Frage an Daniel Caspary von Jens M. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Caspary,
ein internes Papier ("Vademecum") der Generaldirektion Handel (siehe http://wikileaks.org/leak/internal-brief-on-access-to-documents-by-eu-dg-trade-2009.pdf ), dessen Echtheit und Aktualität mir die Kommission heute bestätigt hat, gibt den Beschäftigten dieser Generaldirektion Hinweise zum Umgang mit Anträgen auf Zugang zu Dokumenten.
Diese Hinweise laufen zum Teil darauf hinaus, Kontakte mit Lobbyisten zu verschleiern. So sollen in E-Mails "private" Treffen mit Industrievertretern nicht erwähnt werden und Berichte von vornherein in zwei Fassungen erstellt werden. Außerdem sollen Anfragen möglichst eng ausgelegt werden. Werde beispielsweis nur nach Informationen zu Treffen mit „einzelnen Unternehmen“ gefragt, könne man Treffen mit Unternehmensverbänden in der Antwort weglassen, weil danach ja nicht gefragt wurde (siehe S. 5).
Wie beurteilen Sie diesen Leitfaden mit Hinblick auf die Ziele der Europäischen Transparenz-Initiative? Was kann das Parlament unternehmen, um mehr Transparenz bezüglich des Handelns der Kommission zu schaffen?
Mit freundlichen Grüßen
Jens Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
herzlichen Dank für diesen Hinweis. Ich werde mir das Dokument in Ruhe anschauen, Kontakt mit der Kommission aufnehmen und das sehr kritisch prüfen.
Viele Grüße ...
Daniel Caspary.
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Nachricht bezüglich des Leitfadens der Generaldirektion Handel. Ihrem Anliegen bin ich nachgegangen und bei den zuständigen Stellen recherchiert. Laut der Kommission sind Ihre Bedenken hinsichtlich der Konformität des Leitfadens mit der Transparenzinitiative unbegründet. Nachfolgend erläutere ich Ihnen gerne die mir von der zuständigen Stelle geschilderte Situation.
Der Leitfaden der Generaldirektion stützt sich auf die Verordnung Nr. 1049/2001 über die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG- Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Er legt die Verwaltungspraxis hinsichtlich der Dokumente der Generaldirektion Handel dar, mit dem Ziel, die Handhabung der Anträge auf Zugänglichmachung effizienter zu gestalten.
Ziel der Verordnung Nr. 1049/2001 ist es, großtmöglichen Zugang zu den Dokumenten zu gewährleisten. Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe. Diese Verordnung gilt für alle Dokumente, die einen Sachverhalt im Zusammenhang mit den Politiken, Maßnahmen oder Entscheidungen aus dem Zuständigkeitsbereich eines Organs der Europäischen Union betreffen. Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Europäischen Union, die von einem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden, können zugänglich gemacht werden. Dies geschieht auf schriftlichen Antrag direkt in elektronischer Form oder über ein Register.
Zugang zu Dokumenten kann verweigert werden, wenn deren Verbreitung öffentliches Interesse oder Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigen würde. Wenn die Gefahr besteht, das die Veröffentlichung geschäftliche Interessen, Gerichtsverfahren, Rechtsberatung, Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten oder Entscheidungsprozess eines Organs ernstlich beeinträchtigen würde, ist diese zu verweigern. Bei Dokumenten Dritter konsultiert das Organ grundsätzlich diese, um zu beurteilen, ob eine der Ausnahmeregelungen anwendbar sind. Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.
Folgende Bestimmungen sind bei Umgang mit den Anträgen wichtig: es werden nur Dokumente zugänglich gemacht, die für die Anfrage relevant sind, wobei ein Antrag NUR unter dem Umstand abgelehnt werden kann, dass die Voraussetzungen einer Ausnahmeregelung erfüllt sind.
Diese Grundsätze sind von der Generaldirektion Handel ausnahmslos einzuhalten, auch ist der Leitfaden entsprechend auszulegen. Die Aussage, dass man versuchen würde, Kontakte zu Lobbyisten zu verschleiern, ist laut der Kommission aus dem Kontext gerissen. Die Berichte sollten sich auf das Faktische beziehen, möglichst ohne persönlichen Bewertungen, Einschätzungen und Kommentare. Aus der Sicht der zuständigen Stelle entspricht daher der Leitfaden den Grundsätzen der Verordnung Nr. 1049/2001.
Hinsichtlich Ihrer Frage, wie das Europäischen Parlaments mehr Transparenz gegenüber dem Handeln der Kommission schaffen könnte, weise ich gerne darauf hin, dass das Parlament am 14. Januar 2009 den Bericht des italienischen Abgeordneten Marco Cappato angenommen hat, der mehr Transparenz und einen leichteren Zugang zu mehr Dokumenten der Organe der Europäischen Union fordert.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Caspary