Frage an Daniel Caspary von Matthias W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Caspary,
halten Sie es für richtig bzw. vertretbar, daß gentechnisch veränderte Bestandteile im Pollen, bzw. der damit kontaminierte Honig, NICHT gekennzeichnet werden muß? www.foodwatch.org/de/informieren/gentechnik/e-mail-aktion-gen-honig-kennzeichnen Kann ich als erwachsener mündiger Bürger dazu gezwungen werden, Genhonig zu fr)essen? Womöglich auch bei ökologisch erzeugtem Biohonig, da ja der Pollenflug vor Grenzen nicht Halt macht? Was ist mit der Wahlfreiheit, bitteschön? Ich bin zutiefst empört, schließlich bin ich ja kein Versuchskaninchen der Agrogenkonzerne!!! Honig mit (durch Regierungsbeschluß!) geduldeten Genpollen ist ein eklatanter Verstoß gegen das Grundgsetz (freie Entfaltung/gesundheitliche Unversehrtheit) und somit kriminell! Den Schaden hatte Greenpeace bereits aufgrund einer Studie eines Fütterungsversuchs (an Ratten und Mäusen mit GVO) öffentlich gemacht. Die Ergebnisse der entstandenen Leber- und Nierenschäden sind jedoch erst nach EINKLAGEN der Veröffentlichung ans Tageslicht gekommen! www.greenpeace.de/search/f%C3%BCtterungsversuch Was soll an Genpollen besser sein als an Genmais? Knapp 80% der Bundesbürger/innen wollen keine Agrogentechnik. Weshalb wird dies von den Volksvertretern immer noch nicht erkannt? Was tun Sie, um dieses in eklatant grundgesetzwidriger Weise entstandene Problem mit sofortiger Wirkung abzustellen? Schließlich gehe ich davon aus, daß auch Sie einen Eid geleistet haben, Schaden vom Volk abzuwenden, wie er zweifellos entstehen wird, wenn hier nicht sofort ohne Zeitverzug gehandelt wird! Die Diätenerhöhung haben Sie ja sicher auch angenommen. Schließlich sind aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit bereits bestäubende Instekten unterwegs. Mit der dringenden Bitte, um Stellungnahme binnen 14 Tagen oder besser noch, mutiges Einschreiten, da meine Angehörigen und ich gerne weiterhin unkontaminierten Honig essen möchten!
Mit (agro)gentechnikfeindlichen Grüßen
M. Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 24.03.2014.
Wie von Ihnen erwähnt, hat das Europäische Parlament am 15. Januar 2014 über die Revision der so genannten Honigrichtlinie (Richtlinie 2001/110/EG) abgestimmt und klargestellt, dass Pollen ein unvermeidbarer, also natürlicher Bestandteil von Honig ist. Diese Klarstellung war eine notwendige Anpassung auf Grund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (Rechtssache C-442/09), der Pollen als Zutat zu Honig eingestuft hatte. Dies wiederum hätte nach geltendem Lebensmittelrecht erhebliche Konsequenzen für die Imker gehabt, ohne dem Verbraucher einen Mehrwert zu bieten.
Bei der Revision der Honigrichtlinie handelt es sich um eine rein lebensmittelrechtliche Klarstellung, nicht aber um Gentechnikgesetzgebung. Die des Öfteren aufgestellte Behauptung, mit der Revision solle die Verunreinigung von Honig mit Pollen genetisch veränderter Organismen (GVO) vertuscht werden, zielt daher ins Leere. Nach geltendem EU-Recht müssen alle Lebensmittel besonders gekennzeichnet werden, wenn sie einen GVO-Gehalt von mehr als 0,9 % aufweisen. Dies hatte auch der Europäische Gerichtshof unterstrichen, und niemand - weder das Europäische Parlament, noch die Europäische Kommission - will diese Regelung anfechten.
Da Honig nach der oben genannten Entscheidung des Europäischen Parlaments weiterhin als Naturprodukt gelten darf, wird er bei Analysen als Gesamtprodukt bewertet. Das gilt auch für die Bestimmung eines eventuellen GVO-Gehalts. Angesichts der Tatsache, dass der Pollengehalt von Honig äußerst gering ist, ist eine GVO-Kennzeichnung aber ohnehin obsolet: Die Kennzeichnungsschwelle von 0,9 % wird nicht erreicht.
Aus diesem Grund wäre es falsch, eine neue Bemessungsgrundlage für Honig einzuführen, denn der Schwellenwert für die Kennzeichnung von Honig als GVO-Produkt würde dann etwa um 3.300 mal niedriger liegen als der Schwellenwert für die Kennzeichnung von Bioprodukten. Der Honig würde folglich gegenüber anderen Lebensmitteln diskriminiert, und der Verbraucher würde in die Irre geführt, weil er keinen Vergleichsmaßstab zu anderen Lebensmitteln hätte. Von Wahlfreiheit der Verbraucher könnte dann keine Rede mehr sein. Des Weiteren wäre bei einer Einstufung des Pollens als Zutat die Bestimmung der pflanzlichen Herkunft und damit die Unterscheidung in Sortenhonige in Frage gestellt, da eine Zutat beliebig hinzugefügt sein kann. Dies wäre sicherlich weder im Interesse der Imker noch im Interesse der Verbraucher.
Die EU-Kommission hat mit ihrem Vorschlag zur Revision der Honigrichtlinie, dem das Europäische Parlament mit seiner Abstimmung gefolgt ist, zu keiner Zeit die Tatsache in Frage gestellt, dass GVO-Material in Lebensmitteln nach der so genannten EU-Freisetzungsrichtlinie (Richtlinie 2001/18/EG) zugelassen sein muss. Deshalb darf ein Honig, der Pollen von GV-Pflanzen enthält, die in der EU nicht zugelassen sind, nicht in die EU eingeführt werden. Es wird also am Prinzip des gesundheitlichen Verbraucherschutzes festgehalten.
Sollte es der Wunsch der Imker sein, ihren Honig als "gentechnikfrei" kennzeichnen zu wollen, steht ihnen diese Option nach bundesdeutscher Gesetzgebung bereits offen. Auch die EU-Kommission arbeitet an Vorschlägen zu einheitlichen Voraussetzungen für die Kennzeichnung von Lebensmitteln als "gentechnikfrei".
Die von Ihnen angesprochene Studie des Wissenschaftlers Gilles-Eric Séralini wurde inzwischen von den Studieninitiatoren und der Fachzeitschrift, die sie ursprünglich veröffentlicht hatte, zurückgezogen. Zuvor wurde sie öffentlich von Wissenschaftlern aus verschiedenen Ländern kritisiert, da sie nicht den angemessenen wissenschaftlichen Standards entspreche. In diesem Zusammenhang haben auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) nach der Prüfung der Studie von schwerwiegenden Mängel im Hinblick auf Design und Methodik gesprochen, so dass die Schlussfolgerungen der Autoren nicht nachvollziehbar seien. Ich bin der Meinung, dass sich unsere politische Arbeit, insbesondere in diesem Bereich auf stichhaltige und wissenschaftlich bewiesene Erkenntnisse stützen sollte.
Gerne würde ich Ihnen noch weitere Informationen zu diesem Thema übermitteln, leider verkürzt Abgeordnetenwatch.de eingefügte Links jedoch automatisch. Bitte schicken Sie mir doch eine E-Mail an daniel.caspary@europarl.europa.eu, damit ich direkt mit Ihnen in Kontakt treten kann und Ihnen die Links zu den obengenannten Richtlinien bzw. Einschätzungen zukommen lassen kann.
Sollten Sie noch weitere Fragen haben, können Sie sich gerne an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Caspary