der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Versichertengruppe. Nur so ist ein umfassender Solidarausgleich innerhalb des Systems möglich, bei dem Junge für Alte, Gesunde für Kranke, Kinderlose für Familien und Bezieher höherer Einkommen für Bezieher niedrigerer Einkommen eintreten. Würde man dies nun ändern und würde die tatsächliche individuelle Leistungsinanspruchnahme oder auch nur bestehende Leistungsansprüche Einzelner bei der Berechnung der Beitragshöhe berücksichtigt, wäre der Solidargedanke der gesetzlichen Krankenversicherung in der bisherigen Form nicht mehr aufrecht zu erhalten. Zwangsläufige Konsequenz wäre die Differenzierung von Beitragssätze für die einzelnen Versichertengruppen oder gar für einzelne Versicherte und zwar in Abhängigkeit ihrer jeweiligen Leistungsansprüche bzw. ihrer tatsächlichen Leistungsinanspruchnahme.
Gern stelle ich es an dieser Stelle auch einmal exemplarisch dar. Es gibt hierzu Berechnungen, dass sich die Beiträge gerade für Rentnerinnen und Rentner dadurch drastisch erhöhen würden. Denn, und das ist eine Tatsache, die Leistungsausgaben der Rentnerinnen und Rentner werden zum überwiegenden Teil von berufstätigen Mitgliedern getragen. Hierzu stelle ich Ihnen auch gern ein paar Zahlen dar: 2002 haben die Krankenkassen für jede Rentnerin und jeden Rentner im Durchschnitt 3.907 € aufgewandt. Ihre durchschnittlichen Beitragseinnahmen je Rentnerin und Rentner beliefen sich demgegenüber auf lediglich 1.716 €. Damit deckten die Beitragszahlungen der Rentnerinnen und Rentner 2002 nur knapp 44 Prozent ihrer Leistungsausgaben.
Fakt ist und diese Gegenüberstellung zeigt es deutlich, die Gesundheitsausgaben für die ältere Generation werden im Unterschied zu früheren Jahren vornehmlich von der erwerbstätigen Generation finanziert. Was nichts anderes bedeutet, als das die Jüngeren den Älteren hilft, die finanziellen Lasten ihres höheren Krankheitsrisikos zu tragen. das ist in meinen Augen auch richtig und entspricht meinem Gedanken von Solidarität. Und: Dieser Ausgleich zwischen den Generationen war, ist und bleibt ein untrennbarer Bestandteil des Solidarprinzips. Wir als SPD halten ohne Wenn und Aber an der solidarischen Krankenversicherung fest.
Sehr geehrter Herr Becker, würde dies nun geändert so würde auch der bisherige gesellschaftliche Konsens zur Ausgestaltung der solidarischen gesetzlichen Krankenversicherung geopfert und die positiven Erfahrungen des Solidarausgleichs in der über 100jährigen Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland nicht mehr berücksichtigt und vom Tisch gewischt werden.
Heute gibt es einen gleichen Beitragssatz für gleiche Leistungsansprüche. Das entspricht in meinen Augen dem Grundprinzip eines Solidarsystems. Dadurch wird es gerechter und auch transparenter und führt zu mehr Verteilungs- und Belastungsgerechtigkeit. Zu dieser Gemeinschaft zählen für mich auch Rentnerinnen und Rentner und deshalb werden sie auch an der Finanzierung des Krankengeldes beteiligt.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Kolbe, MdB