Portrait von Daniel Wiegenstein
Daniel Wiegenstein
MLPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Daniel Wiegenstein zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Manfred K. •

Frage an Daniel Wiegenstein von Manfred K. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wiegenstein,

die MLPD beruft sich u.a. positiv auf Stalin (!)
Wie stehen Sie dazu?

Portrait von Daniel Wiegenstein
Antwort von
MLPD

Sehr geehrter Herr Klaaßen,

Die Kritik von Karl Marx am Kapitalismus wird von der Mehrheit der Bevölkerung als berechtigt angesehen. Es ist klar, dass damit auch über die Alternative Sozialismus viel und oft kontrovers diskutiert wird. Über die Fortschritte im Sozialismus, über die Probleme und Niederlagen. Sie sprechen dabei Stalin an.
Der Klassenkampf geht im Sozialismus weiter. Durch den Einmarsch von verschiedenen Staaten nach der Oktoberrevolution und durch die Hitlertruppen versuchten die imperialistischen Staaten den Aufbau eines Sozialismus zu verhindern. Damit kamen sie allerdings nicht durch. Aber innerhalb der Betriebe, der Verwaltungen und der Partei entstand eine neue und schwer zu erkennende Gefahr für den Sozialismus. Und zwar Bürokraten, denen im Laufe der Zeit ihre herausgehobene Stellung zu Kopf gestiegen war. Es gab Vetternwirtschaft und der Versuch, sich Privilegien zu verschaffen. Natürlich wurde das versteckt hinter sozialistisch klingenden Phrasen. Das hat dem Ansehen des Sozialismus geschadet.
Lenin hat diese Gefahr auch klar erkannt. Er sprach sich dafür aus, dass gerade ehrliche und parteilose Arbeiter in den Kontrollkommissionen sein sollten. Die Gewerkschaften müssten überparteilich arbeiten und auch eine bestimmte Kontrollfunktion gegenüber dem Bürokratismus ausüben. Sein berühmtestes Zitat "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" bezog sich auf den Aufbau des Sozialismus. Lenin war der Meinung, die Masse der Bevölkerung muss mobilisiert werden und den Aufbau des Sozialismus selbst in die Hand nehmen.
Stalin hat ihm zugestimmt, aber leider kaum so gehandelt. Stalin versuchte den Kampf gegen den Bürokratismus hauptsächlich mit dem Geheimdienst zu führen. Das war zum Scheitern verurteilt. Der Geheimdienst war selbst ein bürokratischer Apparat. Es kam zu Denunziationen und Verhören, bei dem der Beschuldigte in der Regel von vorneherein verurteilt war. Es kam so zu tragischen Fehlurteilen. Die MLPD hat das in ihrem Parteiprogramm auch offen dargelegt. Diese Fehler sind sehr zu bedauern.
Stalin hat sich verschiedentlich gegen Fehlentwicklungen ausgesprochen, z.B. gegen die Ausübung von Druck gegenüber kleinen Bauern bei der Kollektivierung. Aber konsequent gestoppt hat er das leider nicht. Das Grundproblem war, zu wenig mit dem Mittel der Überzeugungsarbeit zu arbeiten. Auf der anderen Seite hat die Sowjetunion einen Aufstieg geschafft, es gab viele soziale Verbesserungen. Der Hitlerfaschismus und damit die schlimmste Form der Herrschaft des Kapitals wurde vor allem von der Armee der Sowjetunion zerschlagen. Stalin hat daran einen positiven Anteil. Die MLPD hat also eine differenzierte Bewertung zu Stalin. Breitete der Bürokratismus sich zunächst schleichend aus, sahen sie nach Stalins Tod ihre Chance gekommen und so übernahmen die Bürokraten 1956 die Macht in der Sowjetunion und verwandelten sie in ein kapitalistisches Land. In der Folge auch in allen anderen Ländern des früher sozialistischen Lagers. Die Sowjetunion wurde zu einem imperialistischen Land, ihre Armeen überfielen später die CSSR und Afghanistan, es gab eine starke Konzentration der Wirtschaft auf die Hochrüstung. Über die Jahre wurde das Wirtschaftswachstum immer schwächer.
Das zeigt, dass der Kampf gegen den Bürokratismus notwendig war. Aber er muss anders geführt werden. Entscheidend ist eine starke demokratische Kontrolle über die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft, und auch über eine marxistisch-leninistische Partei. Sozialismus ist undenkbar ohne breite Demokratie, ohne Meinungsstreit und ohne überparteiliche Massenorganisationen. Ich denke, dass die modernen Medien wie Fernsehen und Internet neue Möglichkeiten für breite Information und direkte Demokratie schaffen, die ein sozialistischer Staat anwenden muss. Bisher gibt es das Bürgerfernsehen ja nur auf lokaler Ebene, die zentralen Massenmedien heute gehören wenigen Konzerne, die allein über den Inhalt entscheiden. Also die demokratischen Rechte der Bevölkerung müssen garantiert werden. Dazu gehört auch das Recht auf eine eigene Meinung. Mit Zwang kann man sowieso niemanden dazu bringen, seine Meinung zu ändern, damit erreicht man nur Anpassung und Duckmäusertum.
Innerhalb der MLPD gibt es verschiedene Bestimmungen im Statut, die sicherstellen, dass die Parteibasis in der Organisation bestimmt. Wenn jemand zum Zentralkomitee kandidiert, geht das nur, wenn seine eigene Ortsgruppe, die den Kandidaten am besten kennt, zustimmt. Das ist eine Art Vetorecht der Basis. Genossen der MLPD mit Mandat in Parlamenten, z.B. im Stadtrat, sind verpflichtet, sich der Kontrolle in den öffentlichen Wählerinitiativen zu stellen. Ich denke, aus den positiven und negativen Erfahrungen beim Aufbau des Sozialismus müssen positive Schlüsse gezogen werden, weil wir eine Alternative zum Kapitalismus brauchen.

Mit freundlichen Grüssen,
Daniel Wiegenstein