Frage an Christian Haase von Michael S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Wieso werden negative Einkünfte bei der Bafög-Berechnung nicht berücksichtigt, obwohl im Internet immer steht, dass die Grundlage für die Bafög-Berechnung das zu versteuernde Einkommen nach dem Einkommensteuergesetz ist?
Das Einkommensteuergesetz berücksichtigt auch die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema "Berücksichtigung negativer Einkünfte bei der BAföG-Berechnung".
Mit folgender Antwort könnte ich die Frage juristisch beantworten: Der Einkommensbegriff sieht vor, dass nur positive Einkünfte berücksichtigt werden.
Was gilt als Einkommen und ist nach dem BAföG auf den Bedarf anzurechnen?
Grundlage sind § 21 BAföG, § 22 BAföG, § 24 BAföG. Ausgangspunkt für die Einkommensberechnung ist grundsätzlich die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes.
Wir haben uns parallel auch im zuständigen Ministerium noch einmal für Sie schlau gemacht, um auch die Gründe für diese Regelung zu erfahren. Derzeit warten wir auf Antwort. Wir danken für Ihr Verständnis, dass es aufgrund der Urlaubszeit zu einer Verzögerung in der Beantwortung unserer Anfrage gekommen ist. In den nächsten Tagen melden wir uns auf diesem Wege noch einmal mit einer weiterführenden Erläuterung zurück.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Haase MdB
Sehr geehrter Herr S.,
wie versprochen, melde ich mich noch einmal mit einer tiefergehenden Begründung für die Berechnungsregelung im BAföG ein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat uns folgende Erklärung für Ihre Fragestellung zukommen lassen:
Das Recht der Einkommensteuerveranlagung und das der Ausbildungsförderung haben je unterschiedliche Grundlagen und Zielsetzungen. Der BAföG-Gesetzgeber hat vorrangig vor dem Hintergrund der Vereinfachung der Berechnung der Ausbildungsförderung einen eigenen Einkommensbegriff für das Recht der Ausbildungsförderung geschaffen, der sich zwar weitgehend, aber nicht vollständig mit dem Steuerrecht deckt.
Von den nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG gezielt in Bezug genommenen monatlichen positiven Einkünften aus allen Einkunftsarten i. S. d. § 2 Abs. 1 und 2 EStG (also jeweils ggf. nach Abzug von Werbungskosten) werden für die Ermittlung des nach BAföG anrechenbaren Einkommens noch die Einkommen- und Kirchensteuer sowie der Solidaritätszuschlag abgezogen, die auf den monatlichen Einkommensbetrag entfallen; hinzu kommt der Abzug einer Pauschale für die notwendige soziale Sicherung des Einkommensbeziehers wie Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge. Damit verfügt das Bundesausbildungsförderungsgesetz über ein sachgerechtes eigenes System der Einkommensanrechnung, das den wirtschaftlichen und rechtlichen Verpflichtungen des Einkommensbeziehers angemessen Rechnung trägt. Zugleich bewahrt sich der BAföG-Gesetzgeber so auch gesetzgeberischen Handlungsspielraum, der es ihm ermöglicht, selbst zu entscheiden, welche Steuerminderungstatbestände er auch ausbildungsförderungspolitisch bei der Gewährung der Sozialleistung BAföG für berücksichtigungswürdig hält oder nicht.
Die Vorschrift des § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG, die typisierend und generalisierend einen Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten und mit Verlusten des zusammenveranlagten Ehegatten nicht zulässt (im Umkehrschluss ist der Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart eines Ehepartners also durchaus zulässig!), soll konkret verhindern, dass sich steuerrechtliche Subventionierungen zu weitgehend auch im Rahmen der Ausbildungsförderung begünstigend auswirken und so unerwünschte „Mitnahmeeffekte“ entstehen, die das für das BAföG als Sozialleistung zentrale Subsidiaritätsprinzip mittelbar konterkarieren würden. Diese Grundentscheidung zur Sicherung der Subsidiarität des BAföG ist auch verfassungskonform, wie das BVerfG ausdrücklich bestätigt hat (Beschl. vom 15.09.1986 – 1 BVR 363/86). Eltern, deren Kinder noch eine Ausbildung vor sich haben, bzw. die sogar schon in der Ausbildung stehen, sind gehalten, ihre beruflichen und wirtschaftlichen Aktivitäten so auszurichten, dass sie auch die Unterhaltsleistungen aus ihren positiven Einkünften erbringen können. Sie müssen, wenn sie steuerliche Vergünstigungen geltend machen, die etwaigen förderungsrechtlichen Auswirkungen in ihre Erwägungen einbeziehen.
Ich hoffe, dass diese Ausführungen ihre Frage beantworten. Sollten Sie Rückfragen haben, zögern Sie bitte nicht mich noch einmal zu kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Haase MdB