Frage an Claudius Lieven von Stephan W. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo Claudius,
wo bleibt Deine Antwort betreffs des von der Politik erzwungenen Umzugs des "Kinderglücks" im Karoviertel???
Viel mehr auch für bedürftige Bürgerinnen- und er bezahlbare Einrichtungen wie das "Kinderglück" wären doch in Hamburg notwendig???
Vielleicht wäre Jessica dann noch am Leben???
Eine polemische Frage??? Ich finde nicht. Wie Du vielleicht weißt, war ich 25 Jahre lang Erzieher.
Sollten die Parteien nicht weniger aufeinander loshacken, sich nicht weniger die Schuld an irgendwas zuweisen, sondern z.B. gemeinsam für die Zukunft von Kindern wie Jessica und Fatna was tun??
Gruß, Stephan!
Hallo Stephan,
sorry dass es mit der Antwort auf diese Frage etwas länger gedauert hat, aber es waren ziemlich viele Sachen abzuarbeiten.
Zur Sache. Ich bin über den Umzug des Kinderglücks ins Haus der Jugend alles andere als glücklich. Ich kenne das Kinderglück aus jahrelanger Arbeit im Sanierungsbeirat, mein Sohn war da oft nach der Schule und der kurze Weg zwischen der Ludwigstraße und der Beckstraße war genau das, was dies ermöglicht hat. Über die Kreuzung am neuen Pferdemarkt hätte ich einen Vorschüler oder Erstklässler nicht alleine gehen lassen. Dementsprechend wenig erbaut war ich, als ich von dem Beschluss des Jugenhilfeausschusses
im Dezember hörte - ein paar Tage nach dem Beschluss. Der Kontext der Begründung ist nicht neu: Der Bezirk Hamburg Mitte ist seit Jahren ein "abgebender Bezirk", dass heißt Jugendhilfemittel aus denen u.a. das Kinderglück finanziert wird, werden in andere Bezirke umgeschichtet und insbesondere St.Pauli gilt als "überversorgt". Die Frage ob man St.Pauli mit anderen Stadtteilen vergleichen kann, oder ob hier die besonderen Probleme im Stadtteil zu einem anderen Schlüssel der Mittelverteilung führen müssen wurde im Bezirk lange diskutiert. Fakt ist, dass auch in anderen Stadtteilen des Bezirks "die Hütte brennt" und die Ausstattung mit sozialen Einrichtungen dort unzweifelhaft geringer ist als in St.Pauli. Fakt ist auch, dass Mitte in diesem Jahr wieder 200.000 € abgeben muss und wir dies schaffen wollen, ohne eine Einrichtung ganz zu schließen. In dieser Situation hat man leider nur die Wahl, wo man das Messer ansetzt - um Betriebskosten zu reduzieren oder um Einrichtungen neu zu strukturieren und dabei Geld einzusparen. Damit kommen wir zum Helmut Hübener Haus. Das HHH ist ein kommunales Jugendzentrum und vergleichsweise gut ausgestattet. Ich bin kein Spezialist für Jugenhilfe und will mich deswegen mit der Wertung etwas zurückhalten. Über die Jahre habe ich aber doch als Bezirkspolitiker in Mitte und St.Paulianer einiges über das HHH erfahren, was mir nicht immer mit effizienter Mittelverwendung und der Einhaltung fachlicher Standarts vereinbar schien. Kurz gesagt, dort war ein Neuanfang geboten. In dieser Situation entstand die Idee, das HHH als Jugend- und Familienhilfezentrum neu zu strukturieren und die Trägerschaft dafür neu auszuschreiben. Um die beabsichtigte Angebotspalette realisieren zu können wurde erwogen das KIZ und das Kinderglück mit zu integríeren. Gleichzeitig sollte dies den Effekt bringen Betriebskosten einzusparen. Soweit die Theorie. In der Praxis hapert es z.B. daran, das es in und um das HHH keine geeigneten Spielflächen gibt und auch im Haus erhebliche Umbauten nötig werden um die Räume für das Kinderglück fit zu machen. Diese Kosten werden jedoch aus einem anderen Haushaltstitel bezahlt (Umbauten sind "investive Ausgaben", Personal und Mietkosten sind "Betriebsausgaben") in dem noch Geld ist. Aus Investiven Mitteln Betriebsmittel zu machen liegt leider nicht in der Macht des Bezirks. Unterm Strich wird also vermutlich nichts gespart, wenn man es anders machen würde hätte der Bezirk aber nur die Wahl irgendwo eine Einrichtung ganz dicht zu machen. Ich kann dir versichern, dass solche Entscheidungen keinen Spass machen.
Am Montag hat der Jugendhilfeausschuss nun beschlossen, dass künftig SME (das heißt Soziale Milieunahe Erziehnungshilfe wenn ich mich recht erinnere) die Trägerschaft des HHH übernehmen wird, zusammen mit KIZ und dem Kinderglück. Ich habe SME in den letzten Jahrenals kompetenten und engagierten Träger wahrgenommen und bewerte es positiv, dass zwischen SME, KIZ und Kinderglück eine Einigung über die Zusammenarbeit im neuen HHH gefunden wurde. Ich denke, dass dies für das HHH eine große Chance zur Verbesserung eröffnet und dort viele Hilfen für Kindern und Eltern in St.Pauli angeboten werden können. Es steht jedoch außer Frage, dass die Verlagerung des Kinderglücks für viele Eltern und Kinder des östlichen Karolinenviertels ein herber Verlust ist. Wie mir berichtet wurde arbeitet man noch daran mit einer Art "Schülerlotsen" den Weg von der Ludwigstraße zum HHH abzusichern. Ich hoffe, dass dies hilft, die Kooperation mit der Schule so gut als möglich zu bewahren. Für die Zukunft habe ich mir auf den Zettel geschrieben mich bei der nächsten Sparrunde (denn die kommt 2006) frühzeitiger über den Stand der Planungen im Jugenhilfeausschuss zu informieren - bevor dort die Beschlüsse gefasst werden.
Am Rande bemerkt. Du hattest geschrieben, dass ich einige Leute dafür interessieren, was ich zu der Verlagerung des Kinderglücks u.a. zu sagen habe. Ich finde das das persönliche Gespräch dem Mailverkehr gegenüber doch noch manchen Vorzug hat.Deshalb bin ich gerne bereit mit allen interessierten Leuten direkt zu sprechen, zum Beispiel mal an einem Abend im "Senator Watrin". Zur Absprache eines Termins erreichtst du mich unter 0179 2260147 oder im Büro unter 32873 111.
viele Grüße
Claudius Lieven MdHB