Wann werden Kinder genauso geschützt wie Abgeordnete?
Heute hat der Bundestag angesichts der ins Unermessliche steigenden Infektionszahlen die Präsenzpflicht im eigenen Haus aufgehoben. Dies dient vermutlich der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Abgeordneten, von denen jede und jeder, die das wünschen, inzwischen geboostert sind.
Gleichzeitig werden in vielen Bundesländern, darunter Bayern, Kinder gezwungen, sich täglich einem sehr hohen Ansteckungsrisiko auszusetzen. Von den Kindern unter 12 Jahren haben die meisten noch keine einzige Impfdosis erhalten, es gibt in den wenigsten Klassenzimmern Luftfilter und Masken werden nicht durchgängig getragen.
Es entsteht der Eindruck, dass die Gesundheit von Abgeordneten mehr wert ist als die Gesundheit von Kindern. Auch, wenn das Risiko für einen schweren Verlauf mit Krankenhausbehandlung bei Kindern im Promillebereich liegt, wissen wir noch viel zu wenig über die Langzeitfolgen einer Infektion, um bei einer ganze Generation in Kauf zu nehmen.
Sehr geehrte Frau B.,
Sie beziehen sich wahrscheinlich darauf, dass der Ältestenrat des Deutschen Bundestags Ende Januar die Präsenzpflicht für den Dienstag einer Sitzungswoche aufgehoben hat, um Infektionen einzudämmen. Zur Erläuterung: Normalerweise besteht eine Pflicht für Abgeordnete, von Dienstag bis Freitag täglich in einer Liste per Unterschrift ihre Anwesenheit zu bestätigen. Da am Dienstag grundsätzlich nur fraktionsinterne Treffen stattfinden und keine Sitzung des Plenums, wurde entschieden, zumindest an diesem Tag die Möglichkeit von Sitzungen per Videoschalten zu ermöglichen - je nach Fraktion wird dann neben der persönlichen Pflicht zur Anwesenheit auch die Möglichkeit zur digitalen Teilnahme erlaubt. An den Plenartagen jedoch herrschte und herrscht während der gesamten Pandemie auch weiterhin Präsenzpflicht. Eine Abgeordnete kann nun mal nicht aus dem Homeoffice abstimmen.
Für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und mich gelten ansonsten die Bestimmungen der Bundesländer, in denen sie arbeiten. In meinem Fall sind das Berlin und Bayern. Die Bundesländer sind auch zuständig für die Regelungen an den Schulen, wie Sie auch selbst schreiben. Dass im Januar noch keine Impfungen für Kinder unter 12 Jahren möglich waren, lag an der fachlichen Prüfung durch die Ständige Impfkommission - dies ist keine politische Entscheidung.
Für Luftfilter an Schulen und Kitas hatte der Bund im Sommer 2021 200 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, Abruf und Umsetzung erfolgte über die Länder. Außerdem haben wir in einem Sofortprogramm für den Digitalpakt Schule 500 Millionen Euro bereitgestellt, um Kinder ohne Zugriff auf digitale Endgeräte die Teilhabe an digitaler Bildung zu ermöglichen und ein Lernen von zuhause zu erleichtern.
Das Aktionsprogramm "Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche" hat für 2021 und 2022 zwei Milliarden Euro zur Verfügung und soll das Aufholen von Lernrückständen unterstützen.
Bildungspolitik ist ansonsten Ländersache. Im Bundestag haben wir keinen Einfluss darauf, welche Maßnahmen an den Schulen in Bayern ergriffen werden, das ist Sache der bayerischen Staatsregierung.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend