Frage an Christoph Meyer von Knut S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Meyer,
beim Einkaufsbummel in der Wilmersdorfer Straße fiel mir heute das Wahlplakat der FDP auf:
"Warum möchten die Grünen Tempo 30 für ganz Berlin einführen?
Damit der Vorsprung gegenüber der ausgefallenen S-Bahn nicht ganz so auffällt"
Ich dachte zunächst ja, dies sei ein Plakat von FDP-Gegnern, welche die FDP diffamieren möchten.
Aber es sah dann doch ganz so aus, als ob dies tatsächlich ein originales Plakat der FDP ist.
Meine Fragen:
Ich verstehe dieses Plakat als FDP-Aussage nicht.
Was hat der Senat - egal welcher Partei - damit zu tun, dass Herr Mehdorn die Berliner S-Bahn funktionsuntüchtig gemacht hat, indem er Millionenbeträge abgezogen und Wartungstätigkeiten gekürzt hat, um die Bahn für den Börsengang attraktiv zumachen?
War FDP jemals gegen eine solche Privatisierung?
Wenn nein, wie soll ich dann das Plakat verstehen?
Kann ich dann zumindest daraus schließen, dass sich die FDP gründsätzlich gegen Verkehsberuhigungsmaßnahmen in Berlin einsetzen möchte ? ("Freie Fahrt für freie Bürger" ?)
Mit freundlichen Gr0ßen,
Knut Singer
Sehr geehrter Herr Singer,
der Verkehrsvertrag und die darin enthaltenden Regelungen haben es erst möglich gemacht, dass die Bahn die Berliner S-Bahn so auf Verschleiß fahren konnte. Der Senat hat es versäumt, in dem Verkehrsvertrag entsprechende Regelungen und Kontrollen vorzusehen.
Es ist in unseren Augen, die Aufgabe des Bestellers der Verkehrsleistungen, und damit des Senates, zu definieren, welche Leistungen sie zu welchem Preis und zu welcher Qualität haben wollen und dafür zu sorgen, dass dies ausreichend im Vertrag abgesichert ist. Dabei muss das oberste Ziel die Erbringung der bestellten Verkehrsleistung und nicht die Erwirtschaftung einer möglichst hohen Rendite sein.
Die FDP war gegen die von der Bahn und dem zuständigen Ministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung vorgelegte Art der Privatisierung.
Wir wollen aber, dass der Öffentliche Nahverkehr verlässlich im Wettbewerb funktioniert. Nur der Wettbewerb attraktiver Verkehrssysteme schafft Qualitätsverbesserungen und günstige Beförderungskosten für den Nutzer. Hierzu wollen wir die S-Bahn in mehrere auszuschreibende Lose aufteilen, die im Wettbewerb vergeben werden. Um den S-Bahnverkehr in Berlin dauerhaft zu sichern, müssen die Vergabeunterlagen umgehend erstellt und veröffentlicht werden. Sobald ein Erwerber die Sicherheit eines Verkehrsvertrages für ein Teilnetz hat, kann er dann auch neu Züge beschaffen.
Der Senat steht in der Pflicht, die notwendigen Vorgaben für die Beschaffung der Züge und den Betrieb der S-Bahn zu machen, damit die S-Bahn sicher und zuverlässig betrieben werden kann und diese Vorgaben in die Ausschreibungen bzw. den Verkehrsvertrag aufzunehmen.
Wir Liberale stehen für Mobilität als Bürgerrecht. Sich frei und sicher zu bewegen ist ein elementarer Teil persönlicher Freiheit und eine wesentliche Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung und soziale Teilhabe. Eine moderne und attraktive Verkehrspolitik mit gleichberechtigten Teilnehmern muss bezahlbar bleiben und zu einem Standortvorteil Berlins werden. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto, per Bus, Bahn oder im Flugzeug, jeder Nutzer muss für jede Situation frei wählen können, welches Verkehrsmittel seine Bedürfnisse bezüglich Verfügbarkeit, Geschwindigkeit, Kosten, Komfort und Umweltfreundlichkeit am besten erfüllt. Wir wollen Wahlfreiheit und den Wettbewerb der Verkehrsträger und keine staatlichen Vorgaben durch Quoten für einzelne Verkehrssysteme.
Die Berliner Liberalen stehen für eine Mobilität, die die Lebensqualität der Menschen in der Stadt achtet. Verkehr verbraucht Ressourcen und erzeugt Emissionen, belegt kostbaren Raum in der Stadt und verursacht erhebliche Umweltbelastungen. Die FDP will Rahmenbedingungen setzen, damit die von der EU vorgegebenen Emissionsgrenzen erreicht werden.
Für die konkrete zeitnahe Umsetzung und Zielerreichung nutzen wir den Wettbewerb und die Innovationskraft des Marktes und verzichten, wo immer möglich, auf detaillierte staatliche Vorgaben und Reglementierungen.
Wir sind für die Optimierung des Verkehrsflusses. Auch aus Gründen des Lärmschutzes und der Lufthygiene sollte dieser insbesondere für den motorisierten Verkehr auf Hauptverkehrsstraßen sichergestellt werden. Daher lehnen wir eine Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit auf den Hauptverkehrsstraßen ab. Wir stehen für eine Verkehrspolitik, die die tatsächlichen Bedürfnisse nicht ausblendet. Gute Verkehrspolitik ist kein ideologisches Schlachtfeld. Für uns gehört zum Verkehr auch der Individualverkehr. Darum muss die Politik aufhören, ihn aus ideologischen Gründen zu drangsalieren. Auf Hauptstraßen soll Tempo 50 die Regel sein. Parkraumbewirtschaftung soll lenken und nicht abzocken. Wir brauchen den Weiterbau der A 100 ebenso wie die Tangentialverbindung Ost (TVO).
Mit freundlichen Grüßen,
Christoph Meyer