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Daniel Caspary
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Frage von Micha M. •

Frage an Daniel Caspary von Micha M. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Warum wird die EU nur so sinnlos erweitert? Immer mehr Abgeordnete, immer mehr Bürokratie, immer mehr Beamte! Die viel Geld der Allgemeinheit aufzehren, und es sinnlos als HARZ 4 verteilen.

Ich arbeite jetz seit 40 Jahren am Bau und bekomme nur 940 Euro Rente, wie geht das??
Jeder der nicht arbeitet hat mehr, ungerechter kann die Welt nicht werden.

Macht doch mal dem EZB Wahnsinn (Null Zinsen) ein Ende, wir als Deutsche können doch
nicht ganz Europa bezahlen, sind in Brüssel denn nur Unfähige??

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Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Zinssituation muss im Zusammenhang mit der Entwicklung der Inflationsrate betrachtet werden. Richtig ist, dass das Zinsniveau in vergangenen Jahrzehnten höher lag. Gleichzeitig lag jedoch auch das Inflationsniveau deutlich höher als heutzutage. Historisch betrachtet lag die Inflationsrate in den Zeiten der D-Mark bei durchschnittlich 2,6% jährlich (1948 - 2001), im Gegensatz zu durchschnittlich 1,4% seit der Euro-Bargeldeinführung 2002. Die landläufige These, dass die Niedrigzinsphase für Sparer problematisch sei, ist in der vorgebrachten Schärfe daher nicht haltbar.

Im Hinblick auf das Rentenniveau ist im Koalitionsvertrag der Grundsatz festgehalten, dass jedermann der im Verlauf seines Berufslebens kontinuierlich in die Vorsorgesysteme eingezahlt hat, im Alter entsprechend besser gestellt sein muss als nichtbeschäftigte Personen. Einen wichtigen Beitrag leisten hier ebenso die deutlichen Erhöhungen der Rentenbezüge, die durch die gute konjunkturelle Lage möglich waren.

Weiterhin möchte ich aber auch richtigstellen, dass die Vorstellung, in Brüssel wachse die Anzahl von Beamten und Abgeordneten beständig an, ein Mythos ist. In den europäischen Institutionen arbeiten rund 55.000 Menschen, davon knapp 34.000 für die EU-Kommission. Viele sind dabei beispielsweise auch Übersetzer, denn jedes amtliche Dokument der EU muss aus guten Gründen in allen offiziellen EU-Amtssprachen verfügbar sein. Das EU-Personal ist dabei für 510 Millionen Bürger zuständig. Damit kommt ungefähr ein EU-Beamter oder -Angestellter auf 10.000 Einwohner. Zum Vergleich: Die Stadt Köln zum Beispiel beschäftigt rund 17.000 Verwaltungsbeamte. Bei einer Einwohnerzahl von etwa einer Million Menschen ergibt das in Köln ein Verhältnis von einem Beamten für 60 Bürger. In Paris beträgt diese Relation ein Beamter für 45 Einwohner. Angesichts ihrer massiven und wachsenden Aufgaben (eine abstrakte Übersicht finden Sie hier) steht die EU bescheiden da.

Lediglich sechs Prozent des gesamten EU-Haushalts werden für die Verwaltung (Gehälter, Pensionen und Übersetzungsdienste) ausgegeben, während 94 Prozent den Mitgliedstaaten und Bürgern zu Gute kommt. Und noch ein Vergleich: Die EU-Verwaltung kostet 8,3 Milliarden Euro pro Jahr - während die Mitgliedstaaten 2200 Milliarden Euro pro Jahr für ihre Verwaltungen ausgeben. In Deutschland kostete die Bundesverwaltung allein im Jahr 2017 über 31 Milliarden Euro.

Gleichzeitig hat das Europäische Parlament erst im Februar beschlossen, die Anzahl der Parlamentarier nach dem Brexit von 751 auf 705 Sitze schrumpfen wird. Das Europäische Parlament, dass dann 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger vertreten wird, wird dann kleiner sein als der aktuelle Deutsche Bundestag, in dem 709 Abgeordnete ca. 82 Millionen deutsche Bürgerinnen und Bürger repräsentieren.

In Sachen EU-Haushalt trifft der Entwurf für die Periode 2021-27 nach dem Brexit, den Kommissar Günther Oettinger am 02. Mai 2018 vorgestellt hat, die richtige Balance zwischen moderaten Beitragserhöhungen für die EU-27, Effizienzsteigerungen auf der ganzen Linie und einer Priorisierung von Forschung, Innovation, der Ausbildung junger Menschen und Investitionen in die digitale Wirtschaft, Grenzmanagement, Sicherheit und Verteidigung. Der Haushalt wird gleichzeitig sowohl einfacher, weil wir nach dem Brexit endlich das ausufernde Rabattsystem für Mitgliedsbeiträge abschaffen können als auch flexibler, sodass wir angemessen, unbürokratisch und schnell auf unvorhergesehene Krisen reagieren können.

Ich kann gut nachvollziehen, dass einem normalen Arbeitnehmer angesichts der "großen Zahlen", mit denen auf europäischer Ebene gearbeitet wird, der deutsche Mitgliedsbeitrag hoch erscheinen kann. Dennoch sind diese Beiträge sehr gering angesichts der massiven Vorteile, die die deutsche Wirtschaft, die Gesellschaft und der Staat (konkrete Beispiele finden sie hier und hier) durch unsere EU-Mitgliedschaft genießen. Die Herausforderungen der heutigen Zeit lassen sich weniger und weniger allein innerhalb von Nationalstaaten angehen - von Klimawandel, Cybersicherheit bis zum internationalen Handel mit Mega-Blöcken wie China und den USA. Die EU ist hier nicht das Problem, sondern die Lösung, um Probleme gemeinsam und effektiv anzugehen zu können.

Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen ...

Daniel Caspary

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