Werden Sie gegen oder für das Selbstbestimmungsgesetz stimmen? Einem Gesetz, das Menschen zwischen 14 und 18 Jahren eine sexuelle Selbstbestimmtheit voraussetzt, die die wenigsten haben.
Es gibt weltweit zahlreiche Belege von dem Leid der Betroffenen, die als Jugendliche eine derart lebensverändernde Entscheidung getroffen haben und anschließend mit den Folgen leben müssen.
Sehr geehrter Herr E.
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Ich habe am 12.04.24 für die Pläne der Bundesregierung für ein „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“(20/9049) in einer vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (20/11004) gestimmt.
Nach über 40 Jahren schaffen wir das mehrfach vom Bundesverfassungsgericht beanstandete sogenannte „Transsexuellengesetz“ ab und ersetzen es durch ein Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Es stärkt die Rechte von Personen, die sich nicht mit dem nach der Geburt zugewiesenen Geschlechtseintrag identifizieren. Dadurch bauen wir eine staatliche Diskriminierung ab und erleichtern den Alltag von trans*, inter und nicht-binären Menschen.
Das Gesetz regelt explizit keine Fragen der körperlichen Geschlechtsangleichung. Darum kümmern sich medizinische Fachgesellschaften auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.
In Ihrer Frage sprechen Sie ganz konkret die betroffenen Menschen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren an.
Hierzu kann ich Ihnen mitteilen, dass der Entwurf der Bundesregierung im Laufe des parlamentarischen wesentlich verbessert werden konnte.
Klargestellt wurde, dass Minderjährige den Antrag auf Änderung des Geschlechtseintrags nicht allein stellen können. Eine beschränkt geschäftsfähige, minderjährige Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann die Erklärungen zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen zwar selbst abgeben. Es bedarf hierzu jedoch der Zustimmung der gesetzlichen Vertretung.
In den Fällen, in denen die Sorgeberechtigten der Änderungserklärung nicht zustimmen, sollen Familiengerichte orientiert am Kindeswohl die Zustimmung der Eltern ersetzen können und auf eine Befriedung familieninterner Konflikte hinwirken – wie auch in allen anderen so gelagerten Konstellationen im Familienrecht.
Auch die Vorgaben zur Beratungspflicht von Minderjährigen haben wir im parlamentarischen Verfahren aufgegriffen, um so der besonderen Schutzbedürftigkeit von Jugendlichen gerecht zu werden.
Sie müssen versichern, dass sie entsprechend beraten sind. Eine Beratung kann beispielsweise durch Peer-Beratungen, Kinder- und Jugendpsychologen und öffentliche oder freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe erfolgen. Eine Nachweispflicht für solche Beratungsgespräche (wie sie im Kontext beispielsweise von Schwangerschaftsabbrüchen aus guten Gründen kritisiert wird) besteht nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christos Pantazis