Frage an Claudius Lieven von Dr.Susanne H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Wie werden Sie als GAL-Mitglied sich bei der Entscheidung über die Verplanunug und Bebauung von Wiesen und Kleingartenflächen mitten in der Stadt (z.B.Hamm, Barmbek) verhalten? Waren Sie einmal am Rückerswegkanal oder entlang der Bahngleise (KG-Gebiet Schurzallee ) spazieren und haben sich angesehen, wie idyllisch die Kleingärten dort sind und individuelle, eintrittsgeldfreie Zonen für Ruhe, Naturnähe und gutes ökologisches Kleinklima bieten? Ich hoffe sehr, dass Sadtentwicklung nicht bloss unter dem Aspekt Profilierung und/oder Profit gesehen wird, sondern dem Menschen dient - und der möchte auch eine kleine Blume zum Leben (frei nach H.C.Andersen). Danke.
Guten Tag Frau Dr. Heinrichowski,
leider komme ich erst jetzt dazu ihre Anfrage zur Position der GAL bezüglich der Bebauung von Gleingartenflächen zu beantworten. Ich möchte auf verschiedene Stellungsnahmen meines Kollegen Christian Maass, der ua. sagte: "Der Senat macht großen Quatsch mit kleinen Gärten. Die Senatspolitik führt zu einer wuchernden Stadt auf Kosten des Grüns" und der Fraktionsvorsitzenden Christa Goetsch verweisen, die ua. erklärte: "Ersatzflächen für Kleingärten zu schaffen ist gut und Nachverdichtung ist grundsätzlich richtig. Allerdings ist die Tendenz sie an den Rand der Stadt zu legen falsch. Die GAL fordert Kleingärten möglichst wohnortnah in der Stadt ohne lange Anreise, da sie nicht nur für Gesundheit und Klima in der Stadt wichtig sind, sondern auch eine zentrale Rolle in der sozialen Stadtentwicklung spielen. Immer mehr junge Familien fragen z.B. auch nach Kleingärten. Da wären lange Anreisen zum Kleingarten unsinnig".
Zwischenzeitlich haben Herr Maass und ich verabredet, dass wir die Kleingärten in einer öffentlichen Sitzung des Umweltausschusses der Bürgerschaft zum Thema machen wollen, weil der Senat die Bürgerschaft bisher nicht über seine Pläne zur Zerstörung und Verlagerung von Kleingärten informiert hat.
Für die aktuelle Stunde der vergangenen Bürgerschaftssitzung war das Thema angemeldet, kam aber leider wegen Zeitmangelns nicht mehr zur Debatte. Ich füge die Pressemitteilung an, die einiges von dem wiedergibt, was ich gesagt hätte, wenn die Debatte noch drangekommen wäre.
mit freundlichen Grüßen
Claudius Lieven
Presseerklärung der GAL Bürgerschaftsfraktion vom 24.08.05:
Zu den Senatsplänen zur Bebauung von Kleingärten erklärt Claudius Lieven, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion: "Zuerst hat der Senat Grüngebiete, Äcker, Wiesen und Weiden an den Rändern der Stadt aufs Korn genommen - nun sind die Kleingärten dran: Der Senat redet von der Mobilisierung der Konversionsflächen - praktisch frisst die "wachsende Stadt" aber, was sie kriegen kann. Die Äußerung von Staatsrätin Gundelach, dass in den nächsten 10 Jahren "nur" 1.000 Kleingärten verlagert werden sollen, ist ein verzweifelter Abwiegelversuch." Wenn man die Zahlen der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt entschlüsselt, zeigt sich ein anderes Bild. Die Unterlagen der Behörde weisen 2.100 Parzellen aus, die bereits seit 2002-03 im Rahmen der ersten und zweiten Tranche des Flächenpakets zur "wachsenden Stadt" überplant wurden oder die mit gültigem Planrecht für Wohnungsbau oder Gewerbeflächen bereits verfügbar sind.
Der Vorteil für den Senat: Viele Kleingartenflächen sind innenstadtnah gelegen und eignen sich hervorragend zur Bebauung. Sie befinden sich darüber hinaus im Besitz der Stadt, sind ohne große rechtliche Schwierigkeiten kündbar und sind planungsrechtlich bereits für andere Nutzungen vorgesehen. Lieven: "Der Finanzsenator lässt von der Liegenschaft wahrscheinlich schon mit spitzem Bleistift ausrechnen, welchen Gewinn das Stadtsäckel mit der Verwertung dieser Flächen machen kann." Welche Bedeutung die Gärten hingegen für die Menschen und für eine familienfreundliche Stadt haben, ist dem Senat offenbar egal. Eine Studie, die die Baubehörde in Auftrag gegeben hat, dokumentiert jedoch: Es gibt eine erhebliche Nachfrage nach Kleingärten - gerade in der Altergruppe zwischen 35 und 50 Jahren. In vielen Kolonien beginnt oder läuft bereits ein natürlicher Generationswechsel, der zu einer Verjüngung der Pächterstruktur führt. Von den Anwärtern auf einen Kleingarten haben fast die Hälfte Kinder unter 12 Jahren. Die meisten wünschen sich einen Kleingarten als Ergänzung zu einer gartenlosen Geschosswohnung in der inneren Stadt und möglichst nah an ihrem Wohnort.
Das Ersatzflächenkonzept des Senates stimmt aus Sicht der GAL hinten und vorne nicht. Die Stadt ist nach wie vor im Rückstand bei der Lieferung von Ersatzflächen an den Landesbund der Kleingärtner - trotz vertraglicher Verpflichtungen. Die angestrebte Verdichtung von großen Parzellen ist ein lang dauernder Prozess, weil eine Teilung von Parzellen praktisch nur bei einem Pächterwechsel durchgeführt werden kann und diese sind gerade bei großen Parzellen selten.
Lieven: "Knapp 1.000 Ersatzparzellen können als Ersatz nicht ausreichen, wenn der Senat etwa 3.000 Parzellen verlagern will. Nichts spricht deshalb dafür, dass die Stadt es diesmal besser macht als in der Vergangenheit. Der Senat schickt tausende von Kleingärtnern auf eine Reise ins Ungewisse, sie sind die Verschiebemasse auf dem Rangierbahnhof der wachsenden Stadt. Diese Politik verschlechtert die Lebensqualität für viele Hamburgerinnen und Hamburger und treibt sie damit aus der Stadt."