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Christoph de Vries
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Frage von Markus H. •

Frage an Christoph de Vries von Markus H. bezüglich Politisches Leben, Parteien

Sehr geehrter Herr De Vries,

ich habe mir Ihren Debattenbeitrag vom 4.4.2020 [1] zum Vorschlag einer Expertenkommission in Sachen bundesweiter Volksentscheid durchgelesen.

1a Inwiefern unterscheidet sich obiger Vorschlag eigentlich von folgenden Ausführungen:

Wir werden eine Expertenkommission einsetzen, die Vorschläge erarbeiten soll, ob und in welcher Form unsere bewährte parlamentarisch-repräsentative Demokratie durch weitere Elemente der Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie ergänzt werden kann. (aus dem Koalitionsvertrag SPD/CDU/CSU, unterzeichnet am 12. März 2018)

1b Hatte diese Passage rund dreieinhalb Jahre nach Beginn der Legislaturperiode und ein halbes Jahr vor ihrem Ende irgendeine praktische Folge?

Ihre Schilderung der mit dem Brexit-Referendum eingeleiteten chaotischen Entwicklungen war eindrucksvoll.

2a Wie erklären Sie sich, dass Ihre konservativen Kollegen dieses Referendum überhaupt einleiteten?

2b Könnte/sollte das Parlament in London nicht versuchen, dieses im Politikbetrieb kontraproduktive Instrument abzuschaffen?

3. Schließlich verwiesen Sie in der Rede auf eine Volksabstimmung in der Schweiz. Demnach stimmten dort Bürger ab, die man bezüglich Aktienrecht / Vorgaben zu Managergehältern hinters Licht führte oder die beides für mehr oder weniger dasselbe hielten.

3a Würden Sie diese Erkenntnis des angehörten Sachverständigen bitte quantifizieren; konkret: Ist das einem, zehn, tausend oder hunderttausenden Abstimmenden passiert?

3b Sie sprachen von vielen Enttäuschten. Inwiefern haben die Abstimmenden ihre Enttäuschung bekundet?

3c Natürlich kann es auch das Verdienst des Sachverständigen gewesen sein, diese Enttäuschung zu ermessen und bekannt zu machen. Würden Sie angeben, wo der Sachverständige seinen Befund veröffentlicht hat?

[1] https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7342132#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mod536668

Mit freundlichen Grüßen
Markus Hiereth

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Sehr geehrter Herr Hiereth,

zunächst einmal herzlichen Dank für Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit.
Gern möchte ich Ihre Fragen beantworten.

Zu 1:
In meiner Rede erwähnte ich die Einrichtung einer Expertenkommission, die sich mit der Einbindung direktdemokratischer Elemente in unser bewährtes System der repräsentativen Demokratie beschäftigen soll. Ich möchte noch einmal betonen, dass ich nach wie vor von der repräsentativen Demokratie, die wir hier in unserem Land haben, überzeugt bin. Die Gründe dafür habe ich in meiner Rede ausgeführt.

Nichtsdestotrotz könnte eine Expertenkommission prüfen, inwiefern direkte Demokratie, also Volksentscheide mit unserem derzeitigen System vereinbar wären und unter welchen Bedingungen. Diese Expertenkommission einzurichten obliegt der Bundesregierung. Unser Vorschlag war eine Expertenkommission unter Federführung des BMI. Ich sehe hier aber auch keine Eile.

Wie ich auch in meiner Rede darlegte, haben Volksentscheide auch Nachteile und tragen nicht zwingend zu gesteigertem politischen Interesse bei. Die Wahlbeteiligung wird nicht durch Volksentscheide gesteigert. Das zeigen Länder wie die Schweiz, England und USA sehr deutlich.

Der Antrag der AfD zielte in erster Linie darauf ab, Wähler durch gezielte Stimmungsmache für Ihre Zwecke zu missbrauchen. Wohin das führen kann, zeigt uns das Beispiel England. Die repräsentative Demokratie ist aus meiner Sicht die bessere Variante, da sich hier Angeordnete intensiv mit den Themen beschäftigen, Themen von allen Seiten betrachten und unterschiedliche Interessen im Gesetzgebungsprozess zusammenführen. Eine einseitige Stimmungsmache ist weitgehend ausgeschlossen.

Zu2:
Dies hing nach meiner Wahrnehmung mit der Strategie des früheren Premiers David Cameron zusammen, nationale Wahlen durch anti-europäische Stimmungsmache mit dem Referendum zu gewinnen und dies anschließend wieder einfangen zu können. Ein Trugschluss wie wir inzwischen wissen.

Die Frage, ob dieses von Ihnen beschriebene „kontraproduktive Instrument“ nicht abgeschafft werden kann, ist darüber hinaus eine verfassungsrechtliche Frage, die die Briten für sich selbst klären müssen. Hier verbietet sich eine Einmischung von außen.

Zu3:
Die Schweiz wird immer als Paradebeispiel für direkte Demokratie gesehen.. Was viele aber nicht wissen ist, dass es auch hier durch Desinformation viele enttäuschte Bürger gibt. Nicht einmal 50% nehmen an den Wahlen zu Volksabstimmung teil. Entweder, weil es ein Desinteresse oder weil es eine zu einseitige Informationslage gibt, die die Bürger davon abhalten sich an den Abstimmungen zu beteiligen.

In meiner Rede habe ich vom Beispiel der Managergehälter, der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" in der Schweiz gesprochen. Hier ging es darum, die Managergehälter zu begrenzen. Auch wenn die Volksinitiative erfolgreich war, so hat sie doch das gewünschte Ziel verfehlt. Selbst der Initiator der Kampagne zeigte sich enttäuscht. Das Ziel, Bonuszahlungen im Voraus zu verhindern und die Gehälter Leistungsbezogen zu orientieren, wurde klar verfehlt. Der anschließende Gesetzentwurf des Bundesrates begrenzt zwar die Gehälter, sagt aber auch, das zukünftig die Aktionäre darüber befinden müssen, welche Gehälter gezahlt werden. Da die Aktionäre wenig Interesse an den Gehältern haben, stattdessen mehr an Rendite und Dividende. Darüber hinaus kommen viele Aktionäre aus Amerika. Hier sind Managergehälter sowieso um ein vielfaches höher als in Europa. Demnach machen Aktionäre von Ihrem Stimmrecht zur Gehälterfrage wenig Gebrauch.

Sie sehen, wie wichtig es ist, die richtigen Inhalte und Wortwahl zu benutzen. Die Bürger sollten zum einen vor einer Abstimmung ausreichend informiert sein und zum anderen bedarf es einer klaren Definition, um den Gestaltungsspielraum bei der Gesetzgebung zu begrenzen.

Hier habe ich Ihnen zwei interessante Medienberichte zu Volksabstimmungen in der Schweiz und zu der besagten Abstimmung "gegen die Abzockerei" angefügt.

https://katapult-magazin.de/de/artikel/artikel/fulltext/direkte-demokratie-in-der-schweiz-ein-vorbild-fuer-deutschland/

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/managergehaelter-was-schweizer-abzocker-initiative-brachte-14906270.html

 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Beantwortung der Fragen meinen und den Standpunkt der CDU/CSU noch tiefer erläutern.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph de Vries, MdB

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