Frage an Claudia Tausend von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrte Frau Tausend,
mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!
Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.
Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.
Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.
Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politikerin noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. D.
Sehr geehrte Frau D.,
für mich persönlich ist die betäubungslose Ferkelkastration nicht mit einer artgerechten Tierhaltung vereinbar. Leider hat der ehemalige Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Dr. Christian Schmidt in den letzten fünf Jahren versäumt, das Tierschutzgesetz ordnungsgemäß umzusetzen. Dadurch lag es am Bundestag, eine Lösung zu finden.
Die Entscheidung habe ich mir sicherlich nicht leicht gemacht, jedoch wurde auch durch die Einschätzung von zugezogenen Experten deutlich, dass es derzeit keine Alternative gibt, die in Deutschland flächendeckend zum Einsatz kommen kann. Es ist wahrscheinlich, dass anderenfalls betäubungslos kastrierte Ferkel aus anderen Teilen Europas importiert werden würden. Diese Tiere wären nicht nach den deutschen Tierschutzstandards kastriert und müssten zudem weite Transportwege zurücklegen.
Als Fraktion konnten wir erreichen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium verpflichtet wird, innerhalb der nächsten beiden Jahre die Voraussetzung für die Alternativmethoden flächendeckend zu schaffen. Wichtig für die SPD ist, dass Rechtssicherheit geschaffen wird und die Verfahren den Anforderungen des Tierschutzgesetzes und des Arzneimittel- und Veterinärrechts entsprechen. Auch wenn uns das Ergebnis nicht zufrieden stellt, wollen wir den Tierschutz weiter verbessern. Wir wollen unter anderem auch ein Verbot von Kupieren von Schwänzen und Enthornen von Tieren.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend