Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Dagmar Schmidt
SPD
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Frage von Reiner R. •

Abschiebedebatte. Ist der deutsche Staat hilflos?

Dagmar Schmidt, MdB (2017)
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr R.

vielen Dank für Ihre Nachricht. Nach den Anschlägen in Solingen und München hat sich die Debatte um Abschiebungen und Rückführungen erneut verschärft und verkennt dabei leider die Realitäten. 

Auch wenn aus dem rechten politischen Spektrum immer wieder erklärt wird, der Rechtsstaat sei hilflos, ist das Gegenteil der Fall. Richtig ist, dass mit einer Abschiebung hohe rechtliche, humanitäre und praktische Hürden zu nehmen sind. Hier wären das Recht auf Asyl, die Unantastbarkeit der Menschenwürde und der Schutz vor Verfolgung im Herkunftsstaat zu nennen. Weiterhin müssen die familiären Bindungen und insbesondere die fehlende Aufnahmebereitschaft der Herkunftsländer in den Fokus genommen werden, die Abschiebungen erheblich erschweren. 

Aus der Diskussion wird zudem ausgeblendet, dass insbesondere Abschiebungen nach Afghanistan oder Syrien auch bedeuten würden, das Taliban- bzw. Assad-Regime unterstützen zu müssen, damit diese die ausgewiesenen Afghanen und Syrer wieder aufnehmen. Hierbei ist auch nicht garantiert, dass straffällig gewordene Migranten, die ausgewiesen werden, im Heimatland die Strafe für eine in Deutschland begangene Straftat abbüßen müssen. 

In diesem Zusammenhang darf ich Sie auf die Zahlen in den vergangenen Jahren hinsichtlich Abschiebungen und Zuwanderung hinweisen. Nachdem es 2020 aufgrund der Pandemie zu einem Einbruch bei den Abschiebungen kam und 2020 insgesamt 10.800 Rückführungen durchgeführt werden konnten, waren es 2021 bereits wieder 11.982 Rückführen, 2022 insgesamt 12.945 Rückführungen und im Jahr 2023 war ein deutlicher Sprung auf 16.430 Rückführungen zu verzeichnen (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/451861/umfrage/abschiebungen-aus-deutschland/). Zwar ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland seit 2020 wieder kontinuierlich angestiegen (2020: 122.170 Anträge, 2021: 190.816 Anträge, 2022: 244.132 Anträge, 2023: 351.915 Anträge, 01/2024 bis 08/2024: 174.369 Anträge; https://de.statista.com/statistik/daten/studie/76095/umfrage/asylantraege-insgesamt-in-deutschland-seit-1995/), wird jedoch in diesem Jahr wieder deutlich rückläufig sein. Gleichzeitig wird durchschnittlich etwas mehr als jeder zweite Asylantrag abgelehnt, im Jahr 2021 waren es sogar 60,1 Prozent aller Anträge (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/197867/umfrage/abgelehnte-asylantraege-in-deutschland/). 

Darüber hinaus sind insbesondere die Bundesländer für die Ausführung der Abschiebung zuständig. Welche Abschiebungen zu welchem Zeitpunkt durchgeführt werden, entscheiden die Behörden vor Ort, anhand der individuellen Sachlage. 

Im Januar 2024 hat der Bundestag das von der Bundesregierung vorgeschlagene Gesetz zur Rückführungsverbesserung beschlossen. Damit sollen die Hürden, die wir konkret bei uns ändern können, weiter abgebaut werden. Wer in Deutschland keine Bleibeperspektive hat oder die Regeln und Gesetze unseres Zusammenlebens nicht respektiert, kann nicht in Deutschland bleiben. Eine Rückführung kann dann schneller eingeleitet werden. Gleichzeitig eröffnen wir denjenigen, die sich seit Jahren in unsere Gesellschaft integrieren, hier arbeiten und sich engagieren, eine echte Bleibeperspektive (https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2024/01/bt_verbesserte_rueckfuehrung.html). 

Mit freundlichen Grüßen 

Ihre 

Dagmar Schmidt, MdB

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