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Daniel Caspary
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Frage von Dr. Alexander H. •

Frage an Daniel Caspary von Dr. Alexander H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Caspary,

in Ihrer Eigenschaft als Mitglied des Ausschusses für internationalen Handel (INTA) stellen sich einige Fragen aus Sorge über das bald zu behandelnde Abkommen Jefta (vergl. http://www.greenteam-schwabenpower.de/freihandelsabkommen.html), die aber für alle entspr. Abkommen relevant sind:

- Ist es für Sie ein WIderspruch zwischen Jefta und Pariser Klimaschutzabkommen, wenn Klima- und Umweltschutzmaßnahmen in Jefta nur dann zulässig sind, wenn dadurch der Handel "nicht eingeschränkt" und die Vertragspartner "nicht diskriminiert" werden - angesichts der zu erwartenden Steigerung des internationalen Transportvolumens von Waren und der damit nach dem Pariser Klimaschutzabkommen ja wohl einhergehenden Regulierungsnotwendigkeiten? Wenn ja, wie wäre er aufzulosen? Sollte aus Ihrer Sicht das Pariser Abkommen ungültig sein / aufgekündigt werden?
- Teilen Sie die Auffassung, in jedem Fall noch die Entscheidung des dt. Verfassungsgerichts im Hauptsacheverfahren zu CETA abzuwarten? Es steht ja in Frage, ob die analog in Jefta vorgesehenen Regulierungsausschüsse mit dt. oder auch Recht aus anderen EU-Staaten überhaupt vereinbar sind, da sie vorbei an den nationalen Parlamenten Entscheidungen treffen können sollen. Wenn nein, bitte ausführlich begründen.
- Auch kann Jefta, das mittels "regulatorischer Kooperation" in die nationale Souveränität und damit in die Gesetzgebungskompetenz von Staaten eingreift, nicht allein in die Zuständigkeit der EU fallen, sondern muss als sog. "gemischtes Abkommen" behandelt werden. Sehen Sie dies ebenso? Dann, hoffe ich, stimmen Sie sich entsprechend auch ab? Wie ist Ihre Position hierzu?
- Leider ist in Jefta trotz anderslautender Behauptungen der Kommission die Abwasserentsorgung zur Privatisierung freigegeben und auch das Wasser nicht in dem Maß vor Privatisierung geschützt wie selbst noch bei CETA. Widerspricht ein Vertrag, der so tief in die kommunale Daseinsvorsorge eingreift, nicht der Subsidiarität in der EU?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Dr. H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Freihandelsabkommen mit Japan. Gerne gehe ich auf Ihre Fragen ein.

Die Behauptung, dass Klimaschutzziele nicht mit dem Abkommen vereinbar seien, entbehrt jeder inhaltlichen Basis. Das geplante Abkommen mit Japan (Volltext unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52018PC0192&from=EN) enthält eine verbindliche Zusage beider Vertragsparteien, das Pariser Klimaschutzabkommen komplett einzuhalten (Artikel 16.4, Nummer 4). Darüber hinaus verbietet das Handelsabkommen explizit von etablierten Standards, beispielsweise im Umweltbereich, abzuweichen bzw. diese nicht durchzusetzen (siehe Präambel, Artikel 7.6, Nummer 2b und insbesondere der gesamte Artikel 16.2). Das bereits erreichte Schutzniveau bleibt somit unverändert. Im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte wurde in einer unabhängigen Studie (Volltext unter http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2016/may/tradoc_154522.pdf) zur Folgenabschätzung des geplanten Abkommens festgestellt, dass dieses die Entwicklung ressourcenschonender Technologien fördere, dazu beitrage den Energiebedarf beider Vertragsparteien dauerhaft zu stabilisieren und einen Importanstieg natürlicher Ressourcen zu vermeiden.

Weiterhin ist dem Thema "Handel und nachhaltige Entwicklung" ist das gesamte Kapitel 16 gewidmet, mit dem sichergestellt werden soll, dass der Handel Umweltschutz und soziale Entwicklung unterstützt und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und Fischbestände fördert. In diesem Kapitel wird auch beschrieben, wie die Zivilgesellschaft in die Durchführung und Überwachung dieser Bestimmungen einbezogen wird. Es enthält zudem eine Verpflichtung zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens sowie einen eigenen Überprüfungsmechanismus.

Weiterhin bleiben die Umweltziele der EU (Details unter https://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030_de), die darauf abzielen, bis 2030 Treibhausgasemissionen um mindestens 40 % (gegenüber dem Stand von 1990) zu senken, den Anteil erneuerbarer Energiequellen auf mindestens 27% zu erhöhen und die Energieeffizienz um mindestens 27% zu steigern, vollkommen unberührt und haben unverändert weiter Geltung.

Die Frage, ob nicht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu CETA vor der Ratifikation des Abkommens mit Japan abzuwarten wäre, sollte sich selbst auflösen können, da das Gericht in Karlsruhe noch in diesem Jahr ein Urteil fällen wird (siehe https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Verfahren/Jahresvorausschau/vs_2018/vorausschau_2018_node.html) - und damit klar vor dem Ratifizierungsprozess, der im Frühjahr/Sommer 2019 auf der Agenda stehen wird. Allerdings kann ich nicht nachvollziehen, inwiefern die schon lange und problemlos praktizierte regulatorische Kooperation auf internationaler Ebene ein verfassungsrechtliches Problem darstellen sollte. Man versteht unter diesem Stichwort lediglich den informellen Austausch der Regulatoren beider Seiten bei der Erstellung von neuen Standards. Unser regulärer Gesetzgebungsprozess und unsere Souveränität bleiben völlig unberührt und selbstverständlich sind es die gewählten Vertreter beider Seiten, die das jeweilige Schutzniveau festlegen, im Rahmen dessen dann Experten kooperativ nach sich gut ergänzenden technischen Lösungen suchen. Der im geplanten Abkommen vorgesehene Regulierungsausschuss hat außerdem keine Entscheidungskompetenz und schon gar keine Möglichkeit, den ausgehandelten Vertrag nachträglich zu verändern (vergleiche Artikel 18.14). Die Zusammenarbeit der beiden Vertragsparteien erfolgt freiwillig und hat wiederum keinerlei Auswirkungen auf das Schutzniveau in der EU in allen Bereichen (Artikel 18.1, Nummer 2).

Wasser und Abwasser sind grundsätzlich Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge. Jede Kommune entscheidet heute selbstständig, ob sie diese Aufgabe selbst wahrnimmt oder einem privaten Dienstleister überträgt. Lediglich eine Änderung ergibt sich durch JEFTA: Wenn Kommunen sich entscheiden, die Versorgung an einen privaten Dienstleister zu übertragen, können sich in Zukunft neben europäischen, südkoreanischen und kanadischen Anbietern (die bereits heute an solchen öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen können) auch japanische Anbieter an europaweiten Ausschreibungen beteiligen. Entscheidet sich eine Kommune die Wasserversorgung anstatt durch einen privaten Anbieter zu einem späteren Zeitpunkt wieder selbst wahrzunehmen, ist dies auch weiterhin problemlos möglich. Dies ist eine der zentralen Aspekte aller Freihandelsabkommen der EU, siehe http://trade.ec.europa.eu/doclib/press/index.cfm?id=1128&serie=793&langId=de. Die Entscheidungshoheit ist und bleibt bei der Kommune. Kommunale Monopole und zukünftige Re-monopolisierungen genau wie die Freiheit der Inländerbegünstigung im Bereich der Wasserversorgung und der öffentlichen Daseinsvorsorge generell bleiben damit auch weiterhin problemlos möglich. Dies hat die EU im Vorbehaltskatalog (siehe http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2018/august/tradoc_157233.pdf#page=1) für aktuelle und zukünftige Maßnahmen klar ausgewiesen (Seite 138). Städte und Kommunen sind und bleiben frei, alle Dienste frei zu regulieren, die sie im öffentlichen Interesse erachten. Der Status Quo bleibt unverändert - vor und nach JEFTA. Weitere Informationen finden Sie hier: https://ec.europa.eu/germany/news/20180706-eu-japan-abkommen_de.

Die Frage, ob es sich beim Handelsabkommen mit Japan um ein gemischtes Abkommen handelt, das von den Parlamenten aller EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden muss, ist eine juristische, die damit auch der Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof standhalten muss. In jedem Fall, auch bei Abkommen, die "nur" vom Europäischen Parlament, der direkt gewählten Vertretung der Bürger Europas, und den demokratische gewählten Regierungen der Mitgliedsstaaten abgesegnet werden muss, ist die demokratische Legitimation der europäischen Handelspolitik sichergestellt.

Ich begrüße es sehr, dass sich die Zivilgesellschaft in die Debatte um Freihandelsabkommen der EU einbringt. Allerdings müssen die gleichzeitig weitestgehend unbegründeten Kampagnen, die seit Jahren von einigen Organisationen gegen jedes EU-Freihandelsprojekt gefahren werden, endlich entlarvt werden. Der immer wieder völlig haltlos vorgebrachte Vorwurf einer zwangsmäßigen Wasserprivatisierung ist hier ein Paradebeispiel - die EU hat in der Vergangenheit und wird in der Zukunft eine solche Maßnahme niemals in ein Freihandelsabkommen aufnehmen. Es ist richtig und wichtig, dass die Bürger die Entscheidungen von Regierungen und Parlamenten kritisch hinterfragen - dasselbe muss aber auch gelten, wenn die nächste Organisation ohne Nachweis in einer Originalquelle solche Behauptungen in die Welt setzt.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen...

Daniel Caspary.

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