Frage an Claudia Tausend von Thomas P. bezüglich Gesundheit
Pflegebonus
Am 19.05.2020 wurde vom DBT das 'Zweite Gesetz zum Schutz der Bevolkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite' [1] verabschiedet. Dieses Gesetz regelt in §5 Abschnitt 5 auch die landläufig 'Pflegebonus' genannte steuerfreie Sondergratifikation in Pflegeberufen.
Dazu habe ich folgende Fragen:
1. Warum wird die Zahlung ausgerechnet aus der 'sozialen Pflegeversicherung' geleistet? Warum werden dafür keine Steuermittel verwendet? Sehe ich das richtig, dass ausgerechnet privat Krankenversicherte (die ja eine private Pflegeversicherung abschießen müssen und nicht in die 'soziale Pflegeversicherung' einzahlen) _nicht_ an den Kosten beteiligt werden?
2. Laut Gesetz ist die 'Sonderleistung' für den Zeitraum von 01.03. bis 31.10.2020. Sind die Begünstigten außerhalb dieser Zeit (insbesondere nach dem 31.10.2020) keinen besonderen Gefahren mehr ausgesetzt bzw. weiterer 'Wertschätzung' nicht würdig?
3. Kaschiert dieses Gesetz nicht einfach den Missstand, dass in den betreffenden Berufen keine marktgerechten Löhne gezahlt werden? Meiner Ansicht nach ist diese Tatsache schon sehr lange bekannt. Warum reagiert die Politik erst in der Coronakrise und nur mit einer zeitlich befristeten Maßnahme?
4. Interessanterweise kaufen gerade Finanzinvestoren massenhaft Krankenhäuser, Pflegeheime und Versorgungszentren auf [2]. Diese Art von Investoren ist ja ganz unverdächtig, etwas aus Gemeinnutz zu machen. Stehen die Gewinnerwartungen der Investoren z.Z. in einem gesunden Verhältnis zur Wertschätzung und Bezahlung der Mitarbeiter in diesem Bereich?
[1] https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D%27632106%27%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1
[2] https://www.boersen-zeitung.de/index.php?li=1&artid=2020102004
Sehr geehrter Herr Pasch,
die "Corona-Prämie" in Höhe von bis zu 1000 Euro ist ein einmalige Sonderleistung für die Beschäftigten in der Altenpflege sowie Auszubildende, Freiwilligendienstleistende, Helfer im freiwilligen sozialen Jahr und Leiharbeiter sowie Mitarbeiter in Servicegesellschaften. Die Erstattung der Vorauszahlung an Arbeitgeber in der Pflege läuft - wie Sie richtig geschrieben haben - zunächst über die soziale Pflegeversicherung. In den nächsten Monaten werden sich Gesundheits- und Finanzministerium absprechen, in welchem Umfang die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zur Refinanzierung der Corona-Prämien und zur Stabilisierung der jeweiligen Beitragssätze Zuschüsse des Bundes benötigen, also Steuergelder.
Gegen die niedrigen Löhne in den pflegenden Berufen haben wir bereits letztes Jahr das Pflegelöhneverbesserungsgesetz beschlossen. Dadurch haben wir die Handlungsfähigkeit der Pflegekommission gestärkt, es wird jetzt angehobene Mindestlöhne und erstmals differenzierte Pflegemindestentgelte geben. Neben besseren Löhnen ist es sicherlich sinnvoll, die Pflegeversicherung perspektivisch zu einer Pflegevollversicherung weiterzuentwickeln.
Ich stimme Ihnen zu: Die fortschreitende Privatisierung von Pflege muss gestoppt werden. Wir haben in dieser globalen Gesundheitskrise erfahren, wie wichtig es ist, ein funktionierendes Gesundheitswesen zu haben, am besten in kommunaler Hand. Das werden wir anpacken.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend