Frage an Claudia Tausend von Martin B. bezüglich Verbraucherschutz
1. Kampf gegen den Terror: Wie werden Sie sich einsetzen, um Guantanamo-Häftlinge auch in Deutschland aufzunehmen?
2. Prävention von Menschenrechtsverletzungen: Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um die Rechte von Frauen und Mädchen während und nach bewafffenten Konflikten zu wahren?
3. Rechte und Schutz für die Opfer von menschenhandel: Mit welcher Priorität unterstützen Sie die Umsetzung der Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels und die Opferschutzrichtlinie (2004/81/EG)?
MfG
Dr. Martin Baranowski (Mitglied von Amnesty International)
Sehr geehrter Herr Baranowski,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15. August 2009, die Sie als Mitglied von Amnesty International an mich gestellt haben. Ich möchte Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Frage 1:
Die Aufnahme von unschuldigen Häftlingen aus dem Gefangenenlager Guantanamo ist ein Akt der Menschlichkeit. Ich verweise auf die Entscheidung vom Februar 2009, in der sich der Münchner Stadtrat bereit erklärt hat, Gefangene aus Guantanamo aufzunehmen. Diesen Beschluss habe ich als Münchner Stadträtin mitgetragen. Auch im Bayerischen Landtag hat die SPD-Fraktion auf Initiative des Münchner Abgeordneten Markus Rinderspacher zwei Anträge eingebracht, in der die Bereitschaft Bayerns zur Aufnahme von 17 uigurischen Guantanamo-Gefangenen gefordert wird. Es ist ein Gebot von Humanität und Rechtsstaatlichkeit, Obama bei der Schließung des Unrechtslagers zu unterstützen. Die Gruppe von Uiguren könne wegen der angespannten Menschenrechtssituation in China nicht in ihr Heimatland zurückkehren. Bayern kommt bei der Aufnahme der Flüchtlinge eine besondere Verantwortung zu, da im Großraum München bereits die größte uigurische Gemeinde in Europa von etwa 600 Personen lebt. So ist gerade hier eine Integration der Uiguren erfolgversprechend. Falls eine entsprechende Anfrage zur Aufnahme von Guantanamo-Gefangenen von Seiten der USA kommt, sollte Deutschland nach entsprechender Einzelfall-Prüfung zur Integration dieser Menschen in ein ziviles Leben beitragen.
Frage 2:
In Kriegen und bewaffneten Auseinandersetzungen zählt vor allem die Zivilbevölkerung und hier vorrangig Frauen und Mädchen zu den Hauptleidtragenden. Vergewaltigungen und sexuelle Gewalt gegen Frauen und Kinder sind an der Tagesordnung. Dies haben auch die Konflikte in Bosnien, dem Kosovo, Kongo, Ruanda und Sudan auf erschreckende Weise gezeigt. Dabei sind die vergewaltigten Frauen immer jünger. In einigen Krisengebieten werden vergewaltigte Frauen zudem stigmatisiert und ausgegrenzt. Statt Zuwendung zu erfahren, stoßen sie in der dortigen Bevölkerung auf Ablehnung. Es existieren mehrere internationale Verpflichtungen, die ein Ende von Gewalt gegen Frauen fordern. Bereits in den Genfer Konventionen als Teil des humanitären Völkerrechts wird die Zivilbevölkerung, sogenannte Nichtkombattanten unter besonderen Schutz gestellt. Aus jüngster Zeit besonders hervorzuheben sind an dieser Stelle die beiden Resolutionen des Weltsicherheitsrats, 1325 und 1820. Die Resolution 1820 von 2008 ist auch unter Beteiligung des BMZ zustande gekommen und erkennt erstmals Vergewaltigungen und andere Formen sexualisierter Gewalt als Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Sowohl die deutsche Außenpolitik als auch die Entwicklungszusammenarbeit sind bei dem Thema „Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten“ in besonderem Maße gefordert. Ein Grundsatz deutscher Außenpolitik besteht darin, sich für den Weltfrieden einzusetzen und Armut global zu bekämpfen. Politische und humanitäre Krisen möglichst früh zu erkennen und entsprechend einzugreifen, ist ein wichtiges Ziel deutscher Außenpolitik. Daraus resultiert die Verpflichtung der Bundesregierung, auf diplomatischem Wege auf Konfliktparteien einzuwirken. Die Bundesregierung hat sich als Vermittler in bewaffneten Konflikten immer wieder verdient gemacht. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier geht, ganz in der Tradition seiner Vorgänger hier den richtigen Weg. Im Bereich Entwicklungshilfe ist vor allem das Engagement der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul zu nennen, der ich für Ihre Aktivitäten im Namen der Humanität danke und ihren Einsatz für die Opfer sexueller Gewalt ausdrücklich begrüße.
Folgende Maßnahmen unterstütze ich:
• Ächtung von sexueller Gewalt in bewaffneten Konflikten
• Frauen und Mädchen brauchen mehr Rechtsschutz im Internationalen Völkerrecht.
• Massenvergewaltigungen als Kriegsverbrechen deklarieren und Anklage
der Peiniger vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag.
• Missionen der UN-Friedenstruppe in Konfliktgebieten und Blauhelmeinsätze auch unter deutscher Beteiligung im Rahmen friedenssichernder und erhaltender Maßnahmen sind als wirksames Instrument gegen Gewaltexzesse auszubauen
• Die Bundesregierung muss im Rahmen ihrer Einbindung in internationale Organisation (UNO; NATO; EU, OECD etc.) dafür Sorge tragen, dass das Thema auf der Tagesordnung bleibt.
• Sanktionen gegen sexuelle Gewalt müssen im nationalen Recht der einzelnen Staaten besser verankert werden.
• Einzelne Länder müssen unterstützt werden, bei der Prävention von Gewalt gegen Frauen. (Aufklärungskampagnen von Männern und Frauen, die für einen Mentalitätswechsel in den betroffenen Ländern sorgen)
• Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt müssen ermutigt werden, ihre Peiniger anzuzeigen.
• Die Zusammenarbeit im Rahmen der Entwicklungshilfe mit humanitären Organisationen vor Ort bei der Betreuung und Rehabilitation von Opfern ist zu intensivieren.
• Entwicklungshilfeprojekte zur Prävention und Rehabilitation der Opfer sind auszudehnen
• Aufnahme von Opfern sexueller Gewalt in Kriegen zum Zwecke der Genesung auch in Ländern der EU
Frage 3:
Der Menschenhandel hat in unserer globalisierten Welt drastisch zugenommen. Häufig sind es organisierte Schleuserbanden, die illegal Menschen aus Armutsregionen in die Länder der EU schmuggeln. Die betroffenen Flüchtlinge haben meist ihr ganzes Vermögen für die Flucht ausgegeben. Viele wurden unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt. In zahlreichen Fällen handelt es sich um junge Frauen und Mädchen, die in Deutschland zur Prostitution gezwungen wurden. Sie sind häufig so eingeschüchtert, dass sie nur schwer vor Gericht zu einer Aussage gegen ihre Peiniger bewegt werden können. Besonders wichtig ist deshalb eine sozialpädagogische Betreuung der Opfer in Deutschland. Münchner Einrichtungen wie der Flüchtlingsrat leisten hier eine vorbildliche Arbeit. Es ist wichtig, Illegale aus der rechtlichen Grauzone herauszuholen. Die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels und die Opferschutzrichtlinie bieten den Opfern mehr Rechtssicherheit. Die Richtlinie sieht einen Aufenthaltstitel für die Opfer von Menschenhandel, auch wenn sie illegal im Land sind, vor. Bei der Bekämpfung des Menschenhandels sollen sie nur freiwillig mit den Behörden kooperieren und erhalten eine Bedenkzeit. Schleuserringe lassen sich außerdem durch eine Verbesserung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit stärker bekämpfen. Auch die Ausbeutung von Arbeitsmigranten, die mit Dumpinglöhnen abgespeist werden, ist zu stoppen. Die Konvention des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels und die Opferschutzlinie ist zu begrüßen und deren Umsetzung in nationales Recht der EU-Staaten ist mit Nachdruck zu unterstützen.
Am 14. Juni 2007 hat der Deutsche Bundestag Änderungen im Zuwanderungsrecht durch das Gesetz zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der EU“ beschlossen. Damit wird u.a. die Richtlinie 2004/81/EG umgesetzt. Allerdings ist laut §15a Abs. 1 die Unterbringung der von Menschenhandel Betroffenen in Sammelunterkünften vorgesehen. Dies ermöglicht nach meiner Einschätzung keinen ausreichenden Schutz der Betroffenen, keine Möglichkeit der Loslösung von den Tätern und keine bedarfsgerechte Unterstützung. Handlungsbedarf von Seiten der Politik im Bereich Asylrecht und gesetzliche Nachbesserungen sind deshalb geboten.
herzliche Grüße,
Claudia Tausend