Frage an Daniel Caspary von Robert R. bezüglich Tourismus
Sehr geehrter Herr Caspary,
mit Bestürzen verfolge ich die Nachrichten der letzten Tage in denen unter anderem berichtet wird, das die Kinder von EU-Beamten, auf Kosten von Steuergeldern in der Skiurlaub fahren. Und das obwohl die erwähnten Beamten zum Teil Spitzeneinkommen beziehen und eine solche Zuwändung sicherlich nicht Nötig haben.
In einer Zeit in der das Vertrauen der Bürger an die EU und die Politik immer weiter schwindet empfinde ich eine solche Meldung als Ohrfeige für mich und für jeden mündigen Bürger.
Wenn wir uns das leisten können, warum können wir uns in Deutschland dann nicht die Aufrechterhaltung des bestehenden Sozialstaates leisten?
Für mich sieht das ganze sehr nach "Spätrömischer Dekadenz" aus.
Ich möchte sie sehr bitten zu diesem Thema Stellung zu beziehen und mitzuteilen welche Konsequenzen daraus erwachsen sollten und werden.
Hochachtungsvoll
Robert Rokoschoski
Sehr geehrter Herr Rokoschoski,
vielen Dank für Ihre Email vom 17.02.2010. Auch ich habe die Berichterstattung in den Medien mit Verwunderung verfolgt und zwischenzeitlich weitere Informationen über den bezuschussten Skiausflug für die Kinder von Beschäftigten im Europäischen Parlament, den Sie kritisieren, gesammelt. Vorab: Kinder von Abgeordneten wurden entgegen der Presseberichte nach meinen Recherchen NICHT mitgenommen.
Die Fakten:
Der Personalrat des Europäischen Parlaments veranstaltet seit mehreren Jahren einen Skiausflug für 80 Kinder von Beschäftigten im Alter von 7 bis 15 Jahren. Die Ausschreibung für den diesjährigen Skiausflug per Bus für die Kinder im Alter zwischen 8 und 15 Jahre fand vor kurzem statt; der Aufenthalt ist zwischen dem 13. und dem 21. Februar 2010 in Spiazzi bei Bergamo (Italien) in einem 3-Sterne-Hotel geplant. Gekoppelt ist er mit nachmittäglichen Workshops zum Thema "Berge, Schnee, Natur" in englisch, französisch und italienisch.
Die Kosten für den Skiausflug belaufen sich pro teilnehmendem Kind auf 920 Euro. Der Personalrat bezuschusst diesen Aufenthalt mit EU-Mitteln aus seinem Budget nach einer sozialen Staffel, beginnend mit einem Netto-Familieneinkommen von weniger als 3000 Euro (75% Zuschuß pro teilnehmendem Kind) bis zum Netto-Familieneinkommen über 11000 Euro (5% Zuschuß). 52% Zuschuß erhalten Kinder aus Familien mit einem Nettofamilieneinkommen zwischen 5100 und 6500 Euro im Monat.
Rechtsgrundlage ist das Personalstatut, Artikel 1,6 und 9,3; soziale Maßnahmen für Beschäftigte.
Im Jahr 2010 erhält der Personalrat des EP für diese Maßnahmen 167.850 Euro, die wie folgt ausgegeben werden sollen:
10.000 Euro für die Sitzungen des Personalrats
73.800 Euro für eine Nikolausfeier für Kinder von Beschäftigten von 1 bis 10
84.050 Euro für den Skiausflug.
Mir wäre es lieber, der Personalrat sähe es nicht als seine Aufgabe, einigen wenigen Kindern von Beschäftigten auf Steuerzahlerkosten das Skifahren beizubringen, zumal in der Rechtsgrundlage von Maßnahmen zugunsten der Beschäftigten gesprochen wird und von Familienangehörigen nicht die Rede ist. Die soziale Staffel halte ich für ausgesprochen großzügig für die Besserverdiener im Haus. Gesundheitsaufklärung, Ernährungsberatung, Sportmöglichkeiten für Beschäftigte etc. könnte man sich unter einer sozialen Aktivität des Personalrats für Beschäftigte vorstellen. Ich bedaure diesen unnötigen Ansehensverlust fürs Parlament und die Europäische Union!
Ich versichere Ihnen, dass sich meine Kollegen im Haushaltskontrollausschuss hiermit kritisch befassen werden. Ich hätte keinerlei Verständnis dafür, wenn sich solche Aktionen des Personalrats in Zukunft wiederholen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Caspary