Frage an Daniel Caspary von Thorsten G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Caspary,
in einem BILD Interview unterstellten Sie einem Teil der Demonstranten gegen die Urheberrechtsreform,
gekauft worden zu sein. Ich zitiere: " "Wenn amerikanische Konzerne mit massivem Einsatz von Desinformationen und gekauften Demonstranten versuchen, Gesetze zu verhindern, ist unsere Demokratie bedroht."
Ich würde gerne wissen, wie viele der Demonstranten Ihrer Ansicht am Samstag, den 23.3., für Ihre Teilnahme an einer der zahlreichen Demos bezahlt wurden und wer diese bezahlt hat.
Zudem würde mich interessieren, woher Sie diese (anscheinend exklusive) Informationen bekommen haben.
Mit freundlichen Grüßen
T. G.
Sehr geehrter Herr Gründel,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Vor den vielen Menschen, die für ihre Meinung auf die Straße gehen, habe ich großen Respekt. Immer werde ich mich für Freiheit, Demokratie und das Recht auf Demonstrationen einsetzen. Ich bedauere, wenn ein anderer Eindruck entstanden sein sollte.
Gleichzeitig gehört aber auch zur Wahrheit, dass Organisationen durch fragwürdige Methoden wie beispielsweise „finanzielle Förderung“ versuchen, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Details finden Sie unter https://edition.faz.net/faz-edition/medien/2019-03-16/3e3873d6b20a99aff43fa58855ddae19/?GEPC=s9. Ich finde, das darf dann auch kritisiert werden.
Grundsätzlich wollen wir mit Artikel 13 des Gesetzesprojekts (im aktualisierten Volltext ist der in der Debatte vieldiskutierte Artikel 13 jetzt unter Artikel 17 zu finden – zur Klarheit verwende ich unten aber weiterhin die Sprachregelung "Artikel 13", wenn ich mich nicht auf konkrete Aspekte des folgenden Gesetzesentwurfes beziehe: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2019-0231+0+DOC+XML+V0//DE#BKMD-16) erreichen, dass die Plattformen, die ihre Geschäftsmodelle auf der Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aufbauen, für diese auch bezahlen. Wir verlangen daher eine Lizenzpflicht, sodass die Rechteinhaber, nämlich die Künstler, auch fair für ihre Leistung entlohnt werden. Es ist nicht akzeptabel, dass große Plattformen deren Werke veröffentlichen, enorme Gewinne erzielen und diejenigen, die die Werke erarbeitet haben, nichts erhalten. So ist es jedoch momentan: Die Künstler gehen weitgehend leer aus.
Unsere Prämissen sind deshalb:
1) Die Betreiber von Plattformen müssen mehr Verantwortung für urheberrechtlich geschützte Inhalte auf ihren Plattformen übernehmen
2) Urheberrechtsverletzungen müssen, soweit möglich, von Beginn an vermieden werden
Hierzu haben wir in Artikel 2(6) des Textes (Link oben) die Plattformen definiert, die unter den Art. 13 fallen sollen. Danach sind nur Plattformen betroffen, deren Zweck es ist, von ihren Nutzern hochgeladene urheberrechtlich geschützte Werke zu speichern und diese anderen wieder öffentlich zugänglich zu machen. Wenn die Plattformen diese Inhalte dann auch noch entsprechend organisatorisch optimieren, kann man nach der EuGH-Rechtsprechung davon ausgehen, dass sie um den urheberrechtlichen Schutz ihrer Inhalte wissen.
Der Großteil der im Internet existierenden Plattformen fällt nicht unter den Art. 13. Und dies selbst dann nicht, wenn sich doch einmal ein urheberrechtlich geschütztes Werk auf der Plattform befinden würde. Dieses müsste dann entsprechend nach dem derzeit gültigem Recht beurteilt werden, welches durch Art. 13 nicht verändert wird.
Die Sorge um Online-Enzyklopädien, wie zum Beispiel Wikipedia, ist damit völlig unbegründet, da diese aus dem Anwendungsbereich des Art. 13 explizit ausgenommen sind.
Gleichzeitig ist wichtig, dass das Rechtsinstrument der Richtlinie den Mitgliedsstaaten Flexibilität bei der Umsetzung einräumt, um so die verschiedenen Realitäten der Internetnutzung und unterschiedliche lokale Voraussetzungen abdecken zu können.
Um den Schutz der urheberrechtlichen Werke zu gewährleisten, sollen die Plattformen aufgrund der Informationen, die die Rechteinhaber zur Verfügung stellen müssen, sicherstellen, dass sie erkennen können, dass es sich um ein geschütztes Werk handelt. Hierfür wird Erkennungssoftware eingesetzt, die bereits seit ca. 10 Jahren existiert und zum Beispiel von YouTube auf freiwilliger Basis eingesetzt wird (ohne dass dies bis heute eine Anti-Zensur-Kampagne ausgelöst hätte).
Da die Software nur auf Grundlage der von den Rechteinhabern zur Verfügung gestellten Informationen arbeitet, können denklogisch auch nur deren urheberrechtlich geschützte Werke erkannt werden. Die Maßnahmen, die die Plattformen hier also ergreifen sollen, um Urheberrechtsverletzungen zu erkennen, müssen natürlich ohne Frage in Einklang mit Grundrechten stehen.
Hier die wesentlichen Richtigstellungen der falsch im Umlauf kreisenden Behauptungen:
1) Dort, wo Plattformen lizenzieren, wird kein Upload verhindert.
2) Dort, wo Rechteinhaber keine Informationen zur Verfügung stellen und Rechte geltend machen, wird kein Upload verhindert.
3) Dort, wo Inhalte hochgeladen werden, die nicht urheberrechtlich geschützt sind, wird kein Upload verhindert.
4) Dort wo jemand eigene urheberrechtlich geschützte Inhalte auf Plattformen hoch lädt oder hochladen lässt, wird kein Upload verhindert.
5) Artikel 13 lässt auch wie bisher sog. Memes im Hinblick auf die Parodie- oder Zitatfreiheit zu (siehe Erwägungsgrund 70 und Artikel 17(7b)). Es ist damit nicht angemessen, wenn manche von „Filtern aller Inhalte“, „Upload-Blockern“ oder gar von „Zensur“ sprechen.
Wenn es nun dennoch zu einer ungerechtfertigten Verhinderung des Uploads käme, dann müssen die Plattformen ein Verfahren anbieten, dass die Rechte klärt bzw. Beschwerden zügig bearbeitet (siehe Erwägungsgrund 70 und Artikel 17(9) des Gesetzestextes). Die jeweilige Entscheidung der Plattform darüber, einen Upload zuzulassen oder nicht, kann darüber hinaus noch gerichtlich überprüft werden.
Wir als EVP-Fraktion versuchen, die Interessen sowohl der Urheber als auch der Verbraucher zu schützen, in dem die Tragfähigkeit und die Vielfalt der europäischen Kreativ- und Kulturwirtschaft erhalten werden. Die Artikel 11 und 13 geben dem Ausdruck.
Der Berichterstatter für das Gesetz, Herr Axel Voss MdEP, hat weiterhin einen ausführlichen Frage- und Antwortkatalog zum Thema veröffentlicht, den Sie hier einsehen können: https://www.axel-voss-europa.de/wp-content/uploads/2019/04/FAQ-Urheberrecht-05.-M%C3%A4rz-2019.pdf
Zuletzt möchte ich noch auf den Artikel der FAZ vom 12. Januar zum Thema Urheberrechtsreform hinweisen, der eine Vielzahl wichtiger Impulse in der Debatte setzt. Sie finden den Text unter https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/jugendliche-informieren-sich-vor-allem-ueber-youtube-15984099.html.
Als CDU haben wir weiterhin eine Reihe von Vorschlägen gemacht, wie wir die nationale Umsetzung der neuen Urheberrechtsrichtlinie in Deutschland gestalten können, siehe https://www.cdu.de/artikel/cdu-vorschlag-zur-umsetzung-der-eu-urheberrechtsreform-die-wichtigsten-fragen-und-antworten?utm_source=Newsletter&utm_medium=email&utm_content=FAQ&utm_campaign=email-campaign.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und verbleibe
mit freundlichen Grüßen ...
Daniel Caspary.