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Claudia Tausend
SPD
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Frage von Michael M. •

Frage an Claudia Tausend von Michael M. bezüglich Energie

Hallo Frau Tausend,

eines der wenigen Themen in diesem Wahlkampf scheint der Atomausstieg zu sein. CSU und FDP bezeichnen die Atomenergie als Brückentechnologie, die derzeit mangels ausreichend anderer Verosorgungsmöglichkeiten noch nötig ist. Ihre Partei und die Grünen fordern einen Ausstieg aus der Atomkraft sofort bzw. bis 2019.

CSU/FDP sagen, dass es nicht möglich ist, in 10 Jahren die AKW-Stromproduktion durch andere Methoden zu ersetzen...

Wie möchten Sie das schaffen? Mich interessiert der Energiemix, der kommen soll? Sie werden mir Recht geben, dass ein Setzen auf Kohle, Öl und Gas nicht viel sinnvoller ist. unbedingt verhüten müssen sie und alle Politiker, dass wir unseren Job aus abbruchreifen AKW wie Temelin o.ä. bekommen.

Warum ist die Stadt München noch am Kernkraftwerk Isar 2 mit 25% beteiligt? An einem Grünen-Stand wurde mir kürzlich am Beipsiel Isar 1 erklärt, wie unsicher solche Kraftwerke seien. Aber, sie haben doch in München seit Jahren eine Mehrheit, warum steigen sie nicht da aus?

Ihr Oberbürgermeister in München, den ich eine zeitlang selbst geschätzt habe, will in Bälde 100% des Strombedarfs aller Haushalte (!!!) in München aus regenerativen Energien decken. Ein schönes Ziel, aber was ist mit den Unternehmen? Werden diese mit Atomkraft versorgt?

Danke für Ihre Antwort.

M. Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

Sie haben mir aus dem Bereich des Atomausstiegs drei Fragen gestellt, die ich wie folgt beantworten kann:

1) Wie möchten Sie das schaffen? Mich interessiert der Energiemix, der kommen soll? Sie werden mir Recht geben, dass ein Setzen auf Kohle, Öl und Gas nicht viel sinnvoller ist. unbedingt verhüten müssen sie und alle Politiker, dass wir unseren Job aus abbruchreifen AKW wie Temelin o.ä. bekommen.

Antwort:
Der Atomausstieg ist beschlossene Sache und in den nächsten zehn Jahren auch machbar. Wer jetzt Gegenteiliges behauptet und diesen Konsens aufweicht, betreibt einerseits ein unredliches Spiel und bremst andererseits die Entwicklung hin zu einer weiteren Förderung erneuerbarer Energien. Unser Land nimmt auf dem Gebiet der regenerativen Energien einen Spitzenplatz ein. Ein Festhalten an der Kernkraft wäre ein fatales Signal für die Weiterentwicklung umwelt- und klimafreundlicher Technologien. Wer heute für längere Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland plädiert, gefährdet damit die Energiewende in Deutschland. Die SPD will eine nachhaltige Energiepolitik und hat einen klaren Zeitplan. Der Energiemix sieht vor, dass 35 Prozent der Stromerzeugung bis 2020 aus erneuerbaren Energien kommen und bis 2050 deren Anteil bei 50 Prozent liegt. Der restliche Strom soll aus fossilen Energieträgern gewonnen werden. Darum gilt es, den Ausbau von Sonnenenergie, Windkraft, Wasser kraft, Biomasse und Geothermie voranzutreiben. Damit uns dies gelingt, hat die Bundesregierung das Energieeinspeisungsgesetz (EEG) auf den Weg gebracht. Es sieht vor, dass für die Energieversorger eine Abnahmepflicht für Ökostrom besteht. Auch neue Stein- bzw. Braunkohlekraftwerke sollen in Deutschland in Zukunft nicht mehr gebaut werden. Vorübergehend lassen sich die bestehenden Kraftwerke mit fossilen Energieträgern (Kohle und Gas) dank neuer Filtertechniken umrüsten, so dass deren CO2-Bilanz wesentlich verbessert werden kann. Die großen Luftverpester unter den konventionellen Kraftwerken, meistens mit Braunkohle betrieben, müssen ebenfalls so schnell wie möglich still gelegt werden.
Einige der vier großen Stromkonzerne in Deutschland, E.on, RWE, Vattenfall und EnBW sind auch an Kernkraftwerken im Ausland beteiligt und speisen Atomstrom aus benachbarten EU-Ländern, vor allem aus Frankreich in ihr Netz ein. Diese Praxis missfällt den Sozialdemokraten und immer mehr Stromkunden. Seit dem Wegfall des Energiemonopols können Verbraucher ihren Stromanbieter auswählen. Die SWM, aber auch andere Anbieter bieten längst Ökostrom an. Damit wächst die Macht des Konsumenten, der mit einer verstärkten Nachfrage nach „grünem Strom“ die Entwicklung positiv beeinflussen kann.

2) Warum ist die Stadt München noch am Kernkraftwerk Isar 2 mit 25% beteiligt? An einem Grünen-Stand wurde mir kürzlich am Beipsiel Isar 1 erklärt, wie unsicher solche Kraftwerke seien. Aber, sie haben doch in München seit Jahren eine Mehrheit, warum steigen sie nicht da aus?

Antwort:
Für Isar II existiert eine klare Ausstiegsoption. Das Kraftwerk geht 2020 vom Netz. Die rot-grüne Rathauskoalition ist für den Atomausstieg und hat die Weichen dafür eindeutig gestellt. Die Stadtwerke München haben sich bereits bemüht, ihren Anteil an Isar II zu veräußern. Allerdings war dies zu wirtschaftlichen Bedingungen bisher nicht möglich. Ein Verkauf würde nur unter großen Verlusten zustande kommen. Die Stadtwerke müssen aber als Unternehmen nach ökonomischen Kriterien wirtschaften und unterliegen deshalb bestimmten Zwängen. Der aus Isar II gewonnene Strom wird überregional auf dem Großhandelsmarkt für Elektrizität an Industrie- und Großkunden verkauft. Er hat also keinen Anteil an der Strommenge, welche die SWM Versorgungs-GmbH zur Belieferung ihrer Stromkunden im Münchner Netzgebiet benötigt. Dieser Strom wird aus eigenen Kraftwerken
bereit gestellt.

3) Ihr Oberbürgermeister in München, den ich eine zeitlang selbst geschätzt habe, will in Bälde 100% des Strombedarfs aller Haushalte (!!!) in München aus regenerativen Energien decken. Ein schönes Ziel, aber was ist mit den Unternehmen? Werden diese mit Atomkraft versorgt?

Antwort:
Ja, München verfolgt ein geradezu revolutionäres Ziel. Bis 2015 sollen sämtliche privaten Haushalte in München mit Ökostrom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. In der Stadt gibt es 750.000 Haushalte, die jährlich 2,5 Milliarden Kilowattstunden verbrauchen. Derzeit beziehen etwa 95 Prozent aller Münchner Haushalte ihren Strom bei den SWM. Damit wird München wohl die weltweit einzige Millionenstadt sein, deren Bürger nur noch Energie aus Sonne, Wind und Wasser beziehen. Dies kommt einer Revolution gleich. Wir haben in München aber auch viele kleine und mittelständische Gewerbebetriebe und große Industrieunternehmen, sogar mit Produktionsanlagen am Standort München, die einen hohen Energiebedarf haben. Bis 2025 soll auch der Strombedarf von Gewerbe und Industrie ausschließlich aus regenerativen Energien gewonnen werden. Die SWM investieren vor allem in Solarstrom und Windkraft und halten bereits Anteile an einem geplanten Windpark in der Nordsee und einem so
larthermischen Kraftwerk im Süden Spaniens. Bis die komplette Umstellung auf Ökostrom so weit ist, beziehen die Kunden der SWM ihren Strom aus einem Mix aus erneuerbaren Energien und fossilen Energieträgern. Und die Privatkunden haben heute bereits die Option, mit dem Produkt M-Natur ausschließlich Ökostrom zu verbrauchen.

mit herzliche Grüßen,
Claudia Tausend

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