Frage an Christoph de Vries von Ruth S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Widerspruchsregelung bei der Orgaspende
Sehr geehrter Herr de Vries,
mich würde interessieren, wie Sie zum Thema "Widerspruchslösung" bei der Organspendenbereitschaft stehen und wie Sie nächste Woche abstimmen werden.
Ich persönlich bin entsetzt, dass wir nach unserer Geschichte als Deutsche überhaupt nur in Erwägung ziehen, den Körper und die Organe eines Menschen quasi zu verstaatlichen, was mit dieser Regelung ja praktisch bewirkt wird - auch wenn im Moment noch erlaubt wird, dem zu widersprechen. (Ob dieser Widerspruch dann im Zweifelsfall auch respektiert wird, wenn man z.B. keine Angehörigen hat, steht sowieso auch in den Sternen.)
Und was ist z.B., wenn ein 18-jähriger nach seinem Geburtstag vielleicht dringendere Probleme hat, wie z.B. Abitursvorbereitung, einen Studienplatz suchen, Umzug, Trennung von seiner Freundin, etc. und dann vielleicht doch plötzlich einen Unfall hat.
Ich denke, jeder Mensch sollte ein Anrecht auf einen friedlichen und ungestörten Sterbeprozess haben. Und die Sorge um das Wohl, die Gesundheit und das Leben von Menschen sollte dann eher bei Themen wie Feinstaub-Belastung, Glyphosat, Schadstoffe im Essen, G5, soziale Absicherung, Vermeidung von Toten durch Einschränkung von Böllerei, etc. mehr in den Vordergrund gerückt werden.
Auch wenn es mich persönlich wahrscheinlich nicht betreffen wird, so bin ich doch alarmiert über diesen geplanten Paradigmenwechsel und bitte Sie dringend, für einen der anderen beiden Vorschläge zu stimmen.
Sehr geehrte Frau S.,
herzlichen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de.
Ich werde den Gesetzentwurf zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft unterstützen, der die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehält und stärkt. Ich bin davon überzeugt, dass nur eine Lösung, die das Selbstbestimmungsrecht der Menschen schützt, auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende fördert. Die vorgesehenen Maßnahmen wie direkte und wiederholte Ansprache, verbindliche Aufklärungsangebote und ein sicheres Online-Register werden die Menschen vermehrt dazu bewegen, sich verbindlich zu erklären.
Entscheidungen über Organspenden brauchen größtmögliche Freiheit. Der Mensch gehört nicht dem Staat, nicht der Gesellschaft, sondern sich selbst. Mit der Widerspruchslösung würde aus einem Akt der Nächstenliebe staatlich erzwungene Solidarität. Ich habe große Probleme damit, dass ein Mensch aktiv widersprechen muss, um die Unversehrtheit seines Körpers nach dem eigenen Tod sicherzustellen. Die Einführung einer Widerspruchsregelung wäre ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen - eine Lösung bestehender Probleme in der Organspende bedeutet sie dagegen aus Sicht vieler Experten nicht. In keinem Land, in dem die Widerspruchslösung gilt, konnte der Beweis geführt werden, dass diese zu einer Verbesserung der Organspendezahlen geführt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Christoph de Vries