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Frage von Dorle L. •

Frage an Christoph Matschie von Dorle L. bezüglich Bildung und Erziehung

Das Bildungssystem in Thüringen (und der gesamten BRD) ist ein einziges Durcheinander. Es wurde dazu noch die "Eigenverantwortliche Schule" eingeführt. Im Prinzip kann bei uns jeder Lehrer, jede Schule (ich bin Lehrer!) machen, was sie gerade für richtig hält. Leitungsposten, Schulämter, Thillm ... werden mit Beamten besetzt, die dort auf ihrem "Stuhl" bleiben, bis das sie in Rente gehen. Als Beamte. Private Schulen und Schulträger werden gefördert. Sie Unterrichten "alternativ" den Bedürfnissen der Kinder (Eltern) Rechnung tragend, manche sind stolz darauf, kein Klingelzeichen mehr zu haben. Später stellt man dann entsetzt fest, dass die Jugendlichen keine Ausbildungsreife haben, keine Normen, egozentrisch sind und nicht belastbar sind. Wir brauchen eine bundesweite Vereinheitlichung des Bildungssystems und nicht nur Bildungsstandarts, sondern auch ein wirksames staatliches Kontrollsystem zur Qualitätssicherung. Wir brauchen ein Personalkarussell für Leitungstätigkeiten, die Abschaffung des Beamtenstatus für Lehrer. Im Moment herrschen Betriebsblindheit, Tunnelblick! und Aktionismus vor echtem Interesse an Kindern und Jugendlichen. Das Kind als Ware für private Anbieter und als Wahlkampfthema!
Wie stehen sie zu den von mir angesprochenen Punkten?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Liedtke,

vielen Dank für Ihre engagierte Anfrage. Ihre Vorschläge legen eine ganz grundlegene Reform der Bildungssystems nahe. Letztich betreffen sie das föderale System in Deutschland. Denn weite Teile der Bildungshoheit liegen bei den Bundesländern. Manch einer sieht in dem daraus entstehenden "Wettbewerb um das beste Schulbuch" einen Vorteil. Mir ist das viel zu kurz gedacht. Denn was nützt das Brüsten mit Länderrankings einem Kind, das in einem Bundesland der hinteren Plätze lebt. Sollen dessen Eltern umziehen?

Trotzdem muss man das Thema auch realistisch betrachten. Auf der einen Seite gab es seit dem Pisa-Schock durchaus auch Erfolge: die einheitlichen Bildungsstandards für Haupt- und Realschulabschlüsse oder das Zentralabitur. Andererseits hat sich an den Strukturen nichts geändert. Das geht derzeit nur, wenn alle 16 Kultusminister auf einen Nenner kommen. Sobald einer nicht will, ist das Projekt gescheitert.

Ich habe mich deshalb schon seit Jahren dafür eingesetzt, im Bildungsbereich mehr Kompetenzen auf den Bund zu übertragen. Dieser Weg ist sehr steinig und bisher von vielen blockiert. Ich denke aber, dass er in die richtige Richtung führt und werde mich deshalb immer wieder dafür einsetzen, dass der Bund mehr Kompetenzen im Bildungsbereich erhält.

Bis dahin müssen wir länderspezifisch das Beste daraus machen. Die von Ihnen angesprochene Verbeamtung von Lehrern halte ich auch nicht mehr für zeitgemäß. Wenn man ihrem Vorschlag eines "Personalkarussells für Leitungstätigkeiten" folgen würde, müsste man natürlich zunächst auch für das nötige Know-How bei den potentiellen Schulleiterinnen und Schulleitern sorgen. In den USA ist Schulleitung ein eigener Beruf. In Deutschland gibt es - soweit mir bekannt - lediglich an der Universität zu Köln einen Masterstudiengang Schulleitung. Warum nicht auch in Thüringen?

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Matschie