Frage an Claudia Tausend von Katja R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Tausend,
Sie haben als nur eine von 2 Abgeordneten der SPD für den Antrag der Grünen gestimmt, Schiedsgerichte in CETA und TTIP abzulehnen.
Vielen Dank für diese Entscheidung, denn die Mehrheit der Bevölkerung lehnt diese Gerichte und mittlerweile auch die gesamten Abkommen ab.
Quelle : http://www.rp-online.de/wirtschaft/ttip-die-ablehnung-der-buerger-gegen-handelsabkommen-steigt-aid-1.4897241
Könnnen Sie mir bitte das Abstimmungsverhalten Ihrer Partei in diesem Punkt erklären, denn es gibt ja einen eindeutigen Parteitagsbeschluss, der Schiedsgerichte abgelehnt hat.
Warum kommt das nicht im Abstimmungsverhalten zum Ausdruck?
Geht es überhaupt jemals um Sachfragen bei Abstimmungen oder doch in erster Linie um Machtfragen?
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu TTIP und CETA. Die Umfrage in dem von Ihnen verlinkten Artikel besagt ja entgegen Ihrer Aussage, dass eine Mehrheit die Abkommen befürwortet. Private Schiedsgerichte dagegen werden - meiner Meinung nach völlig zu Recht - sehr kritisch gesehen. Sie haben unseren Parteitagsbeschluss erwähnt, der private Schiedsgerichte ablehnt. Ich sehe für diesen Mechanismus in der internationalen Handelspolitik keine Zukunft. In der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion habe ich im Februar dieses Jahres zusammen mit anderen TTIP-Berichterstattern aus der SPD Forderungen formuliert, wie Freihandel zu fairen Bedingungen aussehen muss. Gerne verweise ich Sie auf unser Positionspapier:
http://www.parlamentarische-linke.de/wp-content/uploads/2015/02/Freihandel-zu-fairen-Bedingungen.pdf
Wir halten es für unerlässlich, dass das System privater Schiedsgerichte ersetzt wird durch einen ordentlichen Handelsgerichtshof mit transparenten Verfahren und unabhängigen Richtern. Diesen Vorschlag machten im März in Madrid auch die sozialdemokratischen Handelsminister der EU-Staaten. Es freut mich, dass dieser Vorschlag nun auch Eingang in die TTIP-Resolution des Europäischen Parlaments gefunden hat. Eine gute Zusammenfassung, wie dieses System im Unterschied zum bestehenden System funktionieren würde, hat mein SPD-Kollege Bernd Lange gemacht, der im Europäischen Parlament Vorsitzender des Handelsausschusses ist: http://www.bernd-lange.de/imperia/md/content/bezirkhannover/berndlange/2015/__bersicht_isds-investitionsgericht_30052015.pdf
Nach der Verabschiedung der TTIP-Resolution warten wir jetzt auf einen neuen Vorschlag der EU-Kommission, der wohl in den nächsten Wochen kommen sollte. Eines ist klar: Private Schiedsgerichte wurden beim Konsultationsverfahren der Kommission von den Beteiligten mit überwältigender Mehrheit abgelehnt, insbesondere auf Betreiben der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament werden sie auch dort abgelehnt, und die Position der SPD ist auch eindeutig: Freihandel ja, aber ohne intransparente private Schiedsverfahren. Dies alles muss die Kommission in ihrem neuen Vorschlag berücksichtigen.
Ein Punkt noch: Über TTIP wird im Bundestag erst abgestimmt, nachdem es komplett ausgehandelt wurde, in alle EU-Sprachen übersetzt und vom Rat wie vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Claudia Tausend