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Christian Haase
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Frage von andreas s. •

Frage an Christian Haase von andreas s. bezüglich Staat und Verwaltung

Sehr geehrter Herr Haase,

als Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU und CSU Deutschlands (KPV) sagten Sie "Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist kein Selbstzweck" und begrüßen die Einsetzung einer Kommission.

Können Sie mir bitte die Position der KPV zu der doch sehr unterschiedlichen Handhabung der Straßenbeiträge in den Regionen Deutschlands mitteilen. Z.B. In Wetzlar(Hessen): Straßenbeiträge bis zu 90.000 €, 20 km weiter in Wettenberg: keine Straßenbeiträge. Ebenso in Wiesbaden (hess. Landeshauptstadt) . In Gadenstedt in Niedersachsen: 200.000 € , in Hamburg und in Bayern: Straßenbeiträge abgeschafft.

Wie beurteilt die KPV unter diesem Aspekt das Vorgehen von Landesregierungen, z.B. der hessischen Landesregierung, die Erhebung von Straßenbeiträgen den Kommunen als "Kommunale Selbstverwaltung" zu überlassen?

Vielen Dank im voraus!

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schneider

Straßenbeitragsfreies Hessen
eine AG hessischer Bürgerinitiativen
www.strassenbeitragsfrei.de

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schneider,

die Kritik an Straßenausbaubeiträgen ist nachvollziehbar. Die betroffenen Straßen werden nicht nur von den Anwohnern genutzt, sondern stehen der örtlichen – und je nach Straße auch überörtlichen – Gemeinschaft zur Nutzung zur Verfügung. Sicherlich wäre eine Finanzierung von Sanierungskosten aus Steuermitteln des Landes auch aus kommunaler Sicht erstrebenswert. Die Kommunen sind Teil der Länder. Somit fällt es in die Zuständigkeit und Verantwortung der Länder, für eine aufgabenangemessene auskömmliche Finanzausstattung der Kommunen zu sorgen – auch für die Sanierung kommunaler Straßen. Einige Länder, wie Bayern, haben Straßenausbaubeiträge abgeschafft und dafür die Landeszuweisungen an die Kommunen erhöht. Die Länder erhalten über die Entflechtungsmittel rund 1.3 Milliarden Euro pro Jahr vom Bund zur Verbesserung der Gemeindestraßen. Zusätzlich werden rund 335 Millionen Euro jährlich über Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes vom Bund über die Länder bereitgestellt. Diese Mittel sollen laut Koalitionsvertrag ab 2020/21 auf eine Milliarde Euro erhöht werden – dafür hat in der vergangenen Sitzungswoche die parlamentarische Beratung zur Änderung des Grundgesetzes begonnen. Finanzmittel zur Weiterleitung an die Kommunen stellt der Bund somit jetzt bereits zur Verfügung. Hier sind die Länder gefordert, diese Mittel zielgerichtet und zweckbestimmt weiterzugeben.

Vor dem Hintergrund, dass Straßenausbaubeiträge als ungerecht empfunden werden, sind bereits viele Kommunen dazu übergegangen, Straßenausbaubeitragssatzungen abzuschaffen und stattdessen die Grundsteuern entsprechend anzuheben. Dadurch wird eine gerechtere Verteilung der finanziellen Lasten und eine Überforderung einzelner Anlieger verhindert. Allerdings birgt dieses Verfahren Probleme im Hinblick auf den landesspezifischen kommunalen Finanzausgleich und zu zahlender Umlagen. Zum einen sind diese höheren Einnahmen aus der Grundsteuer umlagefähig, werden also bei der Berechnung beispielsweise der Kreisumlage einbezogen, was die Zahlung der kreisangehörigen Kommunen an die Landkreise erhöht. Somit verblieben von einem Euro Mehreinnahme nur ein Teil (je nachdem, welche Umlagen zu zahlen sind, bewegen wir uns da im niedrigen Cent-Bereich) tatsächlich bei der Kommune. Zudem werden Steuereinnahmen der Kommunen bei den Berechnungen des landesinternen Kommunalfinanzausgleichs angerechnet. Je mehr Einnahmen eine Kommune erzielt, umso geringer fallen die Zuweisungen des Landes aus. Hinzukommt kommt ein weiteres Problem im Zuge des Kommunalfinanzausgleichs: Bei der Berechnung kommunaler Einnahmen aus der Grundsteuer wird nicht der exakte Hebesatz einer Kommune, sondern der landesdurchschnittliche Hebesatz herangezogen. Eine Kommune, die Unterhalb dieses Landesdurchschnitts liegt, erhält somit weniger Finanzzuweisungen des Landes. Finanzstarke Kommunen können dies kompensieren, während finanzschwache Kommunen gehalten sind, die Hebesätze weiter anzuheben, wodurch eine Spirale in Gang gesetzt wird, weil erneut der Landesdurchschnitt angehoben wird. Der Ersatz von Straßenausbaubeiträgen durch höhere Einnahmen aus der Grundsteuer befeuert diese Spirale zusätzlich.

Um eine gerechtere Verteilung der Sanierungskosten ohne Anhebung des landesdurchschnittlichen Hebesatzes der Grundsteuer zu erreichen, sollte – ggf. über Änderung der Kommunalabgabengesetze (KAG) der Länder - angestrebt werden, dass Straßenausbaubeitragssatzungen generell das gesamte Gebiet einer Kommune umfassen. Einige Länder eröffnen diese Möglichkeit bereits. Die Heranziehung zu Straßenausbaubeiträgen richtet sich nach dem – mutmaßlichen – Vorteil des Betroffenen. Dieser Vorteil liegt aber nicht nur bei den Anliegern, sondern bei allen, die potentiell eine sanierte Straße nutzen können – mithin also alle Einwohner einer Kommune. Zudem sollten Straßenausbaubeitragssatzungen generell eine Ratenzahlung auch im Vorgriff auf anstehende Sanierungsmaßnahmen ermöglichen können. Somit können nicht nur abgeschlossene Maßnahmen „abgestottert“, sondern anstehende Maßnahmen angespart werden. Die Rate zum Straßenausbaubeitrag könnte quartalsweise als Zulage zur Grundsteuer eingezogen werden, was die Verwaltungsumsetzung nicht unnötig erschwert. Diese Form der Finanzierung hat weder Auswirkungen auf den Kommunalfinanzausgleich noch auf etwaige Umlagezahlungen.

Durch diese Regelung erfolgt die Verteilung der Sanierungskosten – wie bei der Erhöhung der Grundsteuer – gerechter und eine Überforderung einzelner Anwohner wird vermieden, ohne dass die Spirale des landesdurchschnittlichen Hebesatzes der Grundsteuer zusätzlich befeuert wird. Hiervon profitieren sowohl die Anwohner als auch die Kommunen. Sofern Kommunalabgabengesetze einer solchen Regelung bislang entgegenstehen, müssten diese von den betroffenen Landesregierungen und Landesparlamenten entsprechend geändert werden. Die Arbeitsgemeinschaft Kommunalpolitik der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag wird diesen Aspekt bei der nächsten Tagung mit den kommunalpolitischen Sprechern der Landtagsfraktionen von CDU und CSU zu thematisieren um hier zu einer möglichst bundesweit einheitlichen Regelung beizutragen, wobei von Bundesseite die letztendliche Entscheidungskompetenz der Länder zu respektieren ist. Die Entscheidungskompetenz der Länder und die grundgesetzlich verankerte kommunale Selbstverwaltung steht einer bundesgesetzlichen Regelung im Wege.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort behilflich sein konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Haase MdB

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